Marathon: Durandal
Jeder fing mal klein an
Die jüngste Veröffentlichung auf Xbox Live Arcade ist für alle unter Euch, die behaupten, dass früher einfach alles besser war. In einigen Fällen mag das vielleicht auch zutreffen, schließlich ist und bleibt Tetris für den klassischen Game Boy zweifellos die beste Fassung des Spiels, auch 18 Jahre nach dessen Veröffentlichung.
Wesentlich später, genauer gesagt 1994, erschien mit Marathon eine Ego-Shooter-Trilogie im Stile der frühen Titel von id Software, der von einer kleinen Firma namens Bungie produziert wurde. Heute ist die Firma dank der Halo-Serie allen Action-Fans wohlbekannt, und wenn man das Frühwerk mit beispielsweise Halo 2 vergleicht, dürfte selbst beinharten Retro-Freunden das letzte Argument genommen sein.
Ursprünglich ist die Marathon-Trilogie fast ausschließlich auf Macs erschienen, einzig der auch jetzt auf XBLA zu findende zweite Teil Durandal wurde in Deutschland 1995 mit mäßigen Erfolg auf PC veröffentlicht und dürfte daher den meisten unter Euch nicht bekannt sein. Der damaligen Übermacht des Genre-Kollegen Doom war Bungies ambitionierter Shooter nicht gewachsen. Die absolut verwirrende Geschichte um S'pht, Lh'owon, Pfhors und S'bhuth trug auch nicht gerade zum Massenappeal bei. In diesem Fall muss ich auch ganz klar gestehen, ich habe das nicht geblickt. Die Story-Schnipsel, die während des Spiels eingestreut werden, um die Missionen etwas ausführlicher zu erklären, lesen sich zum Teil wie medizinische Fachberichte. Lasst uns daher keine Zeit damit verschwenden, sondern gleich zu den interessanten Details weitergehen.
Die ersten Minuten im Spiel fühlen sich so an, als würde Euch einer eine hochauflösende Version von Doom vorsetzen. Das heißt, die Gegner sind nur wandelnde Tapeten, Einschusslöcher bleiben kurzzeitig in der Luft kleben und alles wirkt irgendwie extrem grobklotzig, aber eben in HD. Das alte Aussehen in 720p hochskaliert – auch mal eine nette Idee. Sonst gelten eigentlich die gleichen Regeln wie im id-Shooter: Kurz schauen wo der Feind ist, und dann drauf.
Und doch ist Marathon mehr als simple Monsterhatz. Statt sich einfach nur zum Ausgang durchzukämpfen, muss in Marathon: Durandal mit viel mehr Köpfchen vorgegangen werden. Verschlungene Levels und anspruchsvolle Missionen verleihen dem Spiel erstaunlich viel Spieltiefe und rücken es verdächtig nahe an moderne Action-Adventures. Leider wird es dadurch im späteren Verlauf mitunter etwas frustrierend, weil nicht immer klar ist, was als nächstes zu tun ist.
Muss ich nun hier die Schalttafel zerstören oder diesen Schalter umlegen, damit ich am anderen Ende des Abschnitts die verschlossene Tür öffne? Oder umgekehrt sucht Ihr nach irgendwelchen Schalttafeln, damit sich ein anderes Panel öffnet. Dreh- und Angelpunkt der Missionen sind Computer-Terminals, auf denen Ihr Eure Einsatzbeschreibung nachlesen könnt, neue Ereignisse triggert oder durch die Ihr in den nächsten Abschnitt transportiert wird.
Auch wenn Ihr vermutlich mit der Solo-Kampagne richtig viel zu tun habt, ist dem Spiel ein umfangreicher Mehrspieler-Part beigepackt. Beeindruckend ist dieser vor allem deswegen, weil sich darin viele Modi finden, die die meisten unter Euch auch von Halo 2 kennen. Allerdings wurden diese nicht erst jetzt hinzugefügt, sondern waren bereits in der Ur-Version vorhanden. So dürft Ihr über Xbox Live neben dem obligatorischen Deathmatch beispielsweise „König des Hügels“ spielen. Dazu gesellt sich noch ein Koop-Modus, den Ihr, wie alle Mehrspieler-Modi, auch über System Link oder im Splitscreen zocken könnt.
Ob das umfangreiche Marathon: Durandal aber die saftigen 800 Punkte wert ist, muss jeder für sich entscheiden. Schließlich handelt es sich hierbei um einen simplen Port, nicht aber ein Update wie bei Prince of Persia – was durchaus schade ist, denn das Auge isst ja vor allem auf der Xbox 360 mit. Gerade im Bereich der Ego-Shooter hat sich doch verdammt viel in den letzten 13, 14 Jahren getan, was man dem Spiel deutlich anmerkt. Wer sich auf nostalgische Shooter-Pfade begeben will, bekommt für seine Punkte definitiv einiges geboten.
Nostalgische Ego-Shooter-Fans dürfen seit dem 1. August für 800 Microsoft-Punkte in die Vergangenheit reisen.