Medal of Honor
Know the Drill
Allerdings gewinnt das Feedback der Schießereien an anderen Stellen wieder Pluspunkte hinzu. Im direkten Vergleich mit Modern Warfare 2 fallen im gezeigten Abschnitt gefühlt mehr Gegenstände auf Beschuss oder nach Explosionen um. Einige Dinge lassen sich partiell (gewisse Deckungen) oder vollständig (hölzerne Gegenstände) pulverisieren – ich erwarte, dass die fertige Version ein stimmiges Gesamtbild abgeben wird.
Auf dem Weg durch das verfallene Dörfchen kann die Unreal Engine 3 auch in ungewohnt sonniger Umgebung noch überzeugen. Zwar handelt es sich – aufgrund einiger entlarvend steriler Normal-Maps und nicht ganz zeitgemäßer, zum Glück aber spärlicher Vegetation – recht eindeutig um Epics altbekanntes Grafikgerüst. Bei einigen Partikeleffekten sowie High-Dynamic-Range-Beleuchtungsspielereien schaut man aber auch heute noch gerne hin.
Aufgewirbelter Staub oder der Rauch nach Explosionen sehen ebenso realistisch aus wie der übersteuerte Sonneneinfall durch die losen Deckenplanen eines handgemachten Lehmverschlags. Hier und da macht sich noch eine geringe Draw Distance bemerkbar, wenn die Talsohlen zwischen den Dünen einer weiten Ebene Platz machen, doch diese Dinge könnten mit einigem Feinschliff und geschicktem Leveldesign noch nahezu komplett ausgemerzt werden.
Auf dem Weg zu eingangs erwähntem MG-Camp zeichnet die Mission der Rangers weiterhin das altbekannte Gesicht moderner Kriegsshooter. Im Verbund geht es von Deckung zu Deckung, teils wirft sich der Vorspieler sogar in den virtuellen Dreck, auch wenn ich nicht sagen kann, ob die Zielgenauigkeit und Durchschlagskraft der gegnerischen Waffen einen solchen Körpereinsatz überhaupt erfordert. Insgesamt muss man Goodrich aber recht geben, wenn er von Authentizität spricht. Alles wirkt etwas geerdeter und ist mit weniger Michael-Bay-artiger Action-Choreographie gewürzt als etwa das letzte Modern Warfare. Diese Schüsse und Granateneinschläge treffen einen mit der überraschenden und direkten Wucht der Realität und sind vielleicht deshalb schon respekteinflößender als das Hollywood-Feuerwerk, das viele andere Spiele abbrennen. Wer einmal auch nur aus der Ferne einen feuernden Panzer gesehen respektive gehört hat, wird wissen, was ich meine.
Der folgende Airstrike demonstriert das ganz gut: Als gegen Ende der Mission ein Bombergeschwader dank des Einsatzes des Spielers den Luftschlag auf die Befestigung vollzieht, scheint im Umkreis von 200 Metern die Welt unterzugehen. Ein Lichtblitz, das Röhren einer Explosion, die Ohren sausen und plötzlich kann man mindestens eine geschlagene Minute aufgrund Staubes so gut wie gar nichts mehr sehen. Der Spielercharakter hält sich an seine Mitstreiter, folgt ihnen auf dem Fuße, während sich elend langsam der auf Knopfdruck erzeugte Sandsturm wieder legt und erste Sonnenstrahlen durch die Wolken dringen. „Ich will nie wieder so nah dran sein“, formuliert es einer der Kameraden trefflich. Als das Team die nächste Lehmhütte stürmen will, klingelt innen auf einmal ein Telefon, bevor die Explosion den Spielercharakter auch schon zurückwirft wie einen nassen Waschlappen. Mit dem Versprechen, den Spieler hier raus zu holen, endet die Demo.
Es ist nicht das originellste Konzept, mit dem EALA Fans von Shootern der militärischen Ausrichtung von sich überzeugen möchte. Dennoch scheint bei der Entwicklung bisher alles im grünen Bereich zu verlaufen. Die bewusste Entscheidung, das Spiel fest auf 30 Bilder pro Sekunde zu arretieren, mag etwas seltsam anmuten, immerhin schafft Call of Duty zeitweise das doppelte, mindestens aber ein Drittel Bilder mehr. Und auch während der Demo schien die schnelle Gefechtsaction der Bildrate die eine oder andere Idee voraus sein, doch bis das Spiel Gold-Status erreicht, ist es ja noch eine Weile hin.
Da die handwerkliche Seite zu stimmen scheint und mit den Tier-One- und Ranger-Einsätzen auch Natur und Tempo der Missionen variieren dürften, entscheidet über den Erfolg des Titels wohl letzten Endes die Frage, ob die Leute wirklich einen Krieg nachspielen wollen, der noch immer andauert und täglich Todesopfer produziert. Greg Goodrich zieht jedenfalls eine eindeutige Linie zwischen realem Konflikt und dem Entertainment-Produkt, an dem er arbeitet, und verwehrt sich auch Fragen nach dem Blickwinkel der zivilen Seite in seinem Spiel. Er sieht den Titel, wie schon dessen Vorgänger, in der Tradition von Kriegsfilmen wie Der Soldat James Ryan: „In unseren Spielen gibt es keine Politik. Es geht um eine Gruppe Typen, die nah dran sind und ihre Sache machen, nicht um die Gründe, warum sie dort sind.“
Medal of Honor erscheint am 14. Oktober für PC, Xbox 360 und PS3. Unser Interview mit Greg Goodrich lest ihr am kommenden Freitag.