MediEvil (PS4) - Test: Außen neu, innen alt
Eine verpasste Chance.
Wann ist ein Remake ein Remake und wann ist es mehr ein Remaster? Unabhängig von etwaigen offiziellen Definitionen bedeutet ein Remaster für mich, dass die Entwickler die Technik modernisieren. Höhere Auflösung, verbesserte Grafik und ähnliche Dinge. Ein Remake ist für mich was Tiefgreifenderes, das inhaltliche Probleme des Originals anpackt, Spielmechaniken optimiert und verbessert, neue Sachen ergänzt. MediEvil erhielt offiziell die Bezeichnung als Remake, unterschreiben würde ich das nicht.
An der Technik liegt das meiner Definition nach nicht. Der klassische PSone-Titel präsentiert sich auf der PS4 grundlegend überarbeitet und wirkt, was den Look betrifft, wie ein Spiel von 2019. Keines, das mit einem Triple-A-Budget gesegnet ist, wenngleich alles hübsch und stimmig aussieht und einen speziellen Charme versprüht. Großes Lob an Entwickler Other Ocean dafür, ihre technische Überarbeitung trifft den Nagel auf den Kopf.
Gespielt habe ich das Original nie, wenngleich ich damals Interesse daran hatte. Es kam letzten Endes nie dazu. Diese besondere Faszination versprüht das ungewöhnliche Szenario des Titels heute noch. Die Geschichte von Daniel Fortesque, der vor hunderten von Jahren gleich zu Anfang einer großen Schlacht starb und jetzt versehentlich wiedererweckt wurde, ist keine klassische Heldengeschichte, die ihr häufig zu hören bekommt. Er war nie ein großer Held und die Charaktere im Spiel tun ihr Bestes, um ihn in seiner untoten Form daran zu erinnern. Das ist zugleich Ansporn, es mit der zweiten Chance besser zu machen.
So schick das Spiel dabei optisch herüberkommt, dabei entsteht der Eindruck, dass Other Ocean nicht bereit war, diesen einen noch fehlenden Schritt zu gehen und MediEvil auch inhaltlich zu modernisieren. Ich habe mir sagen lassen, dass die Kamera damals ein großes Sorgenkind war. Auf der PS4 ist sie an vielen Stellen ein ebenso nerviger Faktor. Sie bleibt vereinzelt an Ecken hängen oder vollführt ungewollte Bewegungen, wirkt unruhig und häufig mangelt es an Übersicht, was vor allem für Innenräume gilt.
Ähnlich gilt für den Kampf und die damit verbundenen Mechaniken. Die Uhr hat sich weitergedreht, seit das Original im Jahr 1998 erschien, und die Techniken entwickelten sich. Im Grunde ist der Kampf simpel, es fehlt ihm an Tiefe. Ihr lauft wild mit euren Waffen schwingend auf Feinde zu und haut drauf. Bei stärkeren Gegnern ladet ihr zum Beispiel euren Kampfhammer auf, während ihr weglauft, dann schlagt ihr drauf und wiederholt das Spielchen. Viel taktischer Anspruch steckt nicht dahinter. Das entspricht von dem, was ich sah, dem Original, wirkt heute aber altbacken. Zugleich kommt mir das Trefferfeedback bei Fortesque nicht ausreichend zur Geltung. Ab und an ist es mir zu wenig ersichtlich, warum und wie mich Gegner treffen.
In Kombination mit dem Schwierigkeitsgrad macht es das zu einer zum Teil frustrierenden Angelegenheit. Einzelne Gegner richten viel Schaden an und wenn ihr das aufgrund der Kamera nicht richtig im Blick habt, ist das dann einfach Pech, wenn einer unerwartet aus dem Off in ein hineinläuft. Da eure Lebenspunkte begrenzt sind und es keine Speicherpunkte - ist ja originalgetreu - in einem Level gibt, lässt euch das Spiel dank solch frustrierender Begebenheiten die jeweilige Stage von vorne beginnen.
Eine feinere, präzisere Steuerung hätte dem tapferen Ritter gut zu Gesicht gestanden. Eingestreute Platforming-Abschnitte bergen somit ebenso Frustpotential und die Bosskämpfe sind zum Teil unspektakulär. An einer Stelle umkreisen euch zwei größere Wölfe und attackieren euch, indes knabbert ihr Stück für Stück an ihrer Lebensenergie. Spannend sieht anders aus. Woanders braucht es einen falschen Schritt und ihr fliegt von einer kleinen Plattform, dann war all die vorherige Mühe umsonst.
Versteht mich nicht falsch, ich erwarte mir keinen Spaziergang. Lasst das Spiel herausfordernd sein, gerne. Aber dann muss diese Herausforderung von den Kämpfen mit den Gegnern kommen und nicht von den Kämpfen mit der Technik. Einmal schmiss ich den Controller in die Ecke der Couch, weil ich kurz vor Levelende aufgrund der Steuerung von einer Pilz-Plattform rutschte, ins Wasser fiel und starb. Es braucht ja nicht alle fünf Meter einen Speicherpunkt, einer bei zirka der Hälfte eines Levels hätte ausgereicht.
Auf dem schmalen Grat zwischen frustrierend und herausfordernd wandert MediEvil häufig dezent auf der falschen Seite. Diese Probleme führten in vielen Levels dazu, dass ich davor zurückschreckte, einzelne und optionale Bereiche zu erkunden und stattdessen lieber direkt zum Levelausgang marschierte - aus Angst davor, dass mich mein Glück verlässt und ich dann einen zweiten Anlauf wagen muss. Heilquellen sind spärlich verteilt, das gilt ebenso für die Energiefläschchen, die eure vorhandenen Leben repräsentieren. Gehen euch die aus und eure Lebensenergie sinkt gen Null, ist Feierabend.
MediEvil auf der PS4 hinterlässt auf mich den Eindruck, als hätten die Entwickler den Remake-Gedanken nicht ganz zu Ende gedacht. Die Technik hat Other Ocean wunderbar modernisiert, zusammen mit dem neu eingespielten Soundtrack, den erweiterten Dialogen des Erzählers und einigen neu aufgenommenen Stimmen ergibt sich eine stimmige Atmosphäre. Wenn da nicht die Seite der Spielmechaniken wäre. Bei aller Liebe dazu, eins zu eins am Original festzuhalten, ist es nicht das, was ich mir unter einem Remake vorstelle. Es fallen viele Dinge auf, die sich ausbessern und erweitern ließen und somit zu einem spielerisch runderen, besseren Erlebnis beigetragen hätten. In der Form ist MediEvil nicht mehr als ein technisch aufgehübschtes Spiel mit unnötig frustrierenden Momenten, einer zum Teil nervigen Kamera und zu stark am Original klammernden Spielmechaniken. Sir Daniel Fortesque hätte seine zweite Chance besser nutzen können.
Entwickler/Publisher: Other Ocean/Sony - Erscheint für: PS4 - Preis: ca. 30 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PS4 - Sprache: Deutsch - Mikrotransaktionen: nein