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Luigi’s Mansion 2 – Test

Ihr habt euch "lang" gewünscht, ihr habt "lang" bekommen. Nur leider nicht "besser".

Ihr sucht Hilfe zu diesem Spiel? Dann schaut doch mal hier: Luigi's Mansion 2 Cheats, Tipps und Tricks.

Das erste Luigis Mansion gehört eindeutig zu den Titeln, die für mich den GameCube als Konsole ausgezeichnet haben. Obgleich der vielen harten Ecken und Kanten versprühte es doch einen unvergleichlichen Charme und zeigte nebenbei, dass Luigi nicht immer nur die leidige Nebenrolle spielen muss. Liest man ältere Berichte zum Spiel, sickert ein Problem bei fast allen Personen durch. Zu kurz soll es mit knapp sechs Stunden gewesen sein, was mir nie so wirklich aufgefallen ist. Meiner Ansicht nach hatte es genau die richtige Länge, um alle Facetten der Spielmechanik auszunutzen. Jeder Raum war vollkommen anders und auch die zahlreichen Geister zeigten unterschiedliche Persönlichkeiten und machten das Abenteuer für mich so aufregend.

Trotzdem bin ich mit dieser Meinung ganz klar in der Minderheit und auch Nintendo scheint nur die Anklagen bezüglich der kurzen Spielzeit aufgenommen zu haben, was sich stark in Luigi's Mansion 2 widerspiegelt. An dieser Stelle ein sarkastisches Dankeschön von meiner Seite an alle, die blind nach mehr Inhalt geschrien haben, da sie ansonsten nicht all die freien Stunden im Tag füllen konnten. Ihr habt euren Wunsch erfüllt bekommen und damit leider ein wunderbares Spiel ruiniert. Zufrieden?

Aufgebläht

Ok, das mag zugegeben ein wenig stark klingen. Luigi's Mansion 2 ist sehr weit von einem schlechten Spiel entfernt, doch die Spuren der krampfhaften Streckung sind überall zu spüren. Anstatt wie im Vorgänger in eine riesige Villa geschmissen zu werden, klappert ihr nun fünf kleinere Häuser ab. Im Schnitt benötigt ihr für jedes Areal knapp unter zwei Stunden. Die eigentlich wertvolle Spielzeit davon schrumpft schlagartig um die Hälfte, wenn man den Aufbau genauer betrachtet.

Ihr spielt ein Areal nicht komplett am Stück bis zum Boss, sondern werdet nach mehr oder minder wichtigen Zwischenpunkten von Professor I. Gidd, zurück in sein Labor gebeamt.

Leider gibt es keinen 'Marioooooo'-Button mehr.

Das freie Erkunden der Häuser wird nämlich stark von der neu eingeführten Missionsstruktur unterdrückt. Ihr spielt ein Areal nicht komplett am Stück bis zum Boss, sondern werdet nach mehr oder minder wichtigen Zwischenpunkten von Professor I. Gidd, der wieder die Rolle des wirren Genies übernimmt, zurück in sein Labor gebeamt. Hier holt ihr euch eine Bewertung ab und lauscht unsäglich trägen Monologen. Man wird vollkommen aus der grandiosen Atmosphäre gerissen, nur um drei Minuten später wieder am gleichen Punkt weiterzuarbeiten. Der kleine Nervenzwerg lässt euch in den Missionen ebenso selten allein. Ungefähr alle fünf Minuten ruft Captain Obvious an, um komplett banale Informationen zu übermitteln. Die Folge sind ein vollkommen ruiniertes Tempo und eine in die Länge gezogene Spielzeit.

Dazu schmiss man noch ein paar Missionen rein, die den gleichen Gehalt einer der belanglosen Episode von Dragon Ball Z bieten. In fast jedem Gebiet findet ihr einen Schlüssel zum Bosskampf. Euch allerdings direkt zum Obermotz zu schicken, wäre natürlich viel zu kurzweilig. Also lässt man einen Geisterhund das Ding schlucken, den ihr dann 20 Minuten durch Räume verfolgen dürft, die ihr schon zuvor zweimal besucht habt. Das ist kein Backtracking, das ist reine Beschäftigungstherapie.

Frische Ideen an jeder Ecke

Ich würde mich ja nicht so darüber aufregen, wenn Luigi's Mansion nicht das innovativste Produkt wäre, das Nintendo für ihren Handheld produziert hätte. Abseits von der unnötigen Strukturbelastung sind alle Häuser auf Perfektion getrimmt. Keinen Raum seht ihr doppelt und sogar jeder Gang bietet seine persönlichen Merkmale, die ihn vom Rest absetzen. Und trotzdem passen sie alle wunderbar zusammen. Erinnert die erste Villa noch optisch an das alte Herrenhaus, so steht im nächsten Gebiet ein riesiger Baum zwischen zwei Gebäuden, die vollkommen von Pflanzen durchwachsen sind. Wenn Nintendo ein Handwerk beherrscht, dann ist es Level-Design.

Es sind aber nicht nur das Aussehen und das gruselige Ambiente, das die Häuser so einzigartig macht. Vielmehr sind es die interaktiven Möglichkeiten und die damit verbundenen Rätsel, die Luigis Werkzeuge perfekt ausnutzen. Der ängstliche Geisterjäger hat bei seinem zweiten Einsatz natürlich wieder einen Staubsauger auf den Rücken geschnallt, mit dem er nicht nur Geister, sondern auch Dinge in seiner Umgebung ein- oder ansaugen kann. Reißt Vorhänge von versteckten Objekten oder entfernt Schnee am Boden. Schleudert brennende Kohle auf vereiste Türen oder tragt einen Eimer voller Wasser zu einer ausgetrockneten Blume. Solch endlosen Nutzungsmöglichkeiten sieht man selten.

Doch der Staubsauger ist nur ein Teil von Luigis Repertoire. Eine Taschenlampe sorgt für Licht und kann nach einem Upgrade sogar mechanische Schalter aktivieren. Als Neuzugang im Arsenal begrüßt ihr das Dark Light, mit dem ihr unsichtbare Objekte in der Umgebung aufdeckt. Viele Rätsel verlangen, dass ihr euch genau umseht und verschiedene Zeichen erkennt, die auf versteckte Dinge wie Türen oder Schatztruhen hinweisen. Neben Geld, das ihr dieses Mal für Verbesserungen eurer Ausrüstung einsetzt, könnt ihr in jedem Gebiet äußerst fies verborgene Edelsteine entdecken. Obwohl ich wirklich sorgsam vorging und jeden Raum mehrmals untersuchte, befanden sich zum Schluss nur knapp zwei Drittel aller Geheimnisse in meiner Tasche. Dabei glaube ich nicht einmal, dass ich jede der versteckten Bonusmissionen gefunden habe, die meist aus kurzen Reaktionstests bestehen. Das ganze Füllmaterial wäre gar nicht nötig gewesen.

Es darf auch etwas weniger sein

Was, schon so weit unten im Text? Sollte ich wohl mal besser über das Kampfsystem reden. Vielleicht habe ich es so weit nach hinten aufgeschoben, weil ich mir immer noch ein wenig unschlüssig bin. Im Grunde genommen hat man am alten Gerüst nur ein wenig geschraubt und ein paar Teile hinzugefügt. Wie schon zuvor wartet ihr, bis sich ein Gespenst zeigt, um es mit der Taschenlampe zu blenden. Anschließend startet ihr den Staubsauger und kämpft gegen den Zug des windigen Widersachers an. Haltet dabei den Stick in die entgegengesetzte Richtung, um die Lebenspunkte der Kreatur zu dezimieren, sodass sie schließlich in eurem Beutel landet. Für ein wenig mehr Taktik bei Kämpfen sorgen die Schockwellen, deren größere Stufen ihr später freischaltet. Je länger ihr ein Gespenst festhaltet, desto länger steigt die Leiste. Betätigt ihr die Schockwelle an einem höheren Punkt, richtet ihr mehr Schaden an. Dafür seid ihr aber den Angriffen anderen Geister wehrlos ausgesetzt. Optimaler Einsatz erfordert eure perfekte Positionierung. Haltet euren Lichtblitz auf möglichst viele Geister gleichzeitig gerichtet, um das Feld sicher zu gestalten.

Im Multiplayer-Modus könnt ihr mit bis zu drei Leuten auf die Jagd gehen, wobei mit mehr Leuten die Layouts und Wellen komplexer werden.

Aber immerhin summt Luigi noch die Titelmelodie beim Laufen mit.

Klingt doch super. Wo ist jetzt das Problem mit dem inneren Konflikt? Nun ja, dieser liegt eher bei den Geistern, die nicht sonderlich interessant sind. Abseits der wirklich glorreichen Bosskämpfe - wann habt ihr das letzte Mal eine böswillige Treppe bekämpft? Genau! - fallen die normalen Gespenster in sieben Kategorien, von denen nur die simpelsten im Verlauf des Abenteuers neue Werkzeuge ergreifen und euch so plötzlich zu neuen Taktiken fordern. So werden die Auseinandersetzungen nach einer gewissen Zeit etwas uninteressant, besonders bei Missionen, die euch noch einmal durch alte Räume führen und dann in jedem zweiten eine weitere Feindeswelle bereitstellen.

Deswegen hat mir der neue Multiplayer-Modus auch weniger zugesagt. Hier könnt ihr mit bis zu drei Leuten auf die Jagd gehen, wobei mit mehr Leuten die Layouts und Wellen komplexer werden. Da ich nach dem Singleplayer allerdings nicht weiter gegen die immer gleichen Geister kämpfen wollte, habe ich nach ein paar Runden aufgehört. Ist nett, vor allem da die Richtungsanweisungen für andere Spieler durch das Antippen des Bildschirms prima funktionieren, etwas besonders Großartiges müsst ihr aber nicht erwarten. Mehr Inhalt eben.

Lieber hätte man die Zeit dafür in die Geister selbst investieren sollen. Denn ich vermisse die Gespenster aus Luigi's Mansion, die alle ihre eigene Persönlichkeit und Fähigkeiten hatten. Manchmal musstet ihr gar nicht gegen sie kämpfen, sondern nur einen Weg finden, wie ihr sie sichtbar oder gegen eure Taschenlampe anfällig macht. Sie waren eigene Rätsel, die das gesamte Spiel vor Charme haben sprühen lassen.

Zum Glück füllt Luigi als schweigsamer Protagonist - er blubbert nur ein paar Drei-Wörter-Sätze - diese Lücke. Lasst Mario von mir aus in seiner persönlichen Hölle aus ewigem Prinzessinretten und Kartfahren versinken, ich will mehr Luigi. Selten habe ich bei Slapstick-Einlagen einer Figur so herzhaft schmunzeln oder sogar laut lachen müssen. Oft wirken tollpatschige Einlagen zu sehr gestellt und erzeugen statt der gewünschten Lacher nur einen Schlag vor die Stirn. Nicht so hier.

Ich weiß nicht, ob Nintendo ein paar Leute von Pixar irgendwo im Keller gefesselt hält, denn eine so überzeugende Darbietung einer Spielfigur bin ich einfach nicht gewohnt. Direkt zu Beginn vermittelt Luigi den Eindruck, dass er gar nicht hier sein möchte und viel lieber zu Hause auf seiner Couch gammeln würde, von der es ihn am Anfang so barsch riss. Seine eingeknickte Haltung, die beängstigten Augen, der wobbelnde Gang, einfach alles an Luigis Körpersprache ist perfekt umgesetzt und macht ihn zum sympathischsten Nintendo-Charakter aller Zeiten. Er ist kein fehlerfreier Mario, fällt mehrmals auf die Nase und versucht sogar, zwischen all dem Trubel auf einer Sonnenliege zu schlafen. Es ist unmöglich, den unförmigen Klempner nicht zu lieben.

Und ich könnte sein Spiel genauso lieben, wenn man es nicht auf die Streckbank gezwungen und mit zusätzlichen Mist unterfüttert hätte, den kein Mensch braucht. Ja, anstatt sechs benötigt ihr nun zehn Stunden bis zum Abspann, doch die hätte man auch allein durch das Suchen nach Schätzen oder verbesserten Highscores hinbekommen. Leider kann ich es Nintendo nicht so sehr ankreiden, wenn die Leute nun einmal danach schreien, was ich für vollkommen falsch halte. Die Länge einer strikten Kampagne darf nur so lang sein, wie sie Spiel selbst tragen kann. Restlicher Inhalt sollte durch Motivation für erneute Spiel-Durchgänge oder sonstige Aufgaben angestrebt und nicht dem Spieler ohne seine Zusage in den Hals gedrückt werden. Zumindest hoffe ich, dass jetzt alle, die nach einem längeren Singleplayer schreien, Luigi's Mansion 2 kaufen und nicht plötzlich in die andere Richtung meckern.

Es klingt vielleicht etwas härter, als das Spiel es letztendlich verdient hat, doch manchmal muss eben klar gemacht werden, wenn ein Spiel durch unkluge Richtungsvorgaben Schaden nimmt. Dank der wunderschönen, bis zum Rand mit Schätzen und Rätseln gefüllten Häuser sowie einer der besten Figuren aller Zeiten, bleibt Luigi's Mansion weiterhin ein gutes Spiel, es ist nur leider kein Fantastisches mehr.

7 / 10

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