Skip to main content

Mass Effect 3 - Test

Bitter Sweet Symphony

Was BioWare überdies wieder einmal hervorragend gelungen ist, ist die Inszenierung des Kampfes gegen die Reaper. Man fühlt sich einfach regelrecht wie in einem Krieg. Besonders im Hintergrund des Geschehens ist auch sehr viel mehr los, es schwirren etwa Jäger und Feinde über eure Köpfe, Reaper stampfen in der Ferne umher, holen große Schiffe vom Himmel und dergleichen. Das alles resultiert in vielen eindrucksvollen, teils wunderschönen, aber auch erschreckenden Momenten. Wenn ein Reaper etwa auf Palavens Mond durch die Gegend stampft, mit seiner Energiewaffe Ziele auf dem Boden in Stücke reißt, sein typisches Space-Wal-artiges Brummen die Umgebung durchzieht und man im Hintergrund die brennende Heimatwelt der Turianer am Himmel erblickt, läuft einem schon mal ein kalter Schauer über den Rücken.

Im Zusammenspiel damit leistet BioWares Soundabteilung hier ganze Arbeit. Mal abgesehen von der wie üblich hervorragenden englischen Synchronisation - die deutsche Sprachausgabe ist ebenfalls in Ordnung, entspricht dem Niveau des zweiten Teils - klingen beispielsweise die Waffen noch eigenständiger, was die Soundeffekte anbelangt, ihre Schüsse und die Biotikkräfte wirken insgesamt deutlich kräftiger. Und spätestens, wenn euch ein Banshee über den Weg läuft, eine huskifizierte Asari, wisst ihr, dass es gleich Probleme gibt. Alleine ihre Schreie sind für sich genommen schon furchterregend und einschüchternd - von ihren tödlichen Fähigkeiten und ihrem schaurigen Äußeren mal ganz absehen - und bohren sich einem jedes einzelne Mal regelrecht durch Mark und Bein. Musiktechnisch schöpft man ebenfalls aus dem Vollen. Es gibt eine ganze Reihe neuer Tracks, gemischt mit alten und vertrauten Klängen, vornehmlich aus dem ersten Teil. Wenn man in bestimmte Bereiche der Citadel kommt und die Hintergrundmusik aus Mass Effect erklingt, fült man sich einfach wieder wie zuhause.

Technisch gesehen machte leider die getestete PS3-Fassung einige Probleme. In manchen Zwischensequenzen gibt es deutlich spürbare Framedrops, in einigen wenigen Fällen sogar richtig extrem. Auch im normalen Spielablauf kann das vorkommen, insbesondere in größeren Außenbereichen, etwa wenn man dort in bestimmte Richtungen blickt oder ein Zielfernrohr nutzt. Ganz im Griff hat man die PlayStation 3 also wohl nach wie vor nicht. Auf der Xbox 360 läuft es insgesamt etwas besser, aber auch hier gibt es an manchen Stellen besagte Framerate-Einbrüche. Die PC-Fassung konnten wir leider nicht testen, aber ausgehend von der Demo sollte es hier mit der passenden Hardware keine größeren Probleme geben. In Sachen Gesichtsanimationen merkt man zudem, dass die Unreal Engine 3 schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Das machen Spiele wie Uncharted mittlerweile klar besser, dennoch bewegt man sich mit Mass Effect 3 noch auf einem durchweg guten bis sehr guten Niveau.

Den Multiplayer konnten wir in der fertigen Version auch aufgrund eines mangelnden Online-Passes nicht unter die Lupe nehmen. Daher hier ein kleines Fazit, basierend auf den vielen von mir absolvierten Multiplayer-Stunden mit der Demo. Trotz anfänglicher Befürchtungen macht der Koop-Modus sehr viel Laune, wirkt keineswegs wie ein billig und schnell zusammengestelltes Anhängsel. Mit bis zu vier Spielern verteidigt ihr hier die Stellungen gegen anrückende Feindeswellen - drei Schwierigkeitsstufen sind vorhanden - und müsst zwischendurch immer mal wieder Aufgaben erfüllen, etwa Daten hochladen oder verschiedene Ziele ausschalten.

Abwechslungsreich wird das Ganze durch die verschiedenen Klassen - alle aus dem Singleplayer-Part stehen zur Verfügung - und ihre individuellen Kräfte, die ihr hier mit jedem Levelaufstieg anpassen könnt. Es kommt dadurch auch auf das richtige Zusammenspiel des Teams an und ihr könnt eure Fähigkeiten miteinander kombinieren. Nutzt zum Beispiel Stasis, um ein Ziel einzufrieren, damit der Scharfschütze ihm den Kopf wegblasen kann, oder verwendet gemeinsam biotische Fähigkeiten, was zu einer biotischen Explosion führt. Es ist jedenfalls auf angenehme Weise süchtig machend und hat mich schon in der Demo den einen oder anderen Abend gekostet. Neue Items, Klassen und Waffen schaltet ihr übrigens durch die in den Einsätzen verdienten Credits frei. Alles läuft dabei nach dem Zufallsprinzip ab, wobei BioWare die Chance auf neue Unlocks in der Vollversion erhöhen will.

Mass Effect 3 - FemShep-Trailer

Letzten Endes ist Mass Effect 3 ein Spielerlebnis, das mich von der ersten Minute an unweigerlich in seinen Bann gezogen hat. Durch die vielen bekannten Charaktere, Schauplätze, die Dialoge und die dadurch ausgelösten Emotionen schafft man es, dass sich Stunde um Stunde immer mehr ein Gefühl von Wehmut aufbaut. Einerseits ist man als Fan zwar froh, endlich Mass Effect 3 in den Händen halten zu können, aber dann wiederum wird man auch traurig, wenn man immer wieder erkennt, dass dies das Ende dieser Geschichte ist. Und es ist ein Ende. Man löst Handlungsstränge auf, klärt Fragen, enthüllt Informationen. Dass man mit dem Ende beziehungsweise den Enden nicht jeden Spieler glücklich machen wird, dürfte auch klar sein. Ich kann sagen, dass der Abschluss für mich... interessant war - nicht das, was ich mir insgeheim vielleicht erhofft hatte, aber keineswegs schlecht und enttäuschend. Es gibt da lediglich ein Detail, das für mich keinen Sinn ergibt, aus Spoilergründen werde ich aber natürlich nichts weiter dazu sagen.

Für mich überwiegt davon abgesehen aber einfach alles andere. Der Weg hin zum Ende, dass sich Stück für Stück dieses Gefühl von Wehmut aufbaut, besonders wenn man die Reihe von Beginn an verfolgt hat, und man nach vollendeter Arbeit traurig ist, dass es nun vorbei ist mit Shepards Geschichte. Und das ist ein Gefühl, das bei mir ehrlich gesagt zuvor kein anderes Spiel hervorrufen konnte, das ich eigentlich eher von einigen TV-Serien kenne, die ich jahrelang verfolgt habe. Es spricht in jedem Fall stark für das Spiel, für die Reihe, für die Geschichte. Ich interessiere mich einfach für dieses reichhaltige Universum und seine Charaktere, kümmere mich um sie, leide und fiebere mit ihnen. Schon alleine in diesem Durchgang war ich in der einen oder anderen Situation den Tränen nahe, auch das hat bei mir bislang noch kein anderes Spiel geschafft. Und dabei war es noch nicht einmal mein eigener Shepard, der mich über die Jahre begleitet hat und zu deren Persönlichkeit und Geschichte ich ja nochmal eine ganz andere Bindung habe.

Mit Mass Effect hat BioWare in seiner Gesamtheit schlicht und ergreifend etwas Einzigartiges geschaffen, ein faszinierendes Universum, das für mich persönlich über anderen Größen wie Star Trek und Star Wars steht. Mass Effect 3 ist nun der krönende Abschluss dieser wahrhaft phänomenalen Trilogie. Ein echtes Meisterwerk. Kudos für diese tolle und unterhaltsame Zeit, BioWare.

Mass Effect 3 ist ab dem 8. März für PC, Xbox 360 und PlayStation 3 erhältlich.

10 / 10

Schon gelesen?

Benjamin Jakobs Avatar
Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Mass Effect 3

PS3, Xbox 360, Nintendo Wii U, PC

Verwandte Themen