Mass Effect Legendary Edition Test - Leben und sterben lassen in 4K
Das perfekte Paket für Veteranen und Einsteiger.
Damals, als das erste Mass Effect erschien, hat es bei mir exakt die richtigen Knöpfe gedrückt. Als Science-Fiction-Aficionado wurde ich interessanterweise erst wenige Monate vor Release auf dieses Spiel aufmerksam, aber das, was ich sah, gefiel mir auf Anhieb. Third-Person-Ballereien, Raumschiffe, Aliens... klassische Sci-Fi-Themen, eingerahmt in eine epische Geschichte rund um die Bedrohung der Galaxie? Count me in! Zugleich ist es alleine dem ersten Mass Effect zu verdanken, das in mir das Interesse für Rollenspiele im Allgemeinen erwachte, die ich zuvor weitestgehend ignorierte.
Ich kann nicht sagen, wie häufig ich alle drei Teile dieser Saga in dem Zeitraum, in dem sie erschienen, durchgespielt habe. Es waren viele Male, dabei probierte ich verschiedene Charaktere, Klassen und Vorgehensweisen aus. Das ist eines der Dinge, wie mich bis heute an der Trilogie faszinieren. Die Möglichkeit, meinen eigenen Charakter zu Beginn zu erstellen, diesen bis zum großen Finale mitzunehmen und Konsequenzen aus in den Vorgängern getroffenen Entscheidungen zu spüren, die Geschichte innerhalb eines vorgegebenen Rahmens zu beeinflussen und zu formen. Diese Reihe ließ mich mitfiebern, mitleiden, machte mich traurig, bereitete mit Freude und hat mich in mancher Hinsicht geprägt. Das macht es für mich zu einer bedeutend persönlicheren Erfahrung als zum Beispiel in einem Gears of War eins bis drei, in dem alles streng nach Drehbuch abläuft.
Schöner sah Mass Effect 1 nie aus
Im Vergleich zu seinen beiden Nachfolgern, bei denen BioWare die verwendete Unreal Engine 3 besser im Griff hatte, ist das erste Mass Effect nicht ganz so gut gealtert. Umso schöner, dass es in vielen Punkten im Rahmen der neuen Legendary Edition eine Frischzellenkur erhalten hat, die dringend nötig war. Nicht falsch verstehen, dass hier sind immer noch Remaster, keine Remakes. Nichts wird komplett auf den Kopf gestellt, alle der drei enthaltenen Spiele fühlen sich weiterhin so an, wie sie es früher taten. Okay, nicht ganz, Teil eins fühlt sich besser an!
Wenngleich die spielerische Umgewöhnung schon krass ist, wenn ihr eher die Nachfolger im Kopf habt. Da gibt es einiges, was Teil eins anders macht, von der nicht vorhandenen Munition bis hin zum Medi-Gel für die Heilung, Granaten und einem ausgedehnten Loot- und Ausrüstungs-System. Zum Glück dauert's nicht lange, sich damit zurechtzufinden und diese alten Qualitäten der Serie zu genießen.
Während Mass Effect 1 damals vor allem auf der Xbox 360 ab und an schwächelte, ist es heute eine Freude, das Spiel mit überwiegend 60fps auf der Xbox Series X zu spielen. Die 4K-Auflösung und hochaufgelöste Texturen sorgen allein schon dafür, dass der erste Teil deutlich frischer aussieht, hinzu kommen noch verschiedene andere Effekte, die entweder aufgehübscht oder komplett neu ergänzt wurden. Hier und da habt ihr Veränderungen in den Levels, zum Beispiel gibt es vereinzelt neue Geometrie und Eden Prime erstrahlt zu Anfang buchstäblich in einem anderen Licht. Ob es die Stimmung auf dem Planeten jetzt besser rüber bringt oder nicht, ist Ansichtssache - ich find's schick umgesetzt.
Alle Spiele profitieren in der Mass Effect Legendary Edition
Vor allem die hochaufgelösten Texturen auf Charakteren, Waffen, Rüstungen und der Umgebung begeistern, das gilt umso mehr für die Aliens wie Wrex, Thane und Co., deren Texturierung auf ihrer Haut nie besser aussah als hier und selbst kleinste Details knackscharf darstellt. Die Legendary Edition übertrumpft damit in Sachen Detailfülle, zum Beispiel bei den Rüstungen, bei näherer Betrachtung auch das vor vier Jahren veröffentlichte Andromeda. Nicht in allen Bereichen, aber in manchen. Wenngleich primär das erste Mass Effect optische Aufhübschungen erfuhr, profitieren am Ende doch alle drei Teile enorm von der höheren Auflösung im Zusammenspiel mit den detaillierten Texturen. Jetzt noch zu den Originalen zurückgehen? Nein, muss nicht sein.
Das Ziel von BioWare war eine Vereinheitlichung beziehungsweise Annäherung von ME1 an die beiden Nachfolger. Die ist im Hinblick auf die Charaktere gelungen, indem ihr jetzt zum Beispiel das in Mass Effect 3 eingeführte, neue Modell des weiblichen Shepard bereits im ersten Teil nutzen könnt und Figuren, die über mehrere Teile hinweg auftauchen, sichtlich altern - ebenso hat das Studio das Interface ein wenig angepasst. Froh bin ich darüber, dass der Trilogie-Auftakt in puncto Gameplay nicht angepasst wurde, dass er seine Eigenheiten hinsichtlich Munition und Co. behält. Ebenso cool ist, dass dort jetzt jeder Charakter jede der verfügbaren Waffengattungen einsetzen kann. Die Spezialisierungen und damit verbundene Fähigkeiten bleiben zwar den verschiedenen Klassen vorbehalten, aber auch so halfen mir Sturmgewehr und Scharfschützengewehr als Frontkämpfer in manchen Situationen gut weiter.
Subtile Änderungen mit einem guten Gefühl
Es gibt im Großen und Ganzen so viele angepasste Dinge, dass ich sie gar nicht alle ansprechen kann oder möchte, weil das in eine lange Auflistung zahlreicher Features ausarten würde. Eine Offenbarung sind unter anderem die verbesserten Ladezeiten. Wenn ihr euch an die langen Fahrstuhlfahrten in ME1 erinnert, dann freut euch, denn die dauern hier nicht mehr als ein paar Sekunden. Die Charaktersteuerung und das Zielen wurden ebenso verbessert und entsprechen mehr den Nachfolgern - kleineres Fadenkreuz, besseres Trefferfeedback -, was sich insgesamt sehr gut anfühlt. Gefühlt steuert sich der Mako besser als im Original, wenngleich er nach wie vor dazu neigt, nicht immer das zu tun, was ich möchte. Welche Freude im Vergleich dazu weiterhin der Nomad aus Andromeda ist. Es ist auf jeden Fall ein wenig erträglicher, die Planeten in Teil eins zu erkunden, als es das früher war. Und durchs Spielen von ME1 fiel mir noch einmal umso mehr auf, wie sehr sich Andromeda zuletzt in einigen Bereichen in Richtung des Originals zurückbewegte - das war nicht die schlechteste Idee. Ich hoffe, BioWare setzt diesen Weg mit Mass Effect 5 fort.
In seiner Gesamtheit ist es auf jeden Fall eines der besseren Remaster-Projekte - ich schaue da zum Beispiel in deine Richtung, Super Mario 3D All-Stars - und ihr merkt dem Spiel in jeder Szene an, dass es sich einfach besser anfühlt und aussieht. Über 30.000 verbesserte Assets sprechen hier für sich und die Zeit, die BioWare darin investierte, hat sich im Endeffekt ausgezahlt. Es ist eine mehr als gelungene Modernisierung der Trilogie, die nichts auf den Kopf stellt, aber mehr als genügend Dinge ändert, ohne dabei das Feeling des Originals zu verlieren.
Mass Effect Legendary Edition Test - Fazit
Die Legendary Edition von Mass Effect ist zweierlei. Zum einen eine schöne Gelegenheit für alle, die die Originale gespielt haben, um in nostalgischen Erinnerungen zu schwelgen und sie noch einmal in verbesserter Form zu erleben. Zum anderen die perfekte Einstiegsmöglichkeit für alle, die die Trilogie bisher - ob bewusst oder unbewusst - ausgelassen haben. Alle drei Teile mitsamt so gut wie allen DLCs, das ist ein enorm umfangreiches Paket zu einem angemessenen Preis für die Arbeit, die hier hineingeflossen ist.
Allein dieses Konzept, meinen Charakter über drei Spiele hinweg mit auf eine Reise durch die gesamte Galaxis nehmen zu können, um eine Bedrohung für sämtliches Leben abzuwenden, fasziniert mich nach wie vor. Es ist heutzutage nicht mehr komplett einzigartig, zählt aber mit zu den herausstechendsten Dingen, die diese Spielereihe für mich ausmachen. All die tollen Charaktere, die einem über drei Spiele hinweg ans Herz wachsen, und Geschichten, das eingängige Gameplay mit all seinen Klassen, Waffen und Fähigkeiten, die Entscheidungen und Konsequenzen. Kaum eine andere Reihe bietet mir über mehrere Teile hinweg die Möglichkeit, mein persönliches Erlebnis so zu formen wie hier. Wenn ihr entweder mit Science Fiction oder mit Rollenspielen was anfangen könnt, solltet ihr die Mass-Effect-Trilogie einmal gespielt haben. Die Gelegenheit dazu war nie besser als mit der Legendary Edition.