Mario & Luigi: Brothership ist das Assassin’s Creed: Black Flag der Serie
Neue Frische dank Fernweh und Entdeckerlust
Dafür, dass einige von uns die Switch schon gefühlt seit zwei, drei Jahren abgeschrieben haben, um uns auf den Nachfolger zu freuen, hat Nintendos Handheld-Konsolen-Hybrid schon zum wiederholten Male ein starkes Jahr. Klar, es waren auch viele (gute) Remakes dabei, aber mit Echoes of Wisdom hatte niemand gerechnet und nun schickt sich Mario & Luigi Brothership ebenfalls mehr oder weniger aus dem Nichts an, massenhaft Herzen zu schmelzen. Genug zum Spielen gibt es in jedem Fall.
Letzte Woche durfte ich Mario & Luigi: Brothership eineinhalb Stunden bei Nintendo in Frankfurt und wenn ich eine Sache aus dem Termin mitgenommen habe, dann dass sich der erste Teil seit neun Jahren so wahnsinnig frisch anfühlt, dass selbst ich weich wurde. Ich muss nämlich zugeben, dass ich der Formel im letzten Teil, den ich spielte – Dream Team Bros. – mehr als nur ein wenig müde war. Vielleicht ist es all die Zeit, die seither vergangen ist, vielleicht aber auch Brothership selbst, das einfach sehr viel richtig macht. Ich wollte jedenfalls direkt weiterspielen und war fast ein bisschen traurig, als es an die Heimreise ging.
Ich musste viel daran denken, dass damals Assassin’s Creed Black Flag Ähnliches für Ubisofts Attentäterreihe getan hat und muss immer noch darüber schmunzeln, dass es auch hier ein Schiff ist, das “Brothership”, wie sich die schwimmende Insel Kapitabora auch nennt, das zumindest vordergründig den Unterschied macht. Keine Sorge, zu Piraten werden die Brüder auch im neuen Teil nicht, aber das Gefühl dafür, unterwegs zu sein, sich die Weite zu erschließen und am Horizont ein neues Eiland vorbeischwimmen zu sehen, daraus zieht Brothership eine Menge Reiz.
Mario & Luigi ist erneut ziemlich lustig
Denn, seht ihr, das Land Konektania ist zu mehreren einzelnen Inseln zerbrochen und es ist an Mario und Luigi, die einzelnen Inseln zu erreichen und mittels Magie wieder miteinander zu verbinden. Ihr segelt also entlag vorgegebener Strömungen immer im Kreis, bis ihr an einer Abzweigung zum nächsten Strom abbiegt, und entdeckt nach und nach Inseln durch eure Teleskop-Kanonen-Kombination. Schießt euch hinüber auf die Insel, löst dort die Quest nach Muster eines Action-Adventures mit rundenbasierten, aber doch aktiven JRPG-Kämpfen und ihr bekommt am Ende die Gelegenheit, das Stück schwimmende Erde wieder an den Rest zu koppeln.
Zunächst wusste ich nicht, was ich von der Optik halten sollte. Für mich fand sie nicht so recht den besten Mittelweg zwischen Cell-Shading und detaillierter texturierter Bonbonwelten. Auch die Brüder selbst wirken ein wenig wie die Samstagmorgen-Cartoon-Version ihrer selbst. Meine Zweifel an der Art-Direction schmolzen aber mit jedem Meter weiter dahin, denn die Animationen sind einfach zu sympathisch, zu ausdrucksstark. Schon mit der ersten Aktion, bei der sich die beiden nach Twistee Island schießen lassen, war es um mich geschehen: Während Mario mit graziler Vorwärtsrolle seinen Landfall macht, kracht Luigi mit voller Wucht in eine Tanne.
Es ist nur die Erste von vielen, vielen Slapstick-Szenen, aber es bleibt nicht bei so stumpfen Gags. Mein Highlight war ein Spezialmove, der die Brüder auf der Oberwelt in eine Art fliegenden Kreisel verwandelt, mit dem sie höhere Gebiete erreichen. Der beginnt nämlich damit, dass die beiden eine Standardtanz-Haltung einnehmen – Luigi darf sogar führen – bevor sie sich wie eine Frisbee mit Schnäuzer in die Lüfte schrauben. Ich lief eine ganze Weile in dieser engen Ausgangshaltung umher, wie in einem albernen Tango, und freute mich der Liebe zum Detail und der herzerwärmenden Albernheit dieser Bewegungsabläufe.
Auf den Inseln selbst, kommt einem vieles bekannt vor: Nintendo verwandelt JRPG-Modell nach Mario-Art durch zeitsensitives Eingreifen des Spielers in eine schön aktive Variante von Final Fantasy. Jeder der beiden hat eine eigene Taste zum Springen in den simplen Platform-Sequenzen und für Attacken, mit denen man ein Rundengefecht gegen die sichtbar in der Welt umherlaufenden Gegner startet. In den Kämpfen setzt sich die aktive Ader nahtlos fort: Hier wird zusätzlich für Abwehrmanöver jeweils eine charakterspezifische Taste benutzt und sowohl Mario als auch Luigi vollführen andere Varianten derselben Bruderaktion.
Aktiver JRPG-Kampf, wie man ihn kennt und liebt
Während Luigis Bruderattacke ein grüner Koopa-Panzer ist, den die Brüder allen Gegnern abwechselnd gegen den Kopf donnern, der aber fliegende Feinde verfehlt, trifft Marios roter Panzer nach einer Serie von Doppelpässen nur ein Monster, das aber garantiert. Und so gibt es für alle Aktionen eigene Timings und Minispiele, sodass die Kämpfe niemals langweilig werden. Weitere Variationen kommen durch die Stecker hinzu. Dabei handelt es sich um Perks, von denen man immer zwei zugleich aktiv haben kann. Nach einer bestimmten Zahl von Einsätzen, sind diese aber “leer”, woraufhin sie sich erst wieder aufladen müssen. Manche Stecker sind simple Boni auf bestimmte Werte. Aber einer verpasste den Gegnern bei bestimmten Attacken den Zustand Schwindel, während ein anderer dafür sorgte, dass der Schaden eines Angriffs auch auf nahe Feinde überschwappte.
In der Oberwelt gibt es zwischendurch immer mal wieder Geschicklichkeitsaufgaben und Rätsel unterschiedlicher Art. Eine gestrandete Insulanerin mussten wir an einen anderen Ort tragen, weil sie sich im Dschungel vom Ungeziefern nur so belagert fühlte. Um Anhöhen zu überwinden, konnten Mario und Luigi sie hin und her reichen, was nett war, weil es verdeutlichte, warum zwei Brüder manchmal besser sind als einer. An anderer Stelle setzte es eine Tanzeinlage nach Rhythmusspiel-Art und auf der zweiten Insel, die ich erkundete, musste ich ein gigantisches, mechanisches Labyrinth durch Drehen des inneren und äußeren Labyrinth-Ringes durchqueren.
Abwechslungsreiche Oberwelten
Hier kam das neue Element der Luigidee zum Einsatz. Meist geht es dabei nur darum, dass ihr Luigi versteckte Schätze ausgraben lasst oder er anderweitig sinnstiftende Dinge unabhängig von Mario tut. In diesem Fall jedoch blieb der grüne Bruder aber unten beim Knopf stehen, während Mario einen Turm erklomm, um sich einen Überblick übers Labyrinth zu verschaffen. Mit Luigis Angriffstaste drehte man dann die Ringe des Labyrinths. Es ist schön, dass sich Nintendo trotz des Bruderdoppelpacks Gedanken machte, wie man die beiden auch getrennt voneinander einsetzen kann.
Insgesamt war es aber tatsächlich das Schiff selbst, auf dem man zwischen den einzelnen Inseln immer mehr Dinge entdecken und freischalten soll, das für mich den Unterschied machte. Zwar segelt es komplett automatisiert auf den vorgegebenen Bahnen dieses Meeres. Aber nicht zu wissen, was man in der Ferne entdeckt und das Gefühl, in der Fremde unterwegs zu sein, war in diesen Momenten besonders stark. Das erste Mal eine Insel sich am Horizont aus dem Nebel schälen zu sehen, das ist jedes Mal aufs Neue das Versprechen eines kleinen, lustigen Abenteuers, auf das man sich freut. Ein schöner Effekt. Ich habe lange nicht an Mario & Luigi gedacht. Seit letzter Woche schippern sie auf Kapitabora ununterbrochen durch meinen Kopf.