Little Deviants - Vorschau
Von wegen "Abweichler"
"Mini-Spiele" - das Genre mit eingebautem Diminutiv klingt in den Ohren vieler Spiele-Enthusiasten längst wie eine Drohung. In der Gerätekategorie der Smartphones ward diese Gattung virtueller Unterhaltung jedoch seit geraumer Zeit zu einer der höchsten Kunstformen ausgerufen. Und warum auch eigentlich nicht? Ein gut gemachtes Mini-Spiel frisst auch ohne Blockbuster-Produktion oder wortreiche Story-Sequenzen jede noch so dröge Warterei. Egal ob auf der Couch eines viel zu gut besuchten Friseurs oder an den Haltestellen der überforderten öffentlichen Berliner Verkehrsmittel.
Es wäre unfair, diese Form unmittelbarster aller Videospiele geringzuschätzen. Wenn ein Spiel es versteht, die Aufmerksamkeit seines Gastes binnen weniger Sekunden voll und ganz auf eine scheinbar triviale Aufgabe zu lenken, dann hat es etwas richtig gemacht. Bei einem guten Titel dieses Schlages stimmen im Regelfall vor allem Aktion und Reaktion - das Feedback auf die Eingaben des Users. Die wiederum funktionieren stets ebenso simpel wie logisch. Selten nimmt die Erläuterung des Spielprinzips mehr (oder andere) Worte in Anspruch, als die der Steuerung. Die Regeln sollten dabei zu maximaler Zielstrebigkeit und Effizienz ermutigen, die Aufgaben immer recht schnell zu erledigen sein.
Was Sony zum Start der PlayStation Vita zum Vollpreis veröffentlicht, versucht sich nun genau in dieser Disziplin. Spielen beinahe wie mit einem Spielzeug, schnörkellos und direkt. Allerdings hat Little Deviants, das bei BigBig in Warwickshire (siehe Kasten in der Randspalte) entsteht, noch eine andere Agenda auf dem Zettel. Wie schon damals bei SEGAs kultigem Project Rub ("Feel the Magic" in Übersee) auf dem DS soll besonders die breite Palette der technischen Möglichkeiten der frisch geschlüpften High-Tech-Plattform demonstriert werden. Zu diesem Zweck finden sich etwa ein Dutzend dieser Instant-Unterhalter in Little Deviants, alles eingerahmt von der simplen Geschichte der titelstiftenden, kugeligen Aliens, die es mit einer Armee böser Roboter zu tun bekommen.
Euch muss das nicht interessieren, wenngleich die farbenfrohe Präsentation durchaus die richtigen Knöpfe zu drücken mag. Das unverdünnte Spiel stellt euch nacheinander vor verschiedene Herausforderungen, die auf die Augmented-Reality-Features, die Vorder- und Rückseiten-Touchpads sowie die Bewegungssensoren setzen. Unter freiem Himmel eingesetzt, mag man zwar ein wenig seltsam aussehen, wenn man durch die Vita blickend auf aus allen Richtungen vom Himmel herabschwebende Invasoren feuert - ganz wie in Face Raiders auf dem Nintendo 3DS -, die Kamera, die die Umgebung in hoher Auflösung und schneller Bildrate auf den kristallklaren Screen zaubert, leistet aber wirklich Verblüffendes. Augmented Reality scheint mit einem Mal nicht mehr wie ein Gimmick, sondern wie ein Spielelement, das durchaus interessante Mechaniken eröffnen könnte.
Andernorts sind die Einzelspielchen weniger ausgefallen, aber immer noch mit einem guten Look und Feel ausgestattet und umgesetzt. In vielen verschiedenen Leveln muss ein Deviant durch einen Parcours zu einem Ziel geleitet werden, was auf verschiedene Arten passieren kann. Berüchtigt ist ja mittlerweile schon der Level, in dem ihr durch das Berühren des rückwärtigen Touchpads den Boden beinahe aus dem Bildschirm herausragen lasst, damit der runde Deviant in die gewünschte Richtung kugelt. Andere Spiele verlangen von euch, das Gerät zu kippen und zu drehen, um gefährliche Korridore zu passieren.
Ein schnöder Reaktionstest, wie sie in dieser Sorte Compilation nicht fehlen dürfen, wird durch den Twist, die plötzlich auftauchenden Mini-Monster von vorne beziehungsweise hinten antippen zu müssen, auf einmal wieder zu einem packenden Gameplay-Einfall. Und einen Deviant auf Ziele zu katapultieren, indem man durch das "Quetschen" des Gerätes auf Vorder- und Rückseite die Seile eines Boxringes wie eine Bogensehne nach hinten zieht, ist eine Spielmechanik die so schnell nicht alt wird.
Die Disziplinen, die ich auf verschiedenen Events bereits anspielen konnte, lassen einen jedenfalls im Handumdrehen die Zeit vergessen. Wie viel davon PS-Vita-Käufer letzten Endes in den Titel stecken werden, hängt vor allem davon ab, ob Unlockables und Leaderboards dazu motivieren, öfter zu den Little Deviants zurückzukehren. Auch, ob die Spiele in ihrem Naturell bis zum Schluss so erfrischend selbsterklärend bleiben, bleibt noch abzuwarten. Und dann steht da noch der Bewegungsfaktor buchstäblich im Raum: In der U-Bahn verfügt man selten über den persönlichen Freiraum, geschweige denn ein ausreichend dimensioniertes Selbstbewusstsein, um in einer AR-Partie auf imaginäre Invasoren anzulegen. Oft hat man ja nicht einmal die Ellenbogenfreiheit für die auf iPhone und iPod so üblichen der Kipp- und Wackelspiele.
Davon abgesehen scheint Little Deviants mit crisper, schneller Optik und schönen Steuerungsideen vielleicht nicht unbedingt ein weltbewegendes Spiel zu sein. Als beinahe ideales Schaulaufen für die Plattform verdient es seine Existenzberichtigung aber beinahe von selbst.
Little Deviants erscheint am 22. Februar.