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Lost Planet 3 hat einen Multiplayer – hättet ihr jetzt nicht gedacht, oder?

Aber die Kampagne ist wichtiger und kann der Serie endlich eine echte Richtung geben.

Eine orientierungslosere Serie als Lost Planet gab es wohl selten. Der erste Teil schien eine Art Grafikdemo zu sein, bei der man die Fetzen einer irgendwann mal vollständigen Story als Reste in der Schublade eines inzwischen gefeuerten Schreibers fand. Einmal gewürfelt, was von Eispiraten auf Zempf oder EDN 3 erzählt und wird schon was machen. Mechs und Ballern dazu, war kein schlechtes Spiel. Ich wusste zwar nicht genau, was ich da inhaltlich spielte, aber es krachte. Teil zwei, ganz anderes Kapitel. Irgendwie Koop muss ja sein, bitte immer vier Spieler, sonst geht nichts. Weil "4" so eine schöne Zahl ist, auch noch vier Fraktionen und dazu Level, die teilweise keine sind, Mechaniken, die keiner versteht und ein Spiel, das so recht keiner wollte. Das uns auch nie schlüssig erklären sollte, warum wir es wollen sollten, selbst wenn es ja im Prinzip nicht so übel war. Irgendwie.

Zieht euch warm an!

Für Teil 3 nun bestätigt sich eine erneute Wende. Plötzlich ist Koop vergeben und vergessen und unter dem Eis begraben, alleine arbeitet ihr euch durch eine erstaunlich kohärent startende Geschichte, die mehr an den Anfang von Aliens erinnert. Konzerne schicken Freelancer auf ferne Welten, auf dass sie ihr Glück versuchen und ihren Kragen riskieren, um an wertvolle Rohstoffe zu kommen. So wird auch ganz schlüssig erzählt, wie und warum unser Held Jim Peyton sich auf EDN 3 mit seinem Arbeits-Mech herumtreibt. Lost Planet 3 wirft euch nicht in Konfusionszyklen, sondern stellt seine Figuren und Szenarien vor und baut dabei in aller Ruhe und fast schon Subtilität sein eigentliches Ziel auf: eine Art Sci-Fi-Mystery-Handlung. Ich bin verwirrt ob so viel Normalität bei einem Spiel, das den Namen Lost Planet trägt.

Der eigentliche Twist dabei ist, dass ihr Teil einer fast normalen Arbeitscrew seid, noch dazu für den Konzern, der noch gar nicht so richtig böse ist. Jedenfalls nicht, dass ihr und euer Working-Joe-Normalo-Held zum Start wüsstet. Keine MGs am Mech, keine Raketenwerfer, nur zu Fuß habt ihr ein MG, um euch gegen feindseliges Kroppzeug zu erwehren. Das aber auch mehr in einem Zusammenhang in dem Sinne, als dass Arbeiter im Amazonas wahrscheinlich irgendwo ein Gewehr für alle Fälle herumliegen haben. Man weiß halt nicht, was die Wildnis so zu bieten hat. Überraschend glaubwürdige Dialoge mit der Familie in der Ferne oder den Kollegen vor Ort, erste Aufträge, die euch den Planeten und seine Eigenheiten erklären, nichts deutet auf die konfuse Serienherkunft hin.

Beim dritten Anlauf müsste es ja langsam mal mit dem Hit klappen. Für Studio und Spiel.

Das liegt sicher nicht zuletzt an dem Outsourcing an Spark Unlimited. Die bisherige Ausbeute des Teams kann man getrost als durchwachsen bezeichnen. Turning Point gehörte zu den Tiefschlägen dieser Generation, Legendary war noch ganz ok und sie scheinen besser geworden zu sein. Zumindest lässt sich in den angespielten Abschnitten von Lost Planet 3 wenig von der sofort erkennbaren Holprigkeit dieser Titel blicken. Glatt geschliffen, wenn auch schwerlich beeindruckend, läuft das Spiel wie man es von einem nicht ganz AAA-Titel des Genrationsendes erwarten darf. Die Außenwelten wirken mit ihren Licht-bricht-auf-Schnee-Effekten ordentlich, die Animationen sind nicht mehr so steif, das könnte ein hübsches, visuell stimmiges Spiel werden.

Alte Bekannte.

Was dagegen nicht so richtig beeindruckte, war die Enge in den Stages. Der Weg ist vorgezeichnet, zweigte sich nur selten, und wenn überhaupt, dann absolut minimal ab und wirklich freie Abschnitte sind wohl auch später nicht zu erwarten. Optionale Missionen ja, aber so richtiges Erkunden des Planeten fällt aus. In diesen engen Gängen wurden dann für kurze Momente auch Erinnerungen an frühe Sparks-Titel wach. Geht ihr zu nah an die Alien-Ei infizierten Wände, dann wurden die Texturen und Polygone schon arg groß und unübersichtlich. Der zuvor durchaus vorhandene Charme begann immer wieder für Sekunden wegzubröckeln und baute sich nur langsam wieder auf.

Man sollte also lieber ein wenig auf Distanz bleiben und dazu gibt das Spiel als Deckungsshooter natürlich gute Gelegenheit. Es ist das übliche Spiel: Ihr kommt in die große Höhle, ihr seht die Barrikaden und oh, welch ein Wunder, Sekunden später kommt der dazu passende "Überraschungs"-Angriff. Wann werden sie es lernen? Wohl nicht mehr in dieser Generation. Umso erfrischender geben sich da die Bossfights, und zwar insoweit, als dass sie wenig bis keine Deckung bieten. Ihr müsst in Bewegung bleiben und euch an die Schwachstellen vorarbeiten. Dank einer recht präzisen und sicher nicht zu hektischen Steuerungen, funktionierte das sicher und präzise, jedoch nicht zu einfach. Machte echt Spaß, ich hoffe, dass sich das Spiel häufiger auf dieses Bewegungs-Geballer verlässt, statt stussige Deckungsbarrikaden in gleichmäßigen Abständen zu verteilen.

Im Multiplayer-Modus kehren dann die kleineren Mechs mit ihren MGs zurück und hier wurde schnell klar, dass der Fokus des Spiels auf seiner Kampagne und der dazugehörigen Handlung liegen dürfte.

Endlich steht die Kampagne wieder im Vordergrund, ...

Der Mech selbst dient trotz seiner nicht direkt vorhandenen handelsüblichen Bewaffnung keineswegs nur als Fortbewegungsmittel. Immer wieder kommt der Riese, gesteuert aus der sehr stimmigen Cockpit-Sicht, der die früheren Kampfanzüge weit überragt, gegen Bosse oder in Spezialevents zu Einsatz. Mit der Klaue greift man sich Riesen-Eiskrabben oder fremdartige Maschinerie. Das eine wird zerfetzt, das andere repariert. Der Bohrer knackt Chitinpanzer ebenso zuverlässig wie rohstoffreiche Böden und das natürlich aufrüstbare Teil gab sich versatil im Umgang mit der Umgebung. Weniger ist manchmal mehr und der Verzicht auf konventionelle Waffen am Mech gibt euch wirklich ein wenig das Gefühl auf diesem trostlosen Planeten einen Job zu erledigen zu müssen. Ihr fühlt euch dabei, als müsstet ihr improvisieren, um zu überleben und nicht wie die sonstig übliche austauschbare Soldaten-Baller-Marionette mit einer Ausrede zu sein.

Multiplayer? Vorhanden.

Im Multiplayer-Modus kehren dann die kleineren Mechs mit ihren MGs zurück und hier wurde schnell klar, dass der Fokus des Spiels auf seiner Kampagne und der dazugehörigen Handlung liegen dürfte. Es war nicht direkt schlecht, was einer Horde Redakteure da präsentiert wurde, aber es fühlte sich sehr ... uninspiriert an. Ja, das dürfte das richtige Wort sein. Selbst wenn sie es Akriden-Football nennen, ist es auch nichts anderes als die Flagge in die Heimat zu tragen. Das Teamplayer-Deathmatch wirkte sogar unnötig belastet, da ihr erst mit dem eigenen Team zwei Runden lang gelangweilt Monster töten müsst, bevor es endlich gegen die Anderen geht. Das hat was mit einem undurchsichtigen Punktesystem zu tun und nach zwei Durchgängen war mir nicht klar, warum das besser sein sollte, als sich einfach gleich auf die anderen Spieler zu stürzen. Wahrscheinlich, weil es nicht besser ist. Am unterhaltsamsten war noch der Piraten-gegen-Konzern-Soldaten-Modus. Der Konzern will einen Laster sicher durch ein Terrain bringen, die anderen müssen sie stoppen. Ist auch nur Team-Deathmatch, aber wenigstens ohne unnötige Verzögerung.

... während der Multiplayer die Story um die erwarteten Modi ergänzt.

Wer hätte es gedacht, Lost Planet sortiert sich doch noch mal, nachdem wahrscheinlich kein Spiel so konfus wie der Vorgänger von Lost Planet 3 daherkam. Jetzt gibt es wieder eine echte Geschichte und zu sagen, es wäre die bisher beste der Serie, würde ihrem ausgesprochen einladenden Ersteindruck nur schwer gerecht werden. Sie macht einen wirklich guten, interessanten und halbwegs ausgereiften Eindruck, der sich dann hoffentlich in der Kampagne über die komplette Spielzeit hinweg bestätigen wird. Die Technik mag nicht immer glänzen, die Mechaniken des ein wenig zu normalen Deckungs-Shooters lassen einen schon mal kurz Gähnen, aber der Ansatz des unbewaffneten aber alles andere als ungefährlichen Riesen-Arbeits-Mechs macht das bisher locker wett. Lost Planet 3 könnte die Serie in schon fast ernsthafte SciFi-Gefilde lenken, ein Platz, an dem ich sie bisher überhaupt nicht verortete. Solides Spiel, spannender Anfang, einige große Momente, ein Multiplayer, der ... vorhanden ist, es fällt mir nicht schwer, mich auf ein paar kühle Abende im August zu freuen. Eine willkommene Wahl für die Veröffentlichung eines Eis-lastigen Spiels.

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
In diesem artikel

Lost Planet 3

PS3, Xbox 360, PC

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