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LocoCycle - Test

Der erste Schock einer neuen Generation

Das erste Dreamcast-Spiel für die Xbox One: Als Trash-Fest geplant, endet es als spielerischer Unfall mit ein paar netten Videos dazwischen.

Dieses Spiel ist ... es ... wie soll ich es sagen ... lasst mich anders anfangen ... nein ... es ... es ... es ist Schrott-Trash. Trash, der Schrott ist. Das ist besser als nur Schrott, aber schlechter als Trash. Irgendwie. Vor allem ist es digitale Fremdscham. Ein wenig wie eine schlechte 90s-Teenie-Komödie, die man gerade noch mögen kann, weil ein paar verschämte Witze funktionieren und man frisch bekifft herzhaft gelacht hat, selbst wenn man wusste, dass das nicht besonders lustig und schon gar nicht gut war.

Es ist einmalig, das muss man ihn lassen.

Man muss vor allem erst mal nüchtern beschreiben, was das ist, denn eines zumindest ist es sicher, LocoCycle ist einzigartig. Ihr spielt ein Motorrad mit einer Super-KI, das einen Kurzschluss hat und nun der Meinung ist, seinem Schöpfer, dem bösen Waffenkonzern, entkommen zu müssen und beim Freedom-Festival dabei zu sein. Als wäre das nicht schon seltsam genug, hängt hinten am Rad noch der mexikanische Mechaniker Pablo fest und wird über Tausende von Kilometern mitgeschleift und zwischendurch auch als Waffe benutzt. Der Running Gag ist, dass das Bike ihn die ganze Zeit auf Englisch vollquatscht und einige wirklich lustige Zeilen hat - nicht immer, aber es kommt vor - und er auf Spanisch die ganze Zeit darum fleht, endlich anzuhalten, damit er sich befreien kann. Der Gag ist, dass die beiden einander nicht verstehen. Hossa. Wenn Caddyshack ein dadaistisches Meisterwerk seiner Zeit ist, dann ist LocoCycle ... immer noch Schrott-Trash, mit dem Caddyshack eigentlich nicht in einem Satz genannt werden möchte.

Glaubt es oder lasst es: Das hier ist eine Szene aus einem Beat'em'Up, in der ein Bike mit einem Mechaniker einen Typen in einem Jetpack verprügelt. Und es ist ööööööde.

Ihr könnt euch vorstellen, dass sich der große Witz des sprachlichen Missverständnisses nach der ersten Stunde doch ein ganz klein wenig abnutzt. Es kommen nicht so viele neue Themen in den Stages dazu und beide quatschen ununterbrochen. Selbst mitten in der Action. Was uns wieder zu den Dauerquassel-Teenie-Komödien zurückbringt. Die wissen auch nie so genau, wann man einfach mal die Klappe halten muss. Die Realfilm-Szenen zwischen den Stages und insbesondere das aberwitzige Intro gehören dagegen zu einer Kategorie von Film, die ich für ausgestorben hielt. Aber hier sind wir, zurück zu Sewer Shark, Space Pirates und Mad Dog McCree und all dem Wahnsinn, für den die billig produzierten Trash-FMV-Monster einer vergessenen Ära stehen. Das mag eine Reminiszenz sein, aber eine an eine Zeit, die ich lieber begraben und vergessen hätte. So wie ich das mit einem Teil dieser Spiele tat.

Das eigentliche Spiel LocoCycle lässt sich am besten als fehlgeleiteten Versuch einer Kreuzung zwischen Double Dragon und Rad Racer beschreiben. Oder zwischen Ratte und Taube. Auf jeden Fall irgendetwas wider der Natur und der Ordnung der Dinge, wie sie sein sollten. Das Bike rast permanent auf einer beliebigen Straße entlang, wobei euch Kontakt mit dem Seitenstreifen meistens nicht wirklich schadet. Zusammenstöße mit dem beliebig verteilten Verkehr verursachen auch nur minimale Verluste, bremsen euch allerdings aus. Je nach Level ist es mal Stadt, Wald oder Canyon, der uninspiriert vorbeizieht. Belanglosigkeit in Tüten. Mülltüten, die am Straßenrand entleert wurden.

Grafisch ist man auf der Höhe... des Dreamcast.

Auf dieser Reise passiert nun abwechselnd eine von drei Sachen. Erstens: Ein paar Gegner kommen angerauscht und wollen mit zwei Angriffstasten, ohne nennenswerte Kombos und einem Block-Quick-Time-Event in einer Runde Non-Stop-Buttonmashing vertrimmt werden. Zweitens: Ein paar Autos, Vans oder Laster kommen an, die euch beballern. Ihr erwidert das Feuer ohne erwähnenswerte Taktik oder Gefahr und seid die Kerle so schnell los, wie sie kamen. Drittens: Es gibt Quick-Time-Events. Das kann ein Gegner sein, der Raketen auf euch feuert, die ihr mittels getimter Tastendrücke zurückschickt oder eine wilde Szene, die ganz klassisch den richtigen Button zur richtigen Zeit einblendet. Das Timing ist dabei dermaßen vergebend, dass selbst Eingaben, die gefühlt mit einer halben Minute Verzögerung erfolgten, nicht zum Tod führten, sondern lediglich zu einem minimal schlechteren Mission-Rating. Bis ich merkte, dass man in diesem Spiel sterben kann, verging viel Zeit.

Und hässlich ist es auch noch

Überhaupt dauert das alles viel zu lange. Jeder der monotonen Stages ist in drei Abschnitte unterteilt, die vor sich hindümpeln, der letzte in Form eines gelangweilten Bosskampfes. Der Haupt-Antagonist ist dabei ein anderes „intelligentes" Motorrad, das von Robert Patrick - dem T 1000 aus Terminator 2 - gesprochen wird. Immer wenn ich denke, dass die Karriere des Mannes auf dem Tiefpunkt angekommen ist, dann passiert so etwas wie jetzt LocoCycle. Bevor ich mich dem Gedanken hingebe, dass ich jetzt besser T2 schauen sollte, weil das meine Lebenszeit ist und T2 ein guter Film, LocoCycle aber ein schlechtes Spiel - was habe ich vergessen? Ach ja, da sind Upgrades, die ihr mit jeder Mission weiter freischaltet. Sie bringen zwar keine weitere Komplexität, aber zumindest lassen sich die Gegner damit schneller aus dem Weg räumen und das Spiel schneller beenden, insoweit sind sie definitiv eines der Highlights von LocoCycle.

Als Xbox-360-XBLA-Titel würde LocoCycle zwar nicht gerade das technisch obere Ende markieren, aber zumindest mit seinen grobkörnigen Texturen, billigen Modellen und kaum vorhandenen Effekten im Mittelfeld nicht weiter auffallen. Dumm nur, das wir hier von der Xbox-One-Version sprechen. Dieses Spiel ist hässlich und angesichts der neusten Hardware auf dem Konsolen-Markt ein Hohn. Dass die inhaltlich unterirdischen Filmchen in Blu-ray-Qualität laufen, hilft da nur sehr bedingt.

Es ist nicht nur langweilig, es dauert auch noch lange. Und nein, ich habe nicht die hässlichsten Shots gewählt. Die gegen ganz gut wieder, was auf dem Screen los ist.

Als ich in diesen den einmaligen, legendären, unsterblichen Tom Savini entdeckte, musste ich endgültig ein wenig weinen und das nicht vor Freude. Das war drei Minuten in das Intro hinein und danach ging es bergab. Ich kann dem Meister nur mit auf den Weg geben, dass unser Ruhm nicht darin besteht, niemals zu fallen, sondern jedes Mal wieder aufzustehen, wenn wir gescheitert sind. Savini kennt das. Aber auch alle anderen am Spiel Beteiligten nehmen sich besser diesen Satz zu Herzen. Denn LocoCycle wirkt, insbesondere als Launch-Titel für eine neue Generation, wie eine ganz seltsame Art des Hohns. Spielerisch scheinen wir es mit einem verworfenen Dreamcast-Titel zu tun zu haben. Fehlgeleitet, aber spielbar. Nur halt extrem langweilig. Das schien auch den Verantwortlichen klar, also setzte man unter ein paar alte Karrieren neue Tiefpunkte und zeigte ein paar jungen, dass es solche geben kann. LocoCycle wirkt in so vielerlei Hinsicht aus der Zeit gefallen, dass es als Studie verschiedener erfolgloser Epochen der Spielegeschichte gelten kann, all das vereint in einem Spiel, das keinen Grund hat zu existieren. Trash-Sammler, schlagt zu! Aber seid gewarnt, dass ihr euch zugleich Schrott ins Haus holt.

3 / 10

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

LocoCycle

Xbox One, Xbox 360, PC

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