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Lost Horizon

Indiana Jones lebt!

Einige Genres sind auf Konsolen unterrepräsentiert. Adventures etwa. „Die Hauptmärkte für Vollpreis-Adventures sind PCs. Alles andere ist wirtschaftlich zu riskant“, begründete vergangenes Jahr Achim Heidelauf diesen Umstand, der für den zweiten Teil des Erfolgs-Adventures Black Mirror verantwortliche Produzent. „Ich glaube, die Mehrheit der Spieler ist noch nicht bereit dafür.“ So wie er sieht es offenbar auch Entwickler Animation Arts aus Halle. Nach zwei Geheimakte-Werken, die zumindest ihren Weg auch auf Wii und DS gefunden hatten, erscheint ihr nächstes Knobel-Spiel wieder exklusiv für PC. Zumindest vorerst.

Schade für alle Konsolenspieler, denn die Rätselaufgaben in Lost Horizon scheinen durchaus den Sherlock im Spieler zu fordern. Ihr wollt Beispiele? Aber gerne! Die Messerschmitt klebt wie ein Kaugummi am Heck eures Flugzeugs. Propellergeräusche mischen sich mit Maschinengewehrschüssen. Es geht euch an den Kragen. Habt ihr eurem Held Fenton Paddock, dem britischen Ex-Soldat und Hobby-Schmuggler, zu viel zugemutet? Hättet ihr vielleicht doch nicht auf die Suche nach der verschollenen Expeditionsgruppe in Tibet einlassen sollen? Unsinn! Schließlich handelt es sich um ein Adventure. Und „Adventure“ bedeutet auf Deutsch „Abenteuer“. Genau die wollt ihr erleben und genau die liefert euch Lost Horizon. Von der ersten Minute an schlägt das Spiel mit voller Wucht in die Indiana-Jones-Kerbe.

Gespräche spielen natürlich eine wichtige Rolle.

Lost Horizon beginnt im Jahr 1936, kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Eure Feinde sind Nazis. Es geht um okkulte Waffen und das buddhistische Paradies Shambala. Als Inspirationsquellen nennen die Entwickler Spiele-Oldies wie The Riddle of Master Lu und Flight of the Amazon Queen, Filme wie Quatermain und den Roman Lost Horizon. Klassiker, die in jedem Fall zu der auf alt getrimmten Ästhetik des Spiels passen. Und würde Harrison Ford hinter einer Kiste hervorspringen und „Tada!“ rufen, es würde wohl niemanden sonderlich überraschen.

Doch Indy ist nicht verfügbar, ihr steuert weiterhin Fenton und solltet die Situation mit den Nazi-Schergen in der Messerschmitt klären. Gut, was gibt es zu finden? Das Schöne an Adventures ist ja, dass es anders als im echten Leben aus jeder Lage einen Ausweg gibt. So auch hier. Im Frachtraum eures Flugzeugs liegen Kürbisse. Sprich: Wurfgeschosse. Aus der offenen Flugzeugtür knallt ihr den Verfolgern einen der fruchtgewordenen Kawentsmänner vor den Propeller. Leider ohne den erwünschten Erfolg. Er platzt und die Messerschmitt fliegt euch weiter hinterher. Wenn es etwas gäbe, um die Kürbisse zu härten …

Das gibt es natürlich: Wasserkanister und Mehltüte! In jedem Adventure-Spieler steckt doch irgendwo ein kleiner MacGyver. Mit dem Bolzen eines Fallschirmrucksacks stanzt ihr ein Loch in einen der Kürbisse und füllt das Innere mit Pampe. „Mit den besten Grüßen von seiner Majestät“, verabschiedet Fenton seine Mehlbombe als er sie nach draußen befördert.

Eine deutsche Messerschmitt verfolgt Fentons Flugzeug.

Auf dem Kürbis grinst euch ein Smiley an bevor er das Triebwerk der Nazis zerstört. Herrlich. Dadurch, dass das Spiel Humor eher sparsam einsetzt, wirken solche Szenen natürlich umso intensiver. Und wenn Fenton als Auswahloption bei einem Gespräch der Satz „Hinter dir! Ein dreiköpfiger Drache!“ zur Wahl steht, dürfen auch Monkey-Island-Veteranen schmunzeln.

Als Fentons deutsche Stimme fungiert übrigens Stefan Günther, der bei den Harry-Potter-Filmen die Weasley-Zwillinge synchronisiert. Den Erzähler kennt ihr vermutlich als Captain Picard aus Star Trek. Es sind Profis am Werk. „Wir haben jetzt 90.000 gesprochene Worte“, verrät Geschäftsführer und Spiel-Designer Marco Zeugner. „Bei Geheimakte 2 waren es 65.000 und Geheimakte Tunguska hatte um die 40.000.“ Ein deutlicher Anstieg, der sich auch in einer Minimum-Spielzeit von rund 20 Stunden niederschlagen soll.

Zu Beginn haut euch Lost Horizon ein Stakkato an Orten und Ereignissen um die Ohren. „Die Geheimtür ist nicht mehr weit. Halt uns den Rücken frei, wir haben es gleich geschafft“ – bei diesen Sätzen befindet ihr euch in einem Kloster des Himalayas. Die Mönche dort bewachen ein Artefakt, von dem auch die Nazis Wind bekommen haben. In einer Zwischensequenz fallen Schüsse, der Feind droht zu siegen.