Like a Dragon: Yakuza - Prime verfilmt die Spiele-Saga und es ist nicht die Serie, die ich mir gewünscht habe
Unlike a Dragon.
Da sind sie also; die ersten drei Folgen von Like a Dragon: Yakuza, der TV-Adaption zu Segas Spielereihe, die erst Yakuza, dann Like a Dragon hieß und wohl deshalb beides im Namen vereint. Sie hat allerdings nicht das gesamte Universum dieser Saga inne, sondern lediglich den Beginn der knapp 20 Jahre und ähnlich viele Spiele umfassenden Serie – und mich nach dem Anschauen der ersten Episoden recht ernüchtert zurückgelassen.
Was nicht daran liegt, dass die Umsetzung trotz bekannter Namen und Schauplätze das alles neu zusammenwürfelt und sich zwar an den Werten der Spiele orientiert, aber nicht an ihren genauen Inhalten entlang hangelt. Und es hat auch nichts damit zu tun, dass Kazuma Kiryu hier ein ganz anderer ist als der, den man aus den Spielen kennt.
Tatsächlich sind mir solche Veränderungen sogar ganz recht, weil ich kein großer Fan davon bin, bekannte Geschichten eins-zu-eins in ein fremdes Medium zu übertragen. Die werden dadurch nämlich oft nur stichpunktartig durchexerziert, weil wichtige Feinheiten, für die in Büchern und Spielen Zeit ist, übersprungen werden.
Kurioserweise hat ausgerechnet das ganz anders aufgezogene Like a Dragon: Yakuza aber genau dieses gleiche Problem. Denn während man in der Gegenwart des Jahres 2005 dabei zusieht, wie der ehemalige Yakuza Kazuma Kiryu aus dem Gefängnis entlassen wird, um freilich umgehend wieder in den Strudel des organisierten Verbrechens gezogen zu werden, erlebt man in Rückblenden, wie er überhaupt erst zu einem Mitglied der japanischen Mafia wurde.
Grundsätzlich gefällt mir das – schon alleine deshalb, weil eben nicht nur Yakuza Zero und das erste Spiel nachgestellt werden. Ich mag auch die Entscheidung, das Trio um Kazuma Kiryu, seinen Vertrauten Nishiki und ihre Ziehschwester Yumi als emotionalen Ankerpunkt anzulegen. Das beginnt gleich in der ersten Szene, als die drei im Jahr 1995 notgedrungen dem Dojima-Clan die Treue schwören, um eine millionenschwere Schuld zu begleichen. Ihr Adoptivvater Kazama verliert dadurch zwar an „Gewicht“, das tut der Dynamik auf dem Bildschirm aber gut, weil es die jungen Menschen in den Mittelpunkt setzt, anstatt sie zu eher kleinen Ködern in einer weit ausladenden Saga zu machen.
Schon das erste Yakuza langte mit seiner verschachtelten Gangster-Mär ja in die Vollen und stellte das vielschichtige Familiengeflecht sowie die Konflikte verschiedener Clans in den Mittelpunkt eines komplexen Dramas. Davon wären gerade mal sechs Fernsehfolgen vermutlich erschlagen worden. Klar: Haruka, Date, Shimano und viele Andere tauchen alle auf – sowie selbstverständlich Goro Majima, den man zusammen mit seinem ebenso markanten Begleiter sofort erkennt, bevor die beiden überhaupt vorgestellt werden. Nur stehen fast alle Figuren in einem Verhältnis zueinander, das man selbst als Fan der Spiele neu kennenlernen muss.
Ich finde es nur eben schade, dass dabei viele dieser Charaktere samt ihrer Beziehungen lediglich angerissen werden – vermutlich, weil sie nun mal dabei sein müssen und nicht, weil es in die Handlung passt. Das gilt ganz besonders für einen fiesen Schlüsselmoment des besagten Majima, der beinahe aus dem Nichts kommt und auch deshalb schnell wieder verfliegt, weil man den überdrehten Spielerliebling zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht kennengelernt hatte, geschweige denn wissen konnte, welche Umstände ihn zu diesem Ereignis führen würden. Wenn ich da an eine ähnliche Szene im Kerker von Centauri Prime denke… Aber gut, Babylon 5 hat ohnehin ein Niveau, das bis heute nur wenige Serien erreichen.
Ist Like a Dragon: Yakuza womöglich deshalb so kurz angebunden, weil es sich mit drei Folgen etwas zu viel Zeit für die Einleitung nimmt? Das ist im Moment jedenfalls meine Hoffnung. Allerdings hätte es selbst mit etwas mehr Sinn für Entwicklung noch immer kein Stein in meinem Brett. Denn auch mit dem Stil bin ich nicht wirklich warm geworden.
Das hat unter anderem damit zu tun, dass die Adaption trotz ihres Namens weder Yakuza noch Like a Dragon ist, sprich dass sie stilistisch weder dem quirligen Like a Dragon mit seinem Protagonisten Ichiban Kasuga nahesteht noch das Gefühl einfängt, das ich beim Spielen der Yakuza-Teile mit Kazuma Kiryu hatte, ganz besonders seinen ersten zwei Abenteuern.
Vielleicht liegt es ja daran, dass das komplexe Clan-Geflecht hier nicht so ausgeprägt ist und auch weniger stark im Vordergrund steht: Auf jeden Fall habe ich mir Yakuza mit seinen cineastisch angehauchten Filmszenen und der Mafia-ähnlichen Geschichte stets als Epos vorgestellt, das mit ruhiger Kamera im weiten Breitbild erzählt wird. Dagegen wirkt die Serie regelrecht unruhig und erinnert mich eher an Found-Footage-Filme als einen großen Mafia-Thriller.
Da hilft es auch nicht, dass ausgerechnet die Prügeleien, sagen wir mal, ganz klar auf Serienniveau inszeniert wurden. Man sieht ja kaum, was eigentlich passiert. Natürlich feiert der Fan in mir, wenn Kazuma einen aus den Spielen bekannten Move anbringt. Zum einen passiert das allerdings so häufig, dass diese Momente wie aneinander gereihte Gimmicks wirken, anstatt coole Höhepunkte zu sein, und zum anderen kann man den Kämpfen dank unzähliger Schnitte in entscheidenden Momenten nicht so folgen, wie es bei einer Umsetzung ausgerechnet dieser Spiele der Fall sein sollte.
Zu allem Überfluss bekommt man ja nicht einmal Kamurocho so richtig zu Gesicht. Sicher, der Millennium Tower thront beeindruckend über dem Vergnügungsviertel, das Serena ist immer einen Besuch wert und hin und wieder erhascht man einen Blick auf den Theater Square. Mir fehlt aber der Blick auf die Fassaden, wenn die Figuren durch Straßen schlendern, auf deren Asphalt ich hunderte Stunden verbracht habe.
Und dann ist da noch Kazuma Kiryu, grübelnder Griesgram mit passionierter Prügelfaust und einem Herz für entlaufene Katzen, aus dem Ruder laufenden Beziehungsstress sowie dringend benötigtes Toilettenpapier: Mal abgesehen davon, dass die ulkigen Nebenmissionen zumindest in den ersten drei Folgen nicht einmal angerissen werden, trägt Schauspieler Ryoma Takeuchi sein Alter Ego bislang leider nicht.
Was nicht an seinem schmalen Äußeren liegt! Wie gesagt: Änderungen in allen Ehren. Wer weiß, was da noch kommt und gerade die Jugendzeit verkörpert Takeuchi mit Sicherheit besser als ein stärker an die Spiele angelehnter Schauspieler. Doch wenn Kazuma in Folge drei dann im markanten Rothemd vor einer emotional aufgelösten Yumi steht und beim Versuch ihr zu helfen nicht einmal die rechte Hand aus der Hosentasche bekommt, dann ist das wieder so ein Stichpunkt, der zwar sichtlich bemüht darum ist, ein ikonisches Bild einzufangen, an dieser Stelle aber wie aus dem Nichts kommt, weil man den Mann bis dahin fast nur als jungen Draufgänger kennt. Und der deshalb eher albern als charakterbildend wirkt.
Wie gesagt: Wer weiß, was sich daraus noch entwickelt. Gut möglich, dass Like a Dragon: Yakuza jetzt erst dort angekommen ist, wo es eigentlich hin wollte. Das wäre bei gerade mal sechs Folgen eine ganze Ecke zu spät. Aber gegen noch drei Folgen gutes Yakuza-Kino hätte ich wenig einzuwenden. Am 1. November werden die veröffentlicht und ich bin zumindest gespannt darauf, wie die Reise weitergeht.