Mega Man Legacy Collection 2 - Test
Alle Liebe für die Spiele!
Na, seid ihr schon bereit für Season 3? Oder von mir aus Legacy Collection 3? Weil sie garantiert kommen wird, in ein oder zwei Jahren. Dann vielleicht alles noch mal als Version in einer Box, vielleicht mit einer Collector's-Edition-Figur für 1.000 Euro. Niemals wird Capcom die X-Teile ruhen lassen und warum sollten sie auch? Mega Man ist großartig. Ob nun 1 bis 6 auf dem NES, das etwas seltsam anmutende Release-Chaos der in der aktuellen Kollektion enthaltenen Teile 7 bis 10 oder eben die noch fehlenden X-Teile. Aber was sage ich, X hat auch acht Folgen und es gibt schon eine Collection aus 2006, das heißt, dass diese Serie allein noch für zwei Legacys gut ist. Und dann gibt es ja noch Battle Network. Und Zero. Und was auch immer ZX sein mag. Oder Star Force. Wir werden bis an das Ende unserer Tage Mega Man Legacy Collections sehen. Es wird nie aufhören.
Aber zurück zum aktuellen Anlass, später ist noch genug Zeit, sich vor einer Zukunft voller niemals endender Mega-Man-Sammlungen zu fürchten. Legacy Collection 2 beinhaltet wie gesagt Nummer 7 bis 10 und für alle, die die Serie über die Jahrzehnte nur mit einem Auge verfolgten: Das sind nicht die direkten Fortsetzungen zu Nummer 6, dem letzten Teil auf dem NES. Das wären X1 und X2, erst danach kam 7. Die 8 dann folgte auf den dritten X, aber nicht auf dem Super Nintendo, sondern auf der PlayStation und dem SEGA Saturn. 9 schließlich kam 12 (!!!) Jahren nach der 8 und zwar auf den damals aktuellen Konsolen 360, PS3 und der Wii. 10 wiederum folgte zügig ebenfalls auf diesen Konsolen. Trotz dieser für die Branche praktisch äonen-artigen Zeitspannen verbindet diese vier Games eines: Sie alle orientieren sich nicht an der Weiterentwicklung der Reihe, wie es X und die Spin-offs mit mehr oder weniger Erfolg taten. Mega Man 7, 8, 9 und 10 treten alle ganz direkt und mit voller Absicht in die Spuren der ersten NES-Hexalogie. Auch technisch.
Das bedeutet, dass ihr große Pixel, 4:3-Sicht und Chiptunes durch und durch genießen dürft. Auch bei den beiden späten 2000er-Teilen. Vor allem bei denen. Gerade 9 und 10 wurden mit der Idee eines "neuen" NES-Teils im Hinterkopf entworfen und ziehen das gnadenlos durch. Manchmal vielleicht etwas zu gnadenlos, dazu aber später mehr. Erst einmal die Kollektion selbst.
Der wohl schwächste Aspekt der Legacy Collection 2 sind in keiner Weise die Spiele, sondern das Drumherum. Dieses scheint komplett aus Teil 8 in Look und Feel geklaut worden zu sein. Ihr habt eine saubere Struktur, leicht lesbare Menüs, keine seltsamen Schriftarten oder so etwas, das ist wohl das Gute, das man darüber sagen kann. Ihr habt aber auch keine Ambitionen, einen gewissen Charme einzufangen, wie es zuletzt die Disney Afternoon Collection tat. Sicher, hier ein großes Thema über vier sehr unterschiedliche entstandene Spiele hinweg zu finden, wäre nicht einfach gewesen, aber hier ist nicht mal der Versuch erkennbar. Zumindest habt ihr ein paar halbwegs ambitioniert entworfene Herausforderungen für Profis, nette Sprite-Galerien für jedes Spiel und vor allem alle vier Soundtracks komplett. Okay, fast komplett, die käsigen - das ist nicht mal mehr cheesy - Songs aus Teil 8 fehlen, aber sonst ist alles sauber sortiert da. Es funktioniert, es gibt genug Extras, um es durchzuwinken, und das dürfte genau das gewesen sein, was Capcom - nicht Digital Eclipse - machte. Kommen wir zu den Spielen.
Es gab immer Rufe nach mehr Mega Man im Stile der ersten sechs, auch schon dann als X1 und X2 noch frisch waren. Es machte also schon 1995 Sinn, ein solches Experiment zu wagen und die ursprüngliche Serie fortzusetzen. Was Capcom ziemlich konsequent tat. Sicher, die Grafik ist etwas hübscher und farbenfroher als auf dem NES, aber der Stil ist viel näher daran als an X. Auch das Spieldesign war ein Schritt zurück mit weniger Features und mehr Schmerzen für den Spieler. Langsameres Tempo, keine Sprünge von der Wand, kein Dash, nur gutes, altes Mega-Manning mit dem Arm-Blaster. Ausgezeichnetes Leveldesign gehört natürlich dazu und das gilt für die ersten vier Stages, die ich jetzt wieder gespielt habe und auch für die folgenden vier, bei denen ich nur kurz reinguckte. Das ausgezeichnet bezieht sich dabei auf die Level und auch auf die meisten der Bosse, aber weniger auf die Gegner selbst. Es ist okay, dass manche ein wenig mehr aushalten, aber hier ist es manchmal etwas zu viel des Guten. Ich mag es einfach nicht, endlos auf einen Feind ballern zu müssen, der an diesem Punkt eigentlich nicht so viel Gegenwehr jenseits dessen zu bieten hat. Egal, insgesamt ein fantastisches Spiel, toller Soundtrack, großartiger Look, es könnte mein eigener Favorit sein und es ist sicher mein Favorit dieser Sammlung.
Nicht, dass Teil 8 dem viel nachstehen würde. Oder doch? Die Meinungen gehen hier etwas auseinander. Der Look mit seinem Weichzeichner-Überfluss ist eigen, die Pastellfarben sicher auch. Es gibt wenig von Dash zu sehen, stattdessen habt ihr legendär schlecht synchronisierte Zwischensequenzen, die auch noch kitschig bis zum Anschlag sind. All das liebe ich. Es wirkt einfach alles so... PlayStation. Auch wenn das System mehr für seine 3D-Sachen bekannt ist, das hier ist der Proto-2D-Look, den ich mit der Konsole verbinde. Nennt es eine eigene Art von Nostalgie. Das Design der Welten und Level steht anderen Teilen nicht viel nach. Wenn überhaupt. Der größte Kritikpunkt zu seinem Release war, dass es anders aussieht als die vorherigen 7 Teile und dass es diesen spielerisch nicht viel hinzuzufügen hat. Beides würde ich in gewisser Weise als Plus verbuchen und ich kann ehrlich und aufrichtig sagen: Ich liebe Mega Man 8. Nicht ganz so sehr wie 7 vielleicht, aber nah genug dran.
Okay... 9... Wisst ihr was, ist super. Sagen alle, muss wohl so sein. Nächster!... Ja, ich weiß, diese Meinung ist unpopulär, aber warum sollte ich euch anlügen: Ich mag Mega Man 9 nicht. Es ist mir schlicht zu schwer. Es hat nicht den "frischen" Look von 7, nicht den eigenwilligen von 8, es ist ein neuer NES-Teil ohne NES, aber mit all den Stärken. Ich erkenne gerne an, dass das Design der Level vielleicht sogar Nummer 2 abhängt und das alle Waffen toll sind und sonst was. Aber nein. Während ich in Teil 2 immer noch recht locker weit genug komme, 7 vielleicht sogar wieder mal durchgespielt hätte, frisst mich 9 mit Haut und Haaren auf, kaut mich durch und spuckt mich aus. Im ersten Drittel schon. Ich sage nicht, dass es unfair ist, das ist es nämlich nicht. Es will einfach nur absolut präzise gespielt werden, fehlerfrei. Das muss gelernt werden und wenn ihr dazu bereit seid oder es vielleicht sogar sucht, dann viel Spaß. Einer der besten Teile der Reihe, der für mich einfach einen Schritt zu weit ging.
Diesen Schritt nahm Mega Man 10 dann zum Glück wieder zurück. Es könnte sogar der einfachste Teil der ganzen Reihe sein, wenn ihr den "Easy"-Modus wählt. Das ist Entspannung so nahe, wie sich euch mit Mega Man kommen wird. Dazu habt ihr noch Proto Man als nette Abwechslung, Bass wird freigeschaltet, solltet ihr es durchspielen - oder einen simplen Cheat-Code benutzen - und das Leveldesign findet seinen Weg zu einer fairen Herausforderung zurück, die nicht nur auf über zig Stunden trainierten Finger-Muskelreflexen ohne Denken besteht, sondern euch auch so mal hier und da eine gute Chance einräumt. Einfach ein richtig gutes Mega Man der alten Schule. Wie eigentlich alle vier hier.
Die Emulation ist natürlich wie immer ein Thema, zumindest bei 7 und 8. Für Digital-Eclipse-Verhältnisse wäre das Top und auch sonst in einem soliden Rahmen. Mir ist nichts aufgefallen und auch sonst halten sich Fanatiker-Kritiken über Unstimmigkeiten in Grenzen. Ihr habt die üblichen Filter, die das Pixel-treue Bild in Matsch verwandeln, ihr könnt alles sinnlos auf Widescreen strecken oder mehr oder weniger hässliche Wallpaper über die schwarzen Teile im 4:3-Modus legen. Oder es lassen, was die gute Nachricht dabei ist. Das Rückspul-Feature aus der Disney-Collection wurde nicht übernommen. Sehr seltsam auch: Es gibt keine Speicherstände. Nur ein etwas verwirrendes Checkpoint-System, bei dem ihr zwar auch manuell speichern könnt, es in Wirklichkeit aber nur dann einen Speicherstand anlegt, wenn es möchte. Häufig genug, aber trotzdem irgendwie schräg.
Am Ende des Tages sind es aber vier ausgezeichnete, gut gealterte - fast schon zeitlose - Spiele für je weniger als vier Euro. Wie zeitlos, das zeigt die Disney Afternoon Collection, bei der die Hälfte in die Kategorie reiner persönlicher Nostalgie gehört, während hier jeder Titel tadellos und frisch spielbar ist, wenn einem denn der Sinn nach dieser etwas eigenen Art von Run'n'Gun steht. Ob 9 jetzt zu schwer ist, 8 zu seltsam, 7 zu innovationslos oder 10 was auch immer: Auge des Betrachters, und alle sehen durchaus mit einer gewissen Liebe selbst auf die Teile, die sich nicht zu ihren Favoriten zählen. Was die Collection selbst angeht: Wenn dann 2032 die nächste Runde bei diesen Vieren angekommen ist, dann möchte ich etwas mehr dieser Liebe auch beim Drumherum sehen. Eine Collection sollte mehr sein als nur ein paar wirklich gute Games in einem Paket. Auch wenn es immer noch das Wichtigste ist.
Ach ja: Diese Sammlung, gern auch als Doppelpack, nicht für die Switch zu bringen und stattdessen die Zeit und das Geld der Spieler mit einem seltsamen Street-Fighter-2-Port zu vergeuden, ist... Nun, belassen wir es bei "nicht klug".
Entwickler/Publisher: Capcom - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Preis: ca. 15 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: Xbox One - Mikrotransaktionen: Nein