Max Payne 3

Ein Fragezeichen schwebt natürlich noch über dem neuen Deckungssystem, dessen Einbindung gerade in einem Spiel, in dem vor realistischen Hintergrund mit echten Waffen um sich geballert wird, eigentlich nur folgerichtig ist. Im Moment lädt das aber möglicherweise noch dazu ein, an einer sicheren Stelle zu campieren, um für einige billige Zeitlupen-Kills hervorzulugen, was ein bisschen im Kontrast mit der sonst so feurig-bewegten Gefechtsdynamik stehen könnte. Allerdings bin ich mir sicher, dass die KI-Designer den Gegnern Mittel und Wege an die Hand geben werden, um verschanzten Spielern in derartigen Situationen die Hölle heiß zu machen. Max Payne war schließlich nie ein einfaches Spiel.

Ausnehmend gut haben mir übrigens die mit der Euphoria-Engine realisierten Animationen gefallen. Schon in Echtzeit sieht es sehr natürlich aus, wie Max einen Fuß vor den anderen setzt und seinen Oberkörper im Laufen so ausrichtet, dass er mit seinem Waffenarm den Feind im Blick behält. Wirft man aber die Zeitlupe an, brennen die eigens hierfür erstellten Animationen ein wahres Feuerwerk ab. Egal, ob beinahe schwerelos horizontal einen Meter in der Luft liegend oder an einem Kranhaken baumelnd und ballernd: Die Natürlichkeit und Nachvollziehbarkeit der dramatisierten, langsameren Bewegungsabläufe ist wirklich allerhand. Toll zudem auch die Reaktionen auf der dem Fadenkreuz abgewandten Seite. Es sieht fantastisch aus, wie die Gegner von jeder einzelnen Kugel einer Salve physikalisch plausibel geschüttelt werden und einiges (aber nicht alles) von der Umgebung zersplittert.

Mein Lieblingsmoment der Vorführung war aber, als mir Rockstar zeigte, wie Max sich am Boden bewegt: Landet er nach einem Sprung im Dreck, kann er im Liegen weiterfeuern. Dreht der Spieler das Fadenkreuz nun einmal um die horizontale Spielfigur herum, rollt die sich vollkommen realistisch immer so über ihre Schulter, dass sie mit ihrem Waffenarm weiter in die gewünschte Richtung zielen kann. Das hat nichts von rundgeschliffenen Videospiel-Bewegungen zu tun, bei denen man sonst immer sieht, dass das hier gerade nicht wirklich passiert. Hier meint man fast, einen echten Menschen am Boden liegen zu sehen. So unbequem sieht es aus. Man kann die Abschürfungen an den Ellenbogen fast fühlen. Selbst das Aufstehen, bei dem Max sich aufstützen muss, wirkt beschwerlich und der Situation angemessen. Wirklich cool.

Ein ähnlich positives Vorab-Fazit lässt sich auch beim Szenario ziehen. Nach zweimal verschneitem New York ist Sao Paulo ein interessanter und willkommener Wechsel. Eine zerrissene Stadt, in der es zwischen Arm und Reich brodelt wie in keiner zweiten. Der Kontrast zwischen den Kolonien von Privat-Helikopterbesitzern und den nur einen Steinwurf entfernten Favelas bietet ausreichend (Spreng-)Stoff und Konfliktpotenzial für eine so düstere Serie, während die Geschichte um einen gebrochenen Ex-Cop am Rande des Totalzusammenbruchs bei geschickter Erzählweise weit über das eigentliche Spiel hinaus nachhallen dürfte. Die statischen Comic-Panels mit Max' innerem Monolog sind übrigens einer in der Spiel-Engine animierten und nach Art eines Motion Comics geschnittenen Variante gewichen. Der Gedanke ist wohl der, den Spieler nicht aus dem Geschehen zu reißen, keinen Bruch zu erzeugen. Könnte aufgehen - wenn die Präsentation dieser Sequenzen finalisiert ist, kann ich mehr dazu sagen.

Die Präsentation in München lässt eigentlich nur einen Schluss zu: Die Bedenken der Fans waren verständlich, aber letzten Endes scheinbar grundlos. Die Basis steht, wir haben es hier eindeutig mit Herrn Payne zu tun und wenn jetzt bei den Details im Ablauf nichts mehr schief geht und die Geschichte hält, was die Prämisse verspricht, kehrt hier nach acht Jahren Abstinenz einer der ganz Großen zurück auf die Bühne: Nämlich die Figur, der die meisten aller "schwierigen" Videospielhelden heutzutage ihre Psychosen zu verdanken haben. Wer sind wir da schon, uns ein Urteil über seine neue Frisur zu erlauben?