Lords of the Fallen - Test
Nicht so ganz.
Ganz kurz hatte ich den Gedanken, ob ich es durch die Nummer hier schaffe, ohne einmal Dark Souls zu erwähnen. Dann schlug ich mir lachend auf die Schenkel, dachte an diese frühe Textstelle und daran, dass es vielleicht nicht so nett wäre, jemanden voranzustellen, ohne vorher Lords of the Fallen zu nennen, um das es hier schließlich geht. Ups und aah, Dark Souls... Trotzdem und gerade deswegen, bei einem Spiel wie Lords of the Fallen, dessen beste Leistung darin besteht, ein fantastisches Kampfsystem bis zur Tastenbelegung zu kopieren, na ja, da kann man schwerlich versprechen, dass das klappt.
Natürlich nicht.
Lords of the Fallen ist bemüht, sicher auch hochmotiviert darin, was es transportieren will, jedoch stellenweise recht unbeholfen. Wie ein Typ mit Abpausschablone, der in seinen ersten Schritten gar nicht mal schlecht ist, es an einigen Stellen frei Hand versucht, dort die Linienführung verliert und am Ende etwas zwar Beherztes, aber wenig Erinnerungswürdiges auf die Reihe bekommt.
Das mag jetzt so pathetisch klingen, wie es die Geschichte um Dämonen tatsächlich ist und der Soundtrack in seinen schwachen Momenten einen Tusch nach dem anderen rausdrückt, ist aber gar nicht so schlimm. Denn das Fundament, auf dem Deck 13 und City Interactive ihr Werk errichten, das Kampfsystem, Hauptspielbestandteil nun mal, das ist eine durchaus funktionale Angelegenheit.
Analytische Defensive und Timing sind hüben wie drüben wichtig. Kopflos auf Gegner und Tasten zu dreschen ist nichts, was euch weiter als bis zur nächsten Ecke des verschneiten Klosters bringt. Der Kampf gestaltet sich langsam und nagend, mit schwerer Ausrüstung eine Spur schwerfälliger als beim Vorbild sogar. Streitäxte führende Ritter müssen mühevoll ausholen und richtig Kraft in den Schlag legen, während ein Kurzschwert in derselben Zeit dreimal zum Zug kommt.
In gewichtige Platte gekleidet rollt man sich nicht elegant ab, sondern plumpst wie ein Stein zu Boden. Sehr witzig auch, wenn man einen Zweihandhammer ohne den nötigen Stärkewert führen will und ihn dann kurz vor dem Schlag klirrend auf den Boden fallen lässt, weil es einfach noch nicht ganz reicht. Ohne eine Rüstung am Leib holen euch Treffer von den Beinen und wenn euch ein Hüne schwungvoll mit dem Turmschild rammt, kracht es martialisch im Ohr und in den Knochen. Schön animiert, das alles. Und so weiter.
Wer Klang und Gefühl einer mittelalterlichen Kampfsimulation nach vorn und den Rest hinten anstellt, vielleicht deshalb, weil nur das Wichtigste stimmen muss, kann mit Lords of the Fallen eine nette Zeit verbringen. Es ist deutlich vergebender als das Spiel, zu dem es aufblickt. Und das trotz einiger Tweaks, etwa dass man nur begrenzt viel Zeit hat fürs Aufsammeln der Erfahrung am letzten Todespunkt. Diese lässt sich außerdem an Checkpunkten zwischenlagern, was das Gefühl dämpft, mit einem Rucksack voller roher Eier unterwegs zu sein. Behält man sie dagegen, steigt langsam die Erfahrung pro Feind und die Chance, bessere Beute zu finden. Eine gute Idee.
„Vergebender" bedeutet in dem Fall auch ein viel größeres Zeitfenster für Ausweichrollen und Schildkonter, schnelleres Heilen, mehr Schaden eurerseits, weniger „Aufs Maul" und deutlich weniger Hängenbleibendes. Im Grunde nicht allzu vieles. Wie hieß gleich noch das Land, das man da retten soll?
Sein Stil feiert die schieren Dimensionen des Hochgewachsenen und Großen in gotischen Kathedralen mit Fensterrosen und Rundpfeilern. Draußen gibt es Grabkammern, Friedhöfe, karge Felswände und monolithische Turmkonstruktionen unter blassgrauem Himmel. Alles soll unglaublich böse sein und düster und erwachsen. Mordor trifft auf Warhammer und... jede Menge übliche Fantasy, die einem gerade so in den Sinn kommt. Es hat fast den Anschein, als wehre sich die Gestaltung gegen diese ganz besondere Art der Ehrfurcht weckenden, aber trotzdem auf dem Boden gebliebenen Schärfe des Konkurrenten. Schick ist super, comichaft OK, austauschbar weniger. All das ist Lords of the Fallen auf seine Art.
Schon die ersten Rüstungen sind unglaublich überkandidelt und massiv, mit breiten Schulterstücken, überall Haken und geschwungenen Spitzen in Handschuhen, Gürteln und Stiefeln. Man sieht nach zwei Stunden aus wie Siegfried aus Soul Calibur, nachdem er dem Typen vom Skyrim-Dragonborn-Cover den Helm vom Schädel prügelte. Was sich auch mit leichter Rüstung kaum ändert. Alles wirkt sehr aufgepumpt, männlich, verspielt und, immerhin, aufwendig, von den mehreren Schichten umfassenden Rüstungen bis hin zu den wallenden Umhängen. Kann man mögen, je nachdem, müsst ihr wissen.
Erzählerisch wählt das Spiel den direkten Weg der Dialogauswahl mit Fragen, Antworten und solchen Dingen. Jemand dachte eben, dies sei eine passende, gute Idee, und ob es wirklich eine war, das darf jeder anhand des durchschnittlichen Plots und der Unterhaltungen für sich beurteilen. Vielleicht mag man die raue nordische Stimmung und braucht auch nicht mehr. Ich selbst erlebte nichts, das mich nach dem Abschalten der Konsole beschäftigte. Kein schräger Typ, kein Boss oder Dialog, kein „Was könnte damit gemeint sein?", nur Dämonen mit gehörnten Helmen und entflammten Augen. Ein Typ, dessen Name einen Buchstaben mehr hat als „Ananas". Verlorene Mönche, die in Weinkellern vermutet werden.
Waren die Figuren in Dark Souls oder, besser noch, Demon's Souls verwurzelt in der Welt, die ohne sie nicht funktionieren würde, wirken sie in Lords of the Fallen eingeklebt wie in ein Fußballstickeralbum. Der prophetische Mönch taucht stets dort auf, wo als Nächstes was Wichtiges passiert. Die Brünette ist... jemand mit einem wichtigen Buch. Und der Kommandant der Streitkräfte ist da auch irgendwo. Immerhin hat er ein Planetarium, das ihr für ihn säubern sollt. Erst dann gibt es neue Anweisungen. Ihr spielt übrigens Harkyn, einen immer irgendwie zornig dreinblickenden Mann, der aussieht, als hätte man den letzten, kahlköpfigen Max Payne in eine Rüstung gezwängt.
Ziehen wir zur Betrachtung spaßeshalber mal Siegmeyer aus Catrina heran. Hätte er einen Auftritt in Lords of the Fallen, würde er sagen: „Das Tor, vor dem ich hier verzweifelt hocke, ist verschlossen und der Schlüssel liegt da hinten in der Truhe, aber erst muss man das Giftmonster davor besiegen. Wenn du das für mich tun könntest, gebe ich dir eine Belohnung". Das ist nicht nur im direkten Vergleich keine allzu dolle Leistung. Es gibt hier einfach nicht so viel Geheimnisvolles abseits von versiegelten Schatztruhen und Türen.
Abkürzungen und nur von der anderen Seite zu öffnende Türen? Jepp. Aber viele sinnlose und kaum eine, die die Zeit ohne sie rückblickend als Bestrafung dastehen lässt. Aus der Zitadelle heraus gibt es gleich zwei, und die auch noch nebeneinander, erreichbar in gerade mal einer Minute. Ein richtiges Aha-Gefühl hatte ich hier jedenfalls nie.
Dabei ist das Leveldesign kein schlechtes. Es lockt euch oft genug von der Seite aus in kleine Wachtürme oder Schatzkammern, je nachdem, in welchem der wenigen ineinander übergehenden Gebiete ihr gerade unterwegs seid. Die Katakomben etwa verlaufen als langer Verbund aus Korridoren und Kammern, die zwar alle irgendwann zum gleichen Punkt führen, aber immerhin. All den Kulissen fehlt ein wenig das Einschüchternde. Ich fühlte mich doch die meiste Zeit über größer als das Spiel selbst.
Nett ist der Moment, in dem man zwei in die Dämonenzitadelle gelockte Ritter trifft - geködert von dem Feuer, das man einige Stunden vorher entzündete, ohne zu wissen, wieso überhaupt. Gibt Erfahrung, was auch sonst, und wenn in einem Spiel die Aktionstaste aufblinkt, drückt man halt drauf. Der Holzstapel brennt. Und er zieht Ritter an. Konnte keiner ahnen. Leider haben die beiden nicht mehr zu sagen und die Wirkung dieses Augenblicks verpufft einfach.
Und dennoch. Trotz allem macht es Spaß. Lords of the Fallen stürzt euch nicht knietief in ein sich nur der Neugier beugendes Reich, das zu entschlüsseln der große Reiz ist - dafür ist das meiste zu flach. Es umgeht diese Planlosigkeit immer mit Anweisungen, Namen, Zielen, bleibt auf halbem Weg zu den Dimensionen seines Vorbildes stecken. Nein, es ist einfach da und tut, was es kann. Es ist das Erste seiner Art, ein Klon, wenn man es so nennen mag, einer, der beim Besten klaut und damit eine derzeit bestehende Lücke füllt, bis Bloodborne in wenigen Monaten erscheint.
Wäre da nicht der technische Zustand, über den man in den meisten Fällen nur so weit reden sollte, wie er aus dem Rahmen fällt. Tut er hier leider ganz schön, trotz eines Day-one-Patches von schlappen fünf GB. Ob die Assets dadurch besser werden, weiß ich nicht. Spiel sieht nicht im Ansatz so gut aus wie auf den Herstellerbildern, aber stimmig und gut ist. In den Dialogen einfach wegbleibende Stimmen sind dagegen kein „Hupsala" - lässt sich übrigens nur durch einen Neustart beheben. Die Trefferabfrage ist gerade beim In-den-Rücken-Fallen eine wackelige Angelegenheit. Mal klappt es, mal aus unerfindlichen Gründen nicht.
Oft sah ich Gegner, die sich beim Überschreiten eines bestimmten Punktes zurückbeamten und wieder volle Energie hatten, nicht benutzbare Checkpoints (obwohl keine Feinde in der Nähe waren), hängenbleibende Untertitel, sogar Freezes der Konsole. Und das Nervigste, was mich wirklich zur Weißglut trieb: die Zielfixierung. Oder besser gesagt: das Umschalten zwischen den Gegnern mit dem rechten Stick, immer wenn es nicht funktionierte. Was jetzt nicht alle fünf Minuten passierte, aber oft genug, dass jemand in der Qualitätssicherung ein paar Worte dafür hätte übrig haben müssen.
Hatte bislang offensichtlich niemand und so bleibt Lords of the Fallen auch nach monströsem Start-Patch eine mitunter raue Angelegenheit. Und das leider nicht immer auf die gute Art der Marke Riesengrabmal oder Tal der Schändung. Es wäre ohne diese Probleme immer noch eine generische Welt mit generischen Charakteren und Feinden, jedoch wenigstens eine fertige, die euch beim Spielen keine Knüppel zwischen die Beine feuert.
Wenn das größte Lob ist „Weil es in dieser Form gerade keine Konkurrenz gibt", ist das eigentlich so viel nicht wert. Aber Lords of the Fallen steht hier und jetzt genau so da: mit einem gut geklauten Kampfsystem, ein, zwei eigenen Ideen, einer netten Spielwelt, nach den Dimensionen des Vorbildes strebend, ohne diese je zu erreichen. Es funktioniert die meiste Zeit über, es macht Spaß, doch dieses Bild besteht nur so lange, bis man die Konsole abschaltet. Danach ist alles vergessen, aus dem Sinn, weg und auf Wiedersehen. Beim nächsten Mal kann's besser laufen. Das wünsche ich diesem Entwickler von ganzem Herzen.