Maneater - Das Open-World-Hai-RPG ist jetzt etwas, das es gibt
Watch out boy, he'll chew you up …
Für Trash ist es viel zu gut. Für ein "echtes" Spiel ... Ich robbe gerade mit meinem weißen Hai über den Strand, auf der Suche nach mehr leckerem Futter und danach werde ich Krokodile und Fische fressen. Handlung? Nun, die Prämisse ist: "Du bist ein Hai, du tust, was Haie tun." Das ist ein recht beschränktes Spektrum. Herumschwimmen. Alles Fressen, was bei drei nicht aus dem Wasser ist (und manchmal auch das). Kleine Haie produzieren. Ist recht übersichtlich als Lebenskonzept und auch nicht weiter verwerflich. Aber als Spielkonzept?
Nun, es klappt. Irgendwie. Zumindest schon mal für die erste Stunde. Und ja, es gibt auch deutlich mehr "Story", im Grunde ist sie dem unsäglichen "Der Weiße Hai 3: Die Abrechnung" sehr ähnlich, nämlich, dass ihr als Abkömmling des nach dem Tutorial erlegten Weißen Hais Rache nehmt. Menschliche NPCs tauchen als Jäger immer wieder auf und machen euch das Hai-Leben schwer, manchmal nicht ohne Grund, schließlich nagt ihr auch an allem, was da kommt. Es macht wenig Sinn, auch, dass ihr ein "Elektro-Hai" werden könnt als einer der drei Fertigkeitenbäume - ein anderer wäre Panzer-Hai, im Sinne von Dickhäutigkeit, leider nicht im Sinne eines 120mm-Geschützes. Aber dann wieder ist alles ein Videospiel und nichts hier nimmt sich übertrieben ernst, selbst wenn hier und da legitime Hai-Fakten als Info-Schnipsel aufpoppen.
Das Tutorial zeigt dabei auch gleich, dass hier alles Futter ist. Gleich der erste menschliche Kontakt endete mit meinem aus dem Wasser hüpfenden Hai, der über einem Jetski hüpfte und im Sprung den Fahrer mitnahm. Danach ging es ordentlich zur Sache, während ich mich durch dutzende Küstenwächter und Badegäste mampfte, gelegentlich auch mal einen Fisch-Snack mitnahm und mich an der Asylum-Version von der Weiße Hai erfreute.
Das endet im ersten echten Level natürlich recht zügig, denn als Baby-Hai steht ihr nicht gerade an der Spitze der Nahrungskette. Schnelle andere Fische sehen euch als Snack, Krokodile in der stimmig beleuchteten Bayou-Sumpf-Welt sind einer Hai-Diät nicht abgeneigt und so geht ihr durch einen Zyklus aus Fressen und möglichst nicht gefressen werden. Ihr findet Höhlen, die als Schnellreisepunkte und Orte zum Upgraden des Hais herhalten und sehr schnell fühlt sich alles ein wenig nach einem Ubisoft-Open-Worlder an, was klar als Vorlage für das übergreifende Design herhielt.
Nach und nach bekommt ihr "Missionen", die an Komplexität scheinbar häufig genug "fresse dies oder fresse das" kaum übersteigen dürften. Oft genug ist das natürlich leichter gesagt als getan. Die wichtigsten Gegner, die euch viele Erfahrung und Upgrade-Punkte bringen sind Apex-Räuber, große Versionen der normalen Gegner und die versnacken euch ziemlich fix, wenn ihr nicht aufpasst. Ihr könnt auch sicher davon ausgehen, dass später, wenn ihr den halbwegs sicheren Sumpf gegen die echte, große offene Wasserwelt eintauscht, die Menschen eine größere Rolle spielen werden, schließlich kommen sie im Tutorial ja schon mit Booten und Harpunen als Hai-Jäger daher.
Aber wie spielt es sich als Hai eigentlich? Meine größte Sorge war die Steuerung, schließlich ist der Unterwasser-Level in Sachen Kontrollen meist der Niedergang selbst guter Spiele. Aber das hier wurde solide gelöst. Es spielt sich fast wie eine sehr wendige, gelungene U-Boot-Simulation, nur, dass der Hai keinen Rückwärtsgang hat. Nach fünf Minuten bewegt man sich natürlich und sicher durch das Nass und dank Auto-Lock-On habt ihr auch kein Problem Futter und Feinde anzuvisieren und mit einem schnellen Flossenschlag in Richtung eures großen Mauls zu befördern.
In einem echten Kampf gegen große Feinde ist es dann auch fast ein Dogfight aus einer Flugsimulation. Einer, bei dem die Flugzeuge nur Nahkampfwaffen haben, aber trotzdem. Es geht um Anvisieren, Zuschlagen, schnell die Orientierung wiederfinden und auch notfalls mal Haken schlagen und Flüchten, um mittels ein paar Snacks die Lebensenergie wiederherzustellen und den Kampf fortzusetzen. Ihr habt einen Flossenschlag, der Gegner kurz betäubt, könnt die Beute im Maul für mehr Schaden schütteln, müsst euch selbst mitunter befreien, ihr habt ein paar Optionen und etwas Tiefe, die später durch mal mehr, mal weniger realistische Upgrades erweitert wird - siehe Thema Eletro-Hai. Erneut, all das steuert sich weit besser als ich je gedacht hätte und machte für ein Stündchen zumindest wirklich Spaß.
Ich freue mich auch ehrlich auf die offene Welt. Das Bayou sah schon über wie unter Wasser durchaus nett aus. Nicht ganz GTA-V-nett natürlich, aber Wracks, Höhlen und vieles mehr sollen zur Erkundung der hübsch ausgeleuchteten Welt einladen. Selbst wenn die Story-Motivation auf dem Level bleiben sollte, den ich erwarte und das Upgrade-System als Anreiz nicht reicht, dann sehe ich mich trotzdem als gefräßiger Unterwasser-Tourist für ein ganzes Weilchen hier herumschwimmen.
Also ja, von einem gewissen Standpunkt aus - Prämisse, Story und biologisch korrektes Aufwachsen eines Elektro-Hais - ist Maneater Trash-Gaming. Aber auf eine gute Art, denn technisch wie auch spielerisch ist das hier alles grundsolide. Ich bin mir nicht sicher, ob die umfangreichen Progressions-Systeme als Motivation reichen, aber allein schon sich durch die bunte Welt zu knabbern und an den gelungenen Hai-Bewegungen zu erfreuen dürfte für ein Weilchen Spielspaß gut sein. Das wird jetzt nicht der große Geheimtipp 2020, aber als Spiel ist es weit legitimerer, ehrlicherer Spaß als ich es erwartet hätte und ganz sicher nicht auf dem Level von klassichen Hai-Bug-Granaten wie Jaws Unleashed (2006). Nein, Maneater wird das definierende Hai-Spiel unsere Generation werden. Falls es das war, was euch zum Gamer-Glück noch fehlte.
Lest hier weitere News, Informationen und Artikel zu den Themen Open-World und Action-Adventure.
Entwickler/Publisher: Tripwire Interactive/Deep Silver, Koch Media Erscheint für: PC, Switch, PlayStation 4, Xbox One - Geplante Veröffentlichung: 2020 - Angespielt auf Plattform: PC