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LittleBigPlanet PS Vita - Test

Sackboy fühlt sich ganz wie zuhause: LBP PS Vita kennt keine Kompromisse.

Als sich vor nunmehr fast drei Jahren die Welt von LittleBigPlanet das erste Mal auf ein Handheld ausdehnte, war dem Resultat wie so oft ein wenig der Kompromisscharakter anzumerken. LittleBigPlanet PSP war ein in Ehren und mit viel Fingerspitzengefühl geschrumpfter Ableger, wie man ihn in dieser Güte gemeinhin nur von First-Party-Entwicklern bekommt. Trotzdem: Etwas fehlte, vor allem das Gefühl, einen wirklich gleichberechtigten Abkömmling einer der besten Spielereihen vor sich zu haben, die dieser Konsolengeneration passiert sind.

Auf der PlayStation Vita hat LittleBigPlanet dieses Problem nicht. Ein wenig geht der Optik auf dem tragbaren Spielgerät sicherlich die allgemeine Schärfe ab, die die PS3-Originale zu so plastischen virtuellen Guckkästen machte. Und natürlich sind viele Texturen nicht so hoch aufgelöst. Aber ansonsten fallen gerade die technischen Abstriche erstaunlich minimal aus. Das hier ist im Großen und Ganzen Current-Gen-Qualität und für ein Handheld einfach spitze. Doch das ist man von der Vita mittlerweile gewohnt. Es ist die inhaltliche Ebene, die dermaßen überzeugt, dass es mich nicht wundern würde, wenn LBP Vita in der Community ab kommendem Freitag als definitives Spiel der Reihe gälte.

In diesem Paket steckt im Grunde alles, was die Serie auch auf Heimkonsolen auszeichnete. Auf Seiten des Spielanteils ebenso, wie in Bezug auf den mächtigen Editor, der auch Jahre nach dem zweiten Teil noch mit Ergebnissen überrascht, die man nicht für möglich gehalten hätte. Zudem bekommen es die Tarsier Studios und Double Eleven hin, das Vita-Spiel zu liefern, das die zusätzlichen Eingabemöglichkeiten am sinnvollsten nutzt. Die Kipp-Sensorik darf von eifrigen Bastlern ebenso abgefragt werden wie die Vorder- und Rückseiten-Touchpads. In der fünf Welten umfassenden Kampagne bedient ihr jedenfalls schon mal Klaviertasten direkt auf dem Screen. Ihr zieht Sprungpads auf, um Sackboy in die Luft zu schleudern und verleiht Schwammrädern Schwung, um euch an ihnen festzukrallen und in höhere Bereiche zu gelangen. An einigen Stellen dürft ihr interaktive Plattformen selbst über den Bildschirm ziehen, sie in den Vorder- oder Hintergrund drücken und allgemein steht diese Feature-Verspieltheit dieser Marke einfach wundervoll zu Gesicht.

Bastler erfreuen sich daran, mit den Vita-Kameras eigene Sticker anzufertigen, während ich persönlich fast noch mehr die Möglichkeit schätze, nun auch eigene Sounds für meine Kreationen aufzunehmen. Überhaupt erleichtert vor allem die Touch-Eingabe das Skalieren, Platzieren und Zuschneiden einzelner Elemente, mit dem Bonus, dass die Entwickler einen nicht zwingen, sich auf eine der Eingabemöglichkeiten festzulegen. Grad-genaue Rotationen dürft ihr demnach immer noch mit dem rechten Stick vollführen, wenn ihr das bevorzugt.

LittleBigPlanet Vita - Trailer

Am Ende ist es aber immer noch ein Spiel, das sich in erster Linie an Hobby-Level- und Spiele-Designer richtet. Wer hier mit dem Gedanken herangeht, sich auf ein abenteuerliches Jump-and-Run einzulassen, wird feststellen, dass in diesem Bereich sehr solide, aber vielleicht ein bisschen langweilig auf der Stelle getreten wird. Die Vorlagentreue der Entwickler geht nun mal so weit, dass die umfangreiche, aber oft recht leichte Kampagne ebenfalls den bekannten Tutorial-Charakter der Vorgänger versprüht. Sie hat den Charakter eines Showcase für versierte LBP-Kreative, die die hübschen Level vor allem deshalb zu schätzen wissen, weil sie allesamt im mitgelieferten Editor gebaut wurden.

Wer zum Spielen hier ist, wird einmal mehr das Belohnungsverfahren recht motivierend finden, besonders ausdauernde oder findige Spieler mit neuen Materialien, Stickern und dergleichen zu überschütten - und wenn es nur der Prozente wegen ist. Es ist nur schade, dass das Level-Design regelmäßig auf die Angewohnheit zurückfällt, euch dafür ein doppeltes Erledigen gewisser Bereiche abzuverlangen. Das geht zugegebenermaßen meistens recht schnell, wenn ich mich aber nach dem Erklimmen einer Blockserie links wieder von dieser herunterfallen lassen muss, um eine der Bubbles zu bekommen, obwohl der Level doch nach rechts weiterverläuft, ist das nicht gerade beseeltes Design. Andernorts habe ich das Spiel für klüger gehalten als es war: Eine dann doch recht fordernde Stelle hüpfte ich bis an das Ende einer Serie von Mühlrädern empor, deren Rotation ich durch das Herein- und Herausdrücken eines Touch-Zahnrades änderte. Ich fühlte mich clever dabei - nur um dann oben festzustellen, dass die Passage so schwer war, weil ich hier oben nichts zu suchen und noch weniger zu finden hatte. Schade.

Ich weiß auch nicht, ob ich an dieser Stelle zu viel von LittleBigPlanet Vita verlange, aber mit dem vierten Spiel der Reihe hätte ich zudem irgendwo auch eine Weiterentwicklung des Basis-Gameplays erwartet. Stattdessen fühlt sich Sackboy immer noch etwas zu schwerelos an, während Springen und Rennen weiter diese Griffigkeit vermissen lassen, wie sie die Platzhirsche dieses Genres bieten. Mir ist bewusst, dass derartige Änderungen an der Physik des Protagonisten einige Auswirkungen darauf hätten, wie die Community fortan die Level gestalten müsste, dennoch würde dies das eigentliche Erleben der fabelhaften Kreationen zu einem deutlich größeren Genuss machen.

Bevor man sich aber über diese Erkenntnis wirklich ärgern könnte, hat man jedoch bereits eine der neuen Stärken von LittleBigPlanet entdeckt. Die Minispiele, die ihr im Laufe der Kampagne freischaltet - einige stehen auch im Arcade-Bereich des Hauptmenü-Planeten einzeln zur Verfügung - halten dank exzellenter Touch-Kontrollen problemlos mit aktueller iPhone-Ware mit. Sub-Titel wie Tapling, Super Conductor oder Retro Vector verschleiern mit Spielprinzip und eigen(artig)er Optik ihre LBP-Herkunft bis zur Unkenntlichkeit und fesselten mich problemlos mehrmals für die eine oder andere Viertelstunde. Schon in Welt 1 zeigt dagegen "Birnengekloppe", wie schamlos motivierend Whack-A-Sackboy eigentlich sein kann, während "Turmbauer" sogar mehrere Spieler zum digitalen 2D-Jenga lädt. Es sind so viele kleine Perlen in der Kampagne versteckt, dass man LittleBigPlanet abseits des regulären Jump-and-Run-Betriebs das Zeug zum ausgereiften Alleinunterhalter attestieren muss. Wenn die Community auf der PS Vita eine kritische Masse erreicht, könnte LBP eine eigene veritable Minispiele-Plattform werden.

Obwohl LittleBigPlanet PS Vita also Sackboy auch im vierten Anlauf nicht unbedingt zu einem Jump-and-Run-Superstar macht, der in einer Liga mit Mario oder Rayman hüpfen würde, so liefert Tarsier hier doch die mit Abstand beste Bastelkiste, die diese Reihe bisher hervorgebracht hat. Das definitive LittleBigPlanet, wenn ihr so wollt. Wie sehr ihr das zu schätzen wisst, hängt durchaus davon ab, wie viel Zeit ihr plant, im Kreativmodus zu verbringen. Doch selbst als "Konsument", auf Ideen-Safari durch die Einfälle Anderer, hat dieses Spiel noch einiges zu geben.

Fest steht, nach diesem passgenauen Auftritt auf einem Handheld kann ich mir die Reihe nur noch schwerlich wieder auf einer stationären Konsole vorstellen. Wo immer es aber auch weitergehen mag: Für einen eventuellen "echten" dritten Teil - diesmal hoffentlich mit Weltklasse-Hüpfer-Steuerung - dürften die Tarsier Studios und Double Eleven die richtige Adresse sein.

8 / 10

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

LittleBigPlanet

PS3, PlayStation Vita, PSP

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