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Marvel vs. Capcom 3: Fate of Two Worlds

Superhelden vs. Straßenfeger

Eigentlich liegt die wertvolle Marvel-Lizenz ja beim allseits beliebten Mammut-Publisher Activision, um dort in schönster Regelmäßigkeit zu neuen Mittelmäßigkeiten verwurstet zu werden. Doch der Download-Release von Capcoms Marvel vs. Capcom 2: New Age of Heroes war für eingefleischte Beat’em-Up-Fans nicht nur eine perfekte Gelegenheit, in einem der ganz großen 2D-Prügler online antreten zu können, die Neuveröffentlichung der brachialen Bitmap-Keilerei weckte auch die Hoffnung auf einen neuen Marvel-Klopper im Capcom-Stil.

In den 80er und 90er Jahren waren Marvel-Versoftungen meist echte Gurken-Garanten. Der Fließband-Publisher Acclaim produzierte eine austauschbare Umsetzung nach der anderen. Erst als die Superhelden-Lizenzen an Capcom gingen, besserte sich die Lage. Mit X-Men: Children of the Atom beglückten die Japaner ihre Fans mit einem herrlich animierten Beat’em-Up, mit Marvel Super Heroes setzen sie direkt noch einen drauf und der Tag-Team-Prügler X-Men vs. Street Fighter legte schließlich die Regeln der VS-Reihe fest: Mit spontanem Kämpferwechsel, irrsinnigen Kettenkombos, dramatischen Luftkämpfen und wuchtigen Special-Moves hoben sich die Brachial-Keilereien angenehm von den stets eher taktisch ausgelegten Street-Fighter-Episoden ab.

Kulmination des Ganzen war das bereits erwähnte Marvel vs. Capcom 2. In der dekadenten Massenkeilerei beharkten sich mehr als 50 Kämpfer aus beiden Lagern in Dreierteams. Gut, viele Sprites waren recycled, die Balance war auch nicht immer so richtig durchdacht und viele Kämpfer waren spielerisch etwas überflüssig, trotzdem lieben die Fans den 2D-Klassiker bis heute. Entsprechend groß war dann auch die Freude über die Ankündigung von Marvel vs. Capcom 3, das auf der E3 zum ersten Mal auch spielbar war.

Über das Sprite-Recycling der Vorgänger braucht sich bei Marvel vs. Capcom 3 niemand mehr Sorgen zu machen. Wie schon das feine Tatsunoko vs. Capcom für die Wii und natürlich auch Street Fighter IV auf den HD-Systemen setzt Capcom beim neuen Marvel-Crossover auf Polygongrafik und clevere Shader-Technologie, dank der die Polygon-Figuren wie unverschämt detaillierte und butterweich animierte Comicfiguren aussehen. Starke Schwarzwerte und dicke Linien sollen den typischen Look amerikanischer Superheldencomics garantieren, trotzdem bleibt der typische Capcom-Stil stets erkennbar.

Marvel vs. Capcom 3 - Trailer

In der auf der E3 gezeigten Version war der Shader vielleicht noch ein wenig stark eingestellt. Der Comic-Look war überzeugend, doch verschluckte das sehr dominante Schwarz auch immer mal wieder ein paar Details der eigentlich hervorragend modellierten Kämpfer. Die fertige Version ist allerdings noch über ein halbes Jahr entfernt. Genug Zeit für Capcom, an solchen technischen Feinheiten zu arbeiten, um schließlich ein – wie man es von den Japanern gewohnt ist – perfekt poliertes Produkt in die Läden zu stellen.

Der Sprung zu 3D-Figuren hat für die Spieler einen großen Vorteil: Capcom kann nicht in die alten Muster verfallen und Sprites aus alten Spielen wieder verwenden. Wer schon vor zehn Jahren begeistert geprügelt hat, der erinnert sich: Von der ersten Darkstalkers-Episode bis zum letzten VS-Titel kam Fan-Favoritin Morrigan mit dem gleichen Sprite daher. Damit ist jetzt Schluss, jede Figur muss von Grund auf neu entworfen, modelliert und animiert werden.

Damit ist klar, dass die Rekordmenge von 56 Handkanten-Helden hier natürlich nicht erreicht wird, dafür kann sich Capcom aber auch weniger Ausschuss leisten. Es ist eine Sache, ein bereits fertiges Sprite aus einem älteren Prügler schnell noch in das neue Produkt zu integrieren, aber es ist weit aufwendiger und weniger rentabel, eine Figur aus der B-Liga komplett in hochaufgelöstem 3D neu zu modellieren.

Thomas Nickel Avatar
Thomas Nickel: Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.
In diesem artikel

Marvel vs. Capcom 3

PS3, Xbox 360

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