Madden NFL 08
Endlich 'Next-Gen'!
Der gute Eindruck setzt sich auf dem Spielfeld im Wesentlichen fort, auch dort nicht zuletzt dank einiger neuer Features. Richtig angetan hat es mir in erster Linie das so genannte Waffensystem, das besondere Spieler deutlicher hervorhebt und ihnen vor allem mehr Individualität als in der Vergangenheit zuschreibt: Es gibt Quarterbacks, die ein Spiel lesen und so die Verteidigung ausmanövrieren, auf der anderen Seite aber ebenso Defensivspieler, die Spielzüge der Angreifer im Voraus erkennen. Runningbacks, die jeden Gegner umwalzen können, aber genauso welche, die durch Schnelligkeit und Beweglichkeit punkten. Receiver, die jeden noch so unmöglichen Ball fangen, und Receiver, die es geradezu lieben, wenn ihnen ein Verteidiger auf Schritt und Tritt folgt. Jeder Spieler, der über eine dieser Spezialfähigkeiten verfügt, ist dadurch ein bisschen anders und wird nicht mehr allein anhand von Attributen wie Geschwindigkeit und Stärke definiert.
Der einzige echte Schwachpunkt dieses Systems ist, dass man anfangs ob all der besonderen Spieler und Eigenschaften schnell den Überblick verlieren kann. Zumal Electronic Arts die ohnehin schon recht hohe Komplexität auch in anderen Bereichen ausgebaut hat: Bei der Pre-Snap-Kontrolle etwa, also der Steuerung vor dem Beginn eines Spielzugs, dürfte bald jeder Button des Gamepads belegt sein. Man gewöhnt sich daran, da einige Optionen sowieso nur sehr selten Verwendung finden, aber einsteigerfreundlich ist Madden NFL 08 definitiv nicht.
Zusätzlich haben die Entwickler im Vergleich zum Vorgänger den Schwierigkeitsgrad ein gutes Stück angehoben, was unter anderem der in diesem Jahr stärkeren KI zuzuschreiben ist. Gerade unter Druck und in ungewöhnlichen Situationen agiert der Computer eindeutig geschickter. So kommt es unter anderem durchaus vor, dass ein Quarterback seine Pocket verlässt, wenn ein Verteidiger auf ihn zustürmt, um den Ball ohne Strafe wegschleudern zu können. Oder dass sich ein Receiver größte Mühe gibt, einen Pass am Spielfeldrand zu fangen, ohne dabei ins Aus zu laufen.
Leider weniger gelungen sind die Special Teams: Um einen Field Goal zu verschießen, muss man sich selbst aus großer Entfernung schon sehr anstrengen, ganz zu schweigen davon, dass jeder Spieler bei einem Kick off den Ball über die gegnerische End Zone hinaus befördern kann. Genauso lässt das Verhalten der KI-Spieler bei Kick off Returns zu wünschen übrig. Insgesamt ein nicht unbedingt großer, aber vermeidbarer Schwachpunkt. Ebenfalls nicht durchweg überzeugen kann die Physik bzw. Kollisionskontrolle, hüpft der Ball bei aus der Luft geschlagenen Pässen doch gerne unorthodox zwischen zwei Spielern hin und her.
Größer und ein wenig ärgerlicher sind allerdings die Schwächen bei der Präsentation von Madden NFL 08: Von der früher vermittelten TV-Atmosphäre ist in diesem Jahr nichts zu spüren, obwohl Electronic Arts weiterhin mit dem US-Sender ESPN zusammenarbeitet, der im Spiel jedoch kaum Präsenz zeigt. Unerträglich ist gar der Kommentator, der wohl eine Art Radio-Flair rüberbringen soll und einem damit nach kürzester Zeit schlichtweg jeden Nerv raubt. Immerhin ist die Stadionatmosphäre (inklusive Spieler-Trash-Talk) brauchbar - auch wenn man bezweifeln mag, ob ein echtes Heimpublikum bei zwanzig Punkten Rückstand oder mehr weiterhin gut gelaunt sein Team anfeuern würde.
Wenige Veränderungen letztlich erwarten Euch beim Onlinepart, der via Xbox Live bis auf seltene Lags sehr ordentlich funktioniert, aber nicht ganz den erhofften Umfang bietet. Komplette Saisons etwa könnt Ihr online leider nicht spielen.
Alles in allem darf man die jüngste Madden-Version aber als die erste echte Next-Gen-Ausgabe bezeichnen, wozu auch die starke Grafik - von den Stadien über die Spielermodelle bis hin zu den Animationen - ihren Teil beiträgt, wenig schwerwiegende Clippingfehler außen vor gelassen. Da Auswahl und Umfang der Spielmodi (wieder) stimmen, kann man über die wenigen kleinen Schwächen gerne hinwegsehen. Denn da, wo es wirklich wichtig ist, punktet Madden NFL 08 und so kann ich es erstmals nach drei Jahren wieder jedem Football-Fan nur ans Herz legen.