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Marvel Ultimate Alliance

Superhelden mit Schüttelkrankheit

Im Comic-Universum der Superhelden scheiden sich die Geister der Fans oftmals in zwei Gruppen. Die eine favorisiert die Heroen des DC-Verlags, die andere schwört auf die Marvel-Sippe. Zu beiden Heldenfraktionen gab es in den letzten Wochen Videospiele, doch nur Marvels Recken fanden in Marvel Ultimate Alliance nun auch den Weg auf die Wii, und verteidigen dort wie gehabt die Menschen gegen die Machenschaften der Fiesewichter. Allen voran gegen einen gewissen Dr. Doom, der sämtliche Super-Schurken unter dem Dachverband "Masters of Evil" zusammentrommelt. Wir haben uns ebenfalls in Spandexhosen geworfen und ein flottes Cape umgehängt, um mit Wiimote und Nunchuk bewaffnet den Kampf gegen das Böse aufzunehmen.

Helden-Dompteur

Wie die meisten Spiele des Start-Lineups von Nintendos Wii, ist auch Marvel Ultimate Alliance lediglich eine Portierung eines bereits erhältlichen Titels. Inhaltlich hat sich demnach nichts geändert, nur die Steuerung wurde entsprechend an die speziellen Wii-Controller Wiimote und Nunchuk angepasst und mit Gesten-Erkennung ausgestattet. Damit die Kontrolle über Spider-Man, Wolverine & Co. nicht schon vor dem ersten Level den Bach runter geht, dürft Ihr vor Spielbeginn eine kurze Kalibrierung der beiden Controller vornehmen, bei der sich anhand der fünf Grundbewegungen (Auf, Ab, Schütteln etc.) die Erkennung Eurer Aktionen einpegelt.

Die Protagonisten bewegt Ihr mit einer Kombination aus Nunchuk-Analog-Stick (Laufen, Springen, Kamera) und Gesten-Steuerung, sowie Knopfdruck der Wiimote (Kampfmoves) durch das Abenteuer. Recht gut gelungen, wenn auch gewöhnungsbedürftig und einen Tick zu träge, gestaltet sich dabei das Drehen der Blickrichtung, die Ihr durch simples Neigen des Nunchuk verändert. Bis auf einige Stellen, in denen das Spiel automatisch eine Spur näher an die Gruppe heranzommt, seht Ihr die vier Helden stets aus der Vogelperspektive. Das sorgt meist für den notwendigen Überblick, nur selten geraten die Helden aus dem Blickfeld. Beispielsweise dann, wenn sich die drei von Euch nicht gesteuerten Teammitglieder selbstständig machen. Sie lassen sich zwar mit simplen Befehlen (Folgen, Attackieren, Warten) lenken, agieren jedoch trotzdem manchmal zu autark.

Immer feste druff!

Ahhh, Rotlichtbestrahlung, genau das hat mein Rücken jetzt gebraucht!

Sobald Feinde anrücken, was natürlich fast ständig der Fall ist, geht's ans Eingemachte und Ihr setzt die Wiimote für verschiedene Angriffschläge ein: Schwenkt sie nach unten (Betäubungsschlag), nach oben, nach links oder rechts, schüttelt den Controller für einen Block (Alternative: Z-Taste) oder reißt die Fernbedienung hoch. Darüber hinaus ist es möglich, herumliegende Gegenstände als Waffe einzusetzen und damit auf die Feinde einzuknüppeln (Z-Taste). Was dazu gedacht ist, die Kämpfe intuitiv zu gestalten, funktioniert aber nur leidlich. Schon nach wenigen Momenten erweist sich die Gestensteuerung als zu unpräzise und man artet häufig in eine Rüttel-Schüttel-Arie aus, bei der oftmals auch die Übersicht über das Geschehen Flöten geht. Welche der bunten Figuren nun von einem selbst gesteuert wird, ist anhand der sich ähnelnden Animationen nicht immer eindeutig. Zudem leidet die Wiimote-Hand bei dem hektischen Treiben recht schnell unter Ermüdungserscheinungen.

Man ist deshalb schnell geneigt, sich auf Schläge und Fertigkeiten zu konzentrieren, die sich mit der A-Taste, bzw. der Kombination von A- und B-Taste auslösen lassen. Das sind meist simple Schläge und Tritte, bei längerem Halten der Tasten entstehen auch wirkungsvollere Attacken. Die Folge: Die Steuerung unterscheidet sich nur noch geringfügig vom Button-Mashing vergangener Tage bzw. anderer Konsolenversionen. Das schränkt zwar die kampftaktischen Möglichkeiten ein und das Greifen von Feinden ist nicht mehr ohne Weiteres möglich. Dafür fällt einem aber nicht "der Arm ab" und man besitzt mehr Kontrolle über das Geschehen.

Verstärkt wird die Neigung zum Knopfdruck durch die zusätzliche (freiwillige) Aufgabe, eine Vielzahl an Objekten, wie Kisten, Terminals, Rohre und anderem Zeugs, zu zerstören. So gewinnt Ihr Zaster, der wiederum in Erweiterungen der Spielfiguren landet. Allein der Gedanke, der stetig auftretenden Einnahmequellen mit der Schüttel-Tortur beizukommen, schmerzt bereits in den Gelenken.

Die Qual der Wahl

Öhm, welcher von denen bin ich jetzt nochmal?

Jeder der anfänglich zur Verfügung stehenden 18 Helden-Charaktere (sieben weitere per freischalten) verfügt über individuelle Kräftesets und steigt im Spielverlauf im Level auf. Damit nicht nur die aktuell gespielten Spielfiguren sinnvoll einsetzbar sind, erhalten die inaktiven Charaktere eine automatische Beförderung. Auf diese Weise sind sie höchstens einen Level niedriger und lassen sich daher problemlos gegeneinander austauschen. Der Wechsel kann jedoch nicht jederzeit vorgenommen werden, sondern nur an S.H.I.E.L.D.-Punkten, wo Ihr auch die Speicherstände anlegt. Dort tauscht Ihr entweder einzelne Teammitglieder oder gleich alle vier Charaktere aus. Interessant ist, dass Ihr durch Spielen mit festen Gruppierungen, wie den Fantastischen Vier, den Avangers oder auch rein weiblichen Teams ("Femmes Fatale"), besondere Boni einheimsen könnt. Beispielsweise erhöhte Gesundheit und Energie. Unter den jeweils vier aktiven Helden wechselt Ihr übrigens problemlos durch Antippen des D-Pads.

Wer seine hart verdienten Skill-Punkte verteilen, Boni und Geld in neue Fertigkeiten und verschiedene Helden-Upgrades investieren möchte, erledigt das unabhängig von diesen Speicherpunkten mit einem Besuch des Spielinterfaces. Hier verbessert Ihr unter anderem die Superkräfte oder die Widerstandsfähigkeit, und könnt zudem jede Menge neuer Fähigkeiten einkaufen, die Ihr in verschiedenen Stufen ausbauen dürft. Zusätzlich stehen Goodies wie bis zu drei neue Kostüme bereit, die teilweise ebenfalls mit verschiedenen Fertigkeitsboni daherkommen.

Nicht alle Zusatzfertigkeiten erhaltet Ihr im Tante-Emma-Superkräfte-Laden, eine ganze Reihe sind auch in den weitmaschigen Missionen der insgesamt fünf verschiedenen Akte versteckt . Oder werden von den etlichen Superbösewichten fallen gelassen, nachdem Ihr sie ordentlich vermöbelt habt.

Gebt den Schurken Saures!

Boah wie fies! Die wollen mich doch glatt verkloppen!

Vermöbeln ist auch gleichzeitig Eure Hauptaufgabe in diesem Action-Rollenspiel: Ihr nehmt den Kampf gegen Dr. Doom auf und rettet die Menschheit vor diversen Katastrophen (Gamma-Bomben, abstürzende Laboratorien, Supermutanten etc.). Während Ihr Euch eine Schneise durch Xillionen von seinen Helfershelfern prügelt, tretet Ihr in regelmäßigen Abständen auch gegen bekannte Super-Schurken an und müsst in den oftmals fordernden Begegnungen zeigen, ob Ihr Eure Kräfte beherrscht. Die dabei sehr linear vorgetragene, aber spannende und mit vielen Wendungen versehene Story, wird gelegentlich durch sehenswerte Zwischensequenzen ergänzt. Außerdem verdient Ihr Euch abseits des Story-Geschehens mit kleineren Seiten-Quests und freischaltbaren Comic-Missionen weitere Boni, die das Spiel abwechslungsreicher gestalten.

Abwechlungsreich sind ebenso die Locations des Spiels gelungen. Obwohl man häufig genug durch Labyrinth-artige Gänge läuft und dort die Schurken umnietet, gleicht doch kein Szenario dem anderen. Die Aufmachung von Marvel Ultimate Alliance kommt dabei seinen Comic-Vorbildern recht nahe, wenn auch die Optik insgesamt nicht über gutes PS2-Niveau hinausragt. Lediglich einige schöne Explosionen und Lichteffekte deuten an, dass die Wii zu mehr im Stande ist.

Soundtechnisch wird solide Hausmannskost geboten. Nichts Schlechtes, aber auch nicht herausragend. Sehr schade ist jedoch, dass Wii-Spieler mal wieder auf den Online-Modus verzichten müssen. Dadurch erhält der Multiplayer-Modus, bei dem ansonsten drei Mitspieler die Rollen der Teammitglieder übernehmen können, eine deutliche Abwertung. Wer nicht drauf verzichten will: Alle anderen Plattformen bieten diesen Online-Modus an.

Marvel Ultimate Alliance ist auf Wii leider die schwächste aller Versionen des Spieles. Das liegt zum einen an der nur ansatzweise gelungenen Wiimote/Nunchuk-Steuerung, bei der leider zu häufig chaotische Schüttel-Arien überwiegen und dem Gameplay kaum neue Perspektiven aufzeigen. Zum anderen muss der fehlende Online-Modus (mal wieder) als Negativpunkt erwähnt werden, der die Multiplayerkomponente deutlich abwertet. Sehr schade, war es doch mitunter das Beste am Titel. Wer darüber hinweg sehen kann, erhält aber auch bei der Wii-Fassung ein über weite Strecken recht unterhaltsames Superheldenspiel mit abwechslungsreichem, wenn auch sehr linearem Spielgeschehen. Dutzende Superschurken, Superhelden, übernatürliche Fertigkeiten ohne Ende und ein solider Comic-Look. Nicht mehr, nicht weniger....

6 / 10

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