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Mega Man Unlimited - Test

Selbst die besten Intentionen schützen nicht vor Unwissenheit.

Was habe ich mich in den letzten Wochen auf Mega Man Unlimited gefreut. Ein Fan-Projekt, das über die Dauer von fünf Jahren entwickelt wurde. Bereits die frühen Screenshots sahen super aus und machten Lust auf mehr. Als dann vor ein paar Wochen der finale Trailer erschien, hätte ich sogar direkt mein Geld an den Bildschirm geschmissen, nur um es direkt spielen zu können. Mittlerweile bin ich froh, dass der Titel doch kostenlos erschienen ist.

Starker Aufstieg

Bevor ich mich zu sehr in die negativen Aspekte verbeiße, zähle ich lieber Dinge auf, die das Team richtig gemacht hat. Da wären zunächst einmal die acht Robot Master, deren Namen und Design ganz im Sinne der Serie vollkommen übertrieben sind. Tank Man, Yo-Yo Man, Nail Man und ganz besonders Rainbow Man sind Figuren, bei denen sofort das Schmunzeln beginnt. Mega Man versprühte bei den Robot Mastern schon immer einen leicht peinlichen Charme, wie man ihn sonst von alten B-Movies aus den 80ern kennt.

Auch ihre Areale passen optisch perfekt zu den Figuren und bilden immer ein Spiegelbild ihrer verkörperten Persönlichkeiten. Selbst wenn diese nur aus einem simplen Wort besteht. In Rainbow Mans Level flackern bunte Farben im Hintergrund sowie auf fast allen Objekten. Tank Mans Stage orientiert sich stark an militärischen Arealen, was auch die Gegner widerspiegeln. Am besten gefällt mir aber das Level von Nail Man. Der erste Teil spielt auf einer Baustelle. Hinter euch seht ihr rote Metallstreben und ein Feindestyp hockt sogar auf einem Presslufthammer, der Geröll in eure Richtung schleudert. Wirklich genial sind allerdings die Stacheln, die in Nail Mans Stage allesamt von Nägeln dargestellt werden. Ein nettes Detail, die eure Umgebung schlagartig aufwertet.

Die Namen schlagen sogar alte Favoriten wie Wood Man.

Leider bin ich damit auch schon am Ende meiner Aufzählung der positiven Faktoren. Ach nein. Eine Kleinigkeit wäre da noch: Mega Man Unlimited lässt sich problemlos nach euren Wünschen anpassen. Vollbild ist genauso kein Problem wie die Unterstützung eines Controllers. Wobei ich jedem Spieler auf jeden Fall ein Pad empfehle. Mein Xbox 360 Controller erkannte das Spiel sofort und lies sich genauso wie die Tastatur frei einstellen. Ich habe es kurz per Tastaturkommandos probiert, musste mich jedoch recht schnell geschlagen geben. Mega Man ohne Controller ist einfach unspielbar für mich.

Harter Fall

Nun aber zum eher weniger erfreulich Teil. Den vielen Problemen, die das Spiel plagen. Fangen wir direkt mit dem Auffälligsten an. Der Schwierigkeitsgrad von Mega Man Unlimited ist abartig. Leider aus all den falschen Gründen. Falls ihr wie ich zu den Veteranen der Serie gehört, mag es sich vielleicht nach weinerlichem Gejammer anhören. Doch seid gewarnt! Mega Man Unlimited ist mit Abstand der schwierigste Teil der Serie. Selbst Mega Man 9, über das sich viele beschwerten, ist im Vergleich dazu der reinste Kindergeburtstag. Und ich habe erst vergangenen Monat noch sämtliche Erfolge in dem Spiel geholt sowie Teil eins bis sechs auf meinem 3DS gespielt. Der Aufbau und Schwierigkeitsgrad der Reihe ist mir daher frisch in Erinnerung.

Tank Man, Yo-Yo Man, Nail Man und ganz besonders Rainbow Man sind Figuren, bei denen sofort das Schmunzeln beginnt.

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Eine große Frustquelle ist die Länge der Level. Sie sind ungefähr doppelt so lang wie in Mega Man 9, bieten aber weiterhin nur einen Checkpoint. Als ich das erste Mal in Nail Mans Stage den Zwischenboss erreichte, dachte ich wirklich, dass nun der Robot Master vor mir steht. Aber nein, selbst nach drei Minuten, die ich bis zu dieser Stelle benötigte, war ich in Wirklichkeit erst zur Hälfte durch. Und wer die Serie gewohnt ist, weiß, dass man öfters sterben muss, bis einem der Level im Gedächtnis bleibt. Gepaart mit nur einem Checkpoint stoppt die unwirtliche Länge euren Fortschritt regelmäßig schlagartig und macht den Vorgang zur Qual.

Nachdem ich mich eine halbe Stunde durch Nail Mans Level gekämpft hatte, nur, um kurz vor dem Bossraum zu verrecken, suchte ich mir einen anderen Robot Master aus. Immerhin gab es in jedem Teil einen relativ einfachen Level, der als perfekter Startpunkt diente. Im ersten Mega Man war es beispielsweise Cut Man, während im Nachfolger Bubble Man den idealen Startpunkt bot. Ihre Areale lassen sich selbst beim ersten Durchgang locker bewältigen. Nicht so in Mega Man Unlimited. Nicht einer der acht Level übernimmt auch nur im Ansatz dieses Prinzip, das mit voller Absicht in jeden Teil eingebaut wurde. Nicht einmal den Checkpoint konnte ich mit zwei Leben im ersten Anlauf erreichen.

Neben der Länge führen noch weitere Fehlentscheidungen zur ungesunden Steigerung des Schwierigkeitsgrades.

Der Name 'Pain Unlimited' wäre wohl passender gewesen.

Neben der Länge führen noch weitere Fehlentscheidungen zur ungesunden Steigerung des Schwierigkeitsgrades. So besitzt ihr keinen aufladbaren Schuss. Jedoch erfordern 95 Prozent der Feinde mindestens zwei bis vier Schüsse, um beseitigt zu werden. Das macht sie nicht nur im ersten Durchlauf schwieriger, sondern verhindert ein flottes Vorankommen selbst für erfahrene Spieler. Nehmt als Beispiel wieder einmal Nail Mans Stage, die ich nach gut 50 Minuten komplett auswendig kannte. Ich wusste jeden einzelnen Schritt, den ich nehmen musste, um nicht getroffen zu werden. Trotzdem benötigte ich noch immer über vier Minuten bis zum Boss, weil ich an vielen Stellen warten oder zu lange gegen Feinde kämpfen musste. Der komplette Fluss des Spiels wird durch diese Tatsache gestört.

Ein weiteres Problem findet sich im Level-Design, das absichtlich so konstruiert wurde, dass ihr niemals mit bestimmten Gefahren rechnen könnt. Feinde erscheinen erst im letzten Moment, rasen auf euch zu und benötigen dann acht Schüsse, um zu sterben. Wisst ihr es nicht im Voraus, kassiert ihr garantiert einen Treffer. Da die Gegner auch wesentlich weniger Gegenstände fallen lassen, braucht ihr mit einer Heilung in der Not gar nicht erst rechnen. Ebenso werden bestimmte Elemente farblich schlecht hervorgehoben. So beispielsweise die Transportbänder in Yo-Yo Mans Stage, die ich nur per Zufall entdeckte.

Keine Pause für eure Nerven

Und auch bei den Robot Mastern selbst findet ihr nur Schmerz. Bei einem direkten Kontakt ziehen sie euch anstatt der üblichen vier Punkte nun acht ab und besitzen sogar Todesattacken, bei deren Berührung ihr schlagartig sterbt. Wer hat sich denn bitte diesen Schwachsinn ausgedacht? Sogar die Level besitzen das X6-Syndrom und packen überall Stacheln hin, die regelmäßig perfekte Sprünge von euch verlangen. Ja, diese Stellen gab es auch in Mega Man 9, doch kann man sie an einer Hand abzählen. Außerdem befanden sie sich immer recht nah an einem Checkpoint.

Ein weiteres Problem findet sich im Level-Design, das absichtlich so konstruiert wurde, dass ihr niemals mit bestimmten Gefahren rechnen könnt.

Die Sprites in den Zwischensequenzen sehen leider nicht besser aus als die offiziellen Zeichnungen.

Die größte Strafe wartet dann in den Wily-Stages, die teilweise zehn Minuten Spielzeit in einem sauberen Lauf verlangen. Sterbt ihr beim ersten Boss, schickt euch das Spiel nicht vor dessen Eingang, sondern ein wenig weiter zurück. Und zwar direkt vor eine Stelle, die knapp die Hälfte eurer Rush-Jet-Energie benötigt. Ein absichtlicher Mittelfinger in das Gesicht des Spielers. Keine Energie mehr? Tja, Pech gehabt! Neustart! Ein paar Gegenstände könnt ihr zwar wie in Teil neun und zehn im Shop kaufen, doch auch hier warten Restriktionen. Maximal dürft ihr nur vier Energie-Tanks tragen und der allmächtige Mystery-Tank wurde durch einen popeligen Weapon-Tank ersetzt. Das Item für halben Schaden findet ihr auch nicht. Zumindest dürft ihr eure Waffen wie im zehnten Teil mit den Schultertasten wählen, ohne zu pausieren.

Ich könnte noch weitere Absätze über die Fehler in Mega Man Unlimited schreiben. Zum Beispiel die austauschbare Musik. Die schrecklichen Sounds beim Auswählen und Besiegen eines Bosses. Die langweiligen Waffen, von denen einige sogar aus alten Spielen kopiert wurden. Oder die Tatsache, dass die Entwickler dieses Projekts anscheinend nichts über die clevere Struktur der Mega-Man-Level wissen, die euch jede Mechanik unbemerkt beibringen (mehr dazu in diesem genialen Sequelitis-Video von Egoraptor).

Die Frage lautet jetzt: Würde durch die Reduzierung des Schwierigkeitsgrades ein besseres Spiel entstehen? Nein. Denn die Probleme bleiben auch in einem Easy-Mode weiterhin bestehen. Wahrscheinlich würden sich die viel zu langen Level dann noch unerträglicher anfühlen und der Einsatz der Spezialwaffen außerhalb von Bossen komplett nichtig sein. Zudem rettet es das Level-Design oder die mittelmäßige Musik nicht. Es finden sich, wie zu Beginn beschrieben, großartige Ideen in diesem Spiel. Doch es zeigt eindeutig, dass alleine die Liebesmüh beinharter Fans noch kein gutes Spiel macht. Immerhin kostet euch ein Versuch keinen Cent. Also ladet es euch bei Interesse von der Seite der Entwickler herunter. Aber schraubt eure Erwartungen weit zurück und legt euch am besten direkt einen Baldrian-Zugang.

5 / 10

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