Lost in Random zeigt mir, wie wichtig gutes Voice Acting in Spielen eigentlich ist
Lost in Random ist ein besonders gutes Beispiel für eine gelungene Vertonung. Es gibt aber auch schwarze Schafe im Synchro-Business.
Der hübsche kleine Indie-Titel Lost in Random begeistert mit seiner düster-humorvollen Atmosphäre, die mit einer liebevoll gestalteten Welt voller wunderlicher Wesen besticht. Ein Aspekt, der dabei gerne in den Hintergrund rückt, ist das Voice Acting.
Lost in Random macht akustisch eine gute Figur
In Zoink Games' märchenhaften Abenteuer - Mädchen will ihre entführte Schwester aus den Fängen der bösen Königin befreien - sticht besonders der Erzähler Ty Konzak mit seiner Sprecherleistung hervor, der zu jeder Situation die passende Tonlage findet und dabei nie langweilig oder nervig wird. Man hört ihm sogar gerne zu, wenn er über die Porträts von Evens uralter Verwandtschaft redet. Das soll mal im echten Leben einer schaffen.
Auch der kleine Würfel Dicey schafft es, mit seinem Gebrabbel zu berühren. Obwohl ich kein "Bwaaaah brumwl mwlah" verstehe, weiß ich in etwa was der kleine Kasten mir sagen will. Durch die richtigen Betonungen und authentischen Emotionen in der Stimme macht Sprecher Olov Redmalm sogar möglich, dass ich dem Kauderwelsch des sechsseitigen Würfels aufmerksam und interessiert zuhöre. Auch zufällige Bewohner der sechs Distrikte haben herrliche Stimmen von komisch bis kauzig.
Gute Stimmfarben malen die besten Bilder
Obwohl Lost in Random nur ein Indie ohne Triple-A-Budget ist, gab man sich viel Mühe beim Voice Acting. Und das muss gerade bei Story-lastigen Spielen auch so sein. Nicht umsonst haben Luis Antonio und Annapurna Interactive für Twelve Minutes die bekannten Schauspieler James McAvoy, Daisy Ridley und Willem Dafoe als Synchronsprecher engagiert, um ihrem Krimi einen akustisch hochwertigen Schliff zu verleihen.
Auch der Erzähler von The Stanley Parable hat mich komplett aus den Socken gehauen. Das Spiel funktioniert nur dank Kevan Brightings grandiosem Stimmenspiel. Stellt euch das doch mal mit einem durchschnittlichen Sprecher vor. Witze, Ironie und das Gefühl, nie zu wissen, auf wessen Seite der Erzähler eigentlich steht, gingen komplett verloren.
Natürlich gibt es auch im Triple-A-Bereich besonders gutes Voice Acting. Denkt doch mal an The Witcher 3 oder Borderlands 2. Lebendige, abwechslungsreiche Stimmen, die den Figuren Charakter verleihen. Ohne die tiefe, basslastige Stimme von Kratos, wäre der Krieger aus God of War sicher nur halb so einschüchternd.
Weniger glanzvolle Leistungen
Nicht so ganz klanglich gelungen ist Heavy Rain. Quantic Dreams' interaktiver Film besitzt eine super emotionale Story, die allerdings durch halbherzig wirkendes Voice Acting etwas an Stimmung verliert. Sorry, Ethan, du bist gerade nicht in einem Meeting, dein Sohn wurde entführt und das will ich verdammt noch mal auch hören!
Weitere Awards für verbesserungswürdige Sprecherleistungen gehen an Far Cry 2 und Assassin's Creed 3. Beiden fehlt es im Voice Acting an Leidenschaft und Stimmvariation. In den darauffolgenden Teilen hat sich das jedoch deutlich verbessert.
Suchen wir bei älteren Spielen, fallen ebenfalls viele schon fast lächerlich schlecht gesprochene Stimmen auf. Da fallen mir zuerst Resident Evil und Castlevania Symphony of the Night ein. In den 90er Jahren hatten die Entwickler auch eine deutlich kleinere Käuferschaft und entsprechend schmalere Budgets. In diesen beiden Fällen hat die Trash-Synchro allerdings auch ein wenig zum Kult-Charakter der Spiele beigetragen - "Jill Sandwich" -, aber das ist eher die Ausnahme.
Vertonungen werden immer stimmiger
Wirklich schlecht ist mit den heutigen Mitteln nichts mehr. Hier stören eher aufdringlich nervige Erzähler wie in Biomutant, bei dem die Spieler sogar durch einen Patch die Option erhielten, den ständig redenden Mann endlich stumm zuschalten. Ebenso anstrengend sind besonders gesprächige JRPG-Helden wie im Remake von Final Fantasy 7. Bei all dem "Let's do this", "Whuuuua" und "Hurgh" wünscht man sich doch auch mal ein wenig Ruhe im Kampf.
Insgesamt stechen heutzutage aber nicht mehr die schlechten, sondern viel mehr die besonders gelungenen Sprechleistungen wie beim kürzlich veröffentlichten Lost in Random hervor. Brauchbar sind sie eigentlich alle - selbst an den deutschen Synchronisationen gibt es immer weniger zu meckern, siehe God of War oder The Witcher 3.
Selbstverständlich spielt Geschmack bei diesem Thema eine große Rolle. In diesem Kommentar habe ich meine bisher liebsten Stimmbänder der Videospielbranche untergebracht. Vielleicht findet ihr den Sprecher von Handsome Jack ganz furchtbar oder ihr rauft euch die Haare, weil ich das eurer Meinung nach beste Voice Acting gar nicht erwähnt habe.
Ich bin auf eure Vorschläge für die tollsten und gruseligsten Vertonungen gespannt.