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Loot River: Eine tolle Idee, die noch auf der Suche nach einem packenden Spiel ist

Auch im trüben Wasser fängt man Fische.

Ich schreibe das hier bewusst nicht als Test. Ich habe die leise Ahnung, dass Loot Rivers Ausführung einfach nur ein gutes Stück an mir vorbeischießt. Deshalb lege ich auch jedem, dem die Trailer gefallen, ans Herz, sich eine eigene Meinung über dieses slowakische Indie-Spiel zu bilden. Dank Game Pass ist das für viele hier ja schnell getan.

Für mich persönlich aber ist Loot River das Musterbeispiel eines Spiels, dessen Kreativität, Kernidee und Geschmack ich bewundere, aber das mir einfach nicht so richtig Spaß macht. Noch zumindest, denn erste Anzeichen für Besserung gibt es bereits. Zunächst einmal aber brilliert dieses Game dadurch, dass es wie ein typischer Game-Jam-Gewinner zwei unvereinbar scheinende Konzepte mit einigem Erfolg verheiratet. Loot River darf sich auf dieser Ebene also schon mal als Gewinn verstehen, ganz gleich, was ich davon halte.

Es fängt eigentlich ganz einfach an, aber irgendwann wird die Koordination von Figur und Plattform immer komplexer, immerhin steuert man beides separat mit dem linken beziehungsweise rechten Stick.

Die Idee, nicht nur einen Action-RPG-Helden zu steuern, sondern auch die Tetris-förmigen Plattformen, auf denen er den titelspendenden Beutefluss hinuntertreibt, ist einfach eine beseelte. Ihr formt euren eigenen Weg durch die prozedural generierten Umgebungen, auf der Suche nach dem Ausgang. Die beweglichen Untergründe sind aber nicht nur Fortbewegungsmittel, sondern auch Gegenstand vieler Puzzles, wenn ihr Plattformen umeinander dreht, weil ihr enge Passagen nur mit bestimmten Formen passieren könnt oder mit Treppenteilen Höhenunterschiede überbrückt.

Doch auch im Kampf ist ein derart für euch Partei ergreifender Boden ein wertvoller Alliierter, zum Beispiel, wenn ihr ihn nutzt, um Gegner-Mobs voneinander so zu isolieren, dass ihr es nur mit einzelnen Feinden zu tun bekommt. Am Ausgang eines Abschnitts geht es immer zurück in den zentralen Hub führt, wo ihr zuvor gesammelte Münzen und Wissen in dauerhafte Progression ummünzt. Sterbt ihr, werden eure Level-Aufstiege und Ausrüstung zurückgesetzt.

Es gibt auch eine clevere Risiko-Belohnungs-Abwägung vor jedem Run durch die nächste Welt: Spendiert ihr einem NPC ein paar Tränke und überlebt den Level, um zu ihm zurückzukehren, gibt er euch die doppelte Menge für den nächsten Abschnitt zurück. Ihr verzichtet also zunächst, um später gestärkt weitermachen zu können. Eine Pixel-Ästhetik, die man vor allem dank des wild schwappenden und spiegelnden Flusses so schnell nicht wieder vergisst, rundet diesen anziehenden und extravaganten Roguelite-Entwurf gekonnt ab.

Erste Schwierigkeiten bekommt man, wenn Höhenunterschiede zu überbrücken sind.

Im Detail habe ich aber an vielen Stellen Probleme, die meinen Enthusiasmus aktuell noch gehörig bremsen. Zum einen sind die Level bisweilen ziemlich lang und die Suche nach dem Ausgang kann dabei recht frustrierend sein, zumal es diverse Gelegenheiten gibt, sich den Loot River mit Plattformen so zu verbauen, dass das Erreichen bestimmter Zonen schwierig wird. Dass auch kleinere Trümmerteile, Säulen und Wandreste an den Rändern einiger Plattformen dafür sorgen, dass nicht jeder Untergrund, trotz prinzipiell gleichem Grundriss, zur Lösung eines Rätsels geeignet ist, unterstreicht, dass das Konzept noch nicht ganz ausgereift ist. Ganz zu schweigen davon, dass man daran schon mal festhängt.

Kurzum: Am Schluss einer langen und oft im Spielfluss gebremsten Partie noch auf die Mütze zu bekommen und mit nichts von vorne anzufangen – Wissen und Gold behalten nur Überlebende (ein neues Update hat daran allerdings etwas geändert, siehe unten) –, fand ich frustrierender als in den meisten anderen Roguelites der letzten Jahre. Und das passierte mir oft. Vielleicht würde es schon helfen, wenn sich der Kampf und die Bewegung besser anfühlten. Eine Parade unterbricht zum Beispiel nicht meine Angriffsanimationen, was in haarigen Szenen gegen viele Gegner problematisch ist. Ausweichen geht ein wenig zügiger, aber auch hier spüre ich abseits nicht sichtbar abgezogener Schadenszahlen wenig Feedback, dass mein Timing gut war. Im schrägen Winkel auf den Rand einer Plattform zuzulaufen, bremst meine Spielfigur ebenfalls komplett ab, was sich nicht richtig anfühlt.

Schöner war Pixelwasser selten.

Auch ist das Cheesing-Potenzial beachtlich. Mit dem Speer gelingt es oft, die Gegner dermaßen ins Straucheln zu bringen, dass sie nicht zum Zug kommen (was es umso verwirrender macht, wenn ausgerechnet das mal nicht klappt) und die alte “Schlag, Ausweichen, Schlag, Ausweichen”-Taktik ist bei einzelnen Feinden ein derart probates Mittel, dass ich ein schlechtes Gewissen bekam. Vor allem mir selbst gegenüber, denn geschicktes oder gar elegantes Kämpfen ist das nicht. Ich lernte so nicht, besser zu werden, wurde aber vom Spiel dafür belohnt. Und letztlich könnten erlittene und gelandete Treffer auch noch ein wenig mehr audiovisuelle Wucht und Schwung vertragen.

Ich hoffe trotzdem, dass Loot River viele Spieler findet, denn die Idee ist fantastisch – zumal man auch noch Modifikatoren freischaltet, die weitere Läufe lange frisch halten sollten – und wird mit etwas Feinarbeit nur noch mehr reifen. Ein erster Patch kümmerte sich bereits um die allzu gleichen Drops an Waffen in den ersten Abschnitten und konserviert auch nach dem Tod die Hälfte des gefundenen Wissens. Das macht Mut darauf, dass das Spiel noch zu dem wird, was es sein will. Die Basis ist gut und mir ist ein Projekt, das etwas versucht und auf dem Weg dorthin ein paar Mal stolpert, hundertmal lieber als die x-te Neuauflage allzu erprobter Mechanismen. Ich stochere jedenfalls noch weiter in den trüben Wassern des Loot River herum, gut möglich, dass ich schon bald etwas Kostbares herausziehe.


Loot River ist für 24,99 Euro auf Xbox One, Xbox Series und PC erhältlich und im Game Pass enthalten.

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