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Meine Woche mit Aion - Das Finale

In sieben Tagen von Argwohn, Kopfschütteln und Hassliebe bis zu aufrichtigem Respekt.

Hier lest ihr mehr über die Ereignisse des ersten, zweiten, dritten und vierten Tages in AION.

Was war das für ein Wochenende mit AION. Ich hab gelacht. Ich hab geflucht. Ich hatte Spaß. Ich war gefrustet. Ich hab gequestet, gegrindet und mich eingerichtet. Ich habe infiltriert, triumphiert, Tests absolviert und mich für den Abyss qualifiziert. Jetzt flattere ich herum zwischen Inseln voller Elyos und Balaur, die mir ans Leder wollen. Hundemüde und ziemlich sicher, dass ich diese drei Tage nicht so schnell vergessen werde - oder wiederholen möchte.

Den Haramel-Dungeon hinter mir, ein Journal voller Kampagnen- und Nebenquests vor mir, ließ ich ein paar Missionen in Altgard links liegen, um mich in Morheim lukrativeren Aufträgen zu widmen. Besonders interessant an diesem Gebiet sind nicht nur die ergiebigen Quests und die unterschiedlichen Landschaftstypen - Eis, Wüste, Lava - sondern auch die Risse, die sich zufällig in regelmäßigen Abständen auf der Karte öffnen.

Moment! Ist das etwa Gene Simmons im Yeti-Kostüm?

Für eine Dreiviertelstunde kann man durch diese Dimensionstore nach Eltnen gelangen - einem Gebiet auf Seiten der Elyos. Dort darf man dann der gegnerischen Fraktion nach Herzenslust das Leben schwer machen, sofern der Held die Mindeststufe 20 erreicht hat. Umgekehrt geht das natürlich auch. Elyos schmuggeln sich regelmäßig nach Morheim und stören einen beim Jagen. Sogar Quests muss man im feindlichen Territorium erledigen - was gar nicht so einfach ist, wenn der Zugang im schlimmsten Fall von ein paar hochstufigen Spielern der gegnerischen Fraktion bewacht wird, die grad nichts besseres zu tun haben.

Hier erlebte ich zum ersten Mal so etwas wie taktisches Teamplay, nachdem ich lange Zeit praktisch ausschließlich solo gequestet hatte. Ich tat mich mit einem Assassinen zusammen, der einige lauernden Spieler auf der anderen Seite des Risses ablenkte, während ich den übrigen Wächtern dank Beschleunigungszaubern und reichlich Heiltränken entkam. Mit Hilfe seiner Tarnfähigkeiten konnte der Kollege seine Verfolger ebenfalls abschütteln und wir trafen uns wenig später wieder, in gebührendem Abstand zum Riss und den Aufpassern. Eine Weile streunten wir in der Gegend herum, überfielen einen arglosen Elyos beim Rasten, erledigten unsere Quests und flüchteten vor den Suchtrupps der Feinde. Eine Gaudi ohne Gleichen. Natürlich wurden wir irgendwann trotzdem geschnappt und von der Gegenseite zurück in unsere Dimension gekickt, doch die grob 20 Minuten auf feindlichem Terrain gehörten zum spannensten, was mir bis dahin in AION untergekommen war. Schade, dass man sich erst durch all die zähen Quests und drögen Monsterhorden beißen muss, bis man so ein Highlight serviert bekommt.

Ein Luxushaus mit Weihnachtsdeko werden sich nur wenige Veteranen ersteigern können.

Nach diesem Erlebnis hatte ich Blut geleckt und wollte endlich in den Abyss gelassen werden. Außerdem war ich genervt von den langen Quest-Gewaltmärschen ohne Flugerlaubnis. Also begann ich, Monster zu grinden, die im Verhältnis mehr Erfahrungspunkte ausspuckten, leicht zu meucheln waren und in großen Rudeln rund um Morheim zu finden sind. Mit knapp 10.000 Erfahrungspunkten pro Kill und zwischen 1,5 und zwei Millionen XP bis zur nächsten Stufe dauerte das Leveln trotzdem ein Weilchen. Mein Vorteil war, dass ich als Beschwörer meine Elementare auf ein Monster hetzte, während ich mir gleichzeitig ein anderes vorknöpfte. Die Makrofunktion von AION erwieß sich ebenfalls als praktisch und ersparte mir eine Menge Klickarbeit.

Pause in den eigenen vier Wänden

Mit Level 21 machte ich eine kurze Pause, um ein kleines Gratis-Appartment in Pernon zu beziehen. Die eigene Wohnung ist ein netter Zeitvertreib - und im Extremfall ein echtes Geldgrab, wenn man die Möbel nicht selbst herstellt. Die Einrichtung verschiebt und dreht man nach Belieben, besorgt sich noch einen Bodenbelag oder eine Tapete - fertig ist die Unterkunft. Ein Shugo-Butler übernimmt das Begrüßen von Gästen - sofern man Besuch gestattet. Die Möbel sind benutzbar - man darf also auf den Stühlen sitzen und auf dem Bett liegen - was längst nicht bei jedem MMO mit Player-Housing Standard ist. Außerdem erfüllen manche Einrichtungsgegenstände einen praktischen Zweck.

In Schränken verstaue ich zum Beispiel Gegenstände, spezielle Blumen beschenken mich täglich mit Aufwertungs-Steinen oder anderen Goodies, wenn ich sie dünge, außerdem steigt der Pegel des Rast-Erfahrungsbonus schneller, wenn ich mich in meiner Wohnung auslogge. Habe ich genügend Spielgeld auf der Seite, kann ich mir ein ganzes Haus ersteigern - mehr Platz, extrem begehrt, kostet allerdings auch Unterhalt. In Pernon kann ich zudem einige tägliche Quests erledigen, was ganz nett ist, wenn man sich nicht andauernd in Kampfgebieten herumtreiben mag. Einziger Pferdefuß ist - wie gesagt - der relativ hohe Mindestlevel von 21 für dieses Feature und die laufenden Kosten.

Beim Möbelrücken kommt glatt ein bisschen „Die Sims“-Feeling auf.

Nach dem Wohnungs-Intermezzo ging ich wieder ans schaufeln von Erfahrungspunkten. Und das war wirklich harte Arbeit. Otto-Normalspieler ohne Abyss-Ambitionen wird meiner Meinung nach ziemlich lange beschäftigt sein, bis er die PvP-Welt zu sehen bekommt. Wenn überhaupt. Ich ignorierte jedenfalls die Bildschirm-Meldungen, die mich nach jeder verstrichenen Stunde aufforderten, doch bitte der Gesundheit zuliebe eine kleine Pause einzulegen. Vernünftig hin oder her - ich wollte jetzt endlich Stufe 25 erreichen. Nach sechs Gesundheits-Warnungen war es dann soweit. Der Abyss zum greifen nah. Dachte ich jedenfalls.

Endlich in den Abyss? Ätsch! Nö!

Doch AION streckt euch noch ein letztes Mal die Zunge heraus, bevor ihr in den Planetenkern gelassen werdet. In vier Kampagnenquests sollte ich mich in Pandämonium als würdig für den Abyss erweisen. Schon eine dreiste Forderung, nachdem ich einige Tage meiner Lebenszeit in dieses Spiel gesteckt hatte. Natürlich war ich würdig! Aber von mir aus. Her mit den Prüfungen.

Als Erstes sollte ich in der Arena von Pandämonium mit einem NPC sprechen. Klingt simpel. Dummerweise lungerten gerade ein paar andere Spieler dort herum und machten sich einen Spaß daraus, mich zu attackieren - ist schließlich erlaubt in der Arena. Irgendwie mogelte ich mich aber lange genug an ihnen vorbei, um die Quest zu erledigen, bevor ich ins Gras biss und vor die Arena teleportiert wurde. Fiese Bande. Ein Wolf ist der Engel dem Engel (frei nach Plautus).

Ab zur Konkurrenz: Mit diesen Rissen reist ihr in die Gebiete eurer verfeindeten Fraktion.

Die nächste Aufgabe war ein mehrteiliges Quiz mit Multiple-Choice Fragen. Zum Glück durfte man beliebig falsch antworten, bis man alle Varianten durch hatte. Kein Problem also. Dabei erfährt man eine Menge über die Hintergrundgeschichte von AION.

Schritt drei führte mich wieder in die Arena - diesmal jedoch in die Katakomben-Instanz darunter. Dort solle ich in drei Minuten eine Meute gefangener Elyos-Geister plätten. Mächtige Krieger seien das gewesen, so der Torwächter. Was anfangs unmöglich klang, entpuppte sich jedoch als lässiger Ringelreihen. Die Geister waren extrem schwach - ein AoE-Zauber genügte, sie alle gleichzeitig zurück ins Jenseits zu schicken. Eher eine Alibi-Quests als eine wirkliche Prüfung meiner kämpferischen Fähigkeiten.

In Morheim verirren sich immer wieder feindliche Spieler in euer Territorium.

Die letzte Mission war etwas für Luft-Akrobaten. Ich sollte über der Eisfestung von Morheim innerhalb eines Zeitlimits durch fünf Ringe fliegen. Obwohl meine Flügel mittlerweile etwas eingerostet waren und ich seit Wii Sports Resort nicht mehr durch Ringe geflogen bin, meisterte ich die Übung beim ersten Anlauf. Gelernt ist gelernt. Glückwunsch. Jetzt durfte ich durch den großen Ring über Morheim direkt in den Abyss fliegen.

Die Welt im Abgrund

Endlich am Ziel meiner arbeitsreichen Woche angekommen, war ich erst einmal geplättet von den vielen Spielern und NPCs, die sich in der Asmodischen Festung Primum herumtreiben. Diese fliegende Insel inmitten eines roten nebeligen Nichts quillt über vor Leben. Was mich noch mehr begeistert: Man darf hier überall fliegen. Keine Flugverbotszonen, keine Schranken. Warum nicht gleich so?

Ich wechselte ein paar Worte mit dem Statthalter Votan (immer diese Anspielungen auf die nordische Mythologie), der mich nach einer knappen Begrüßung an seine Untergebenen weiter reichte. Zunächst absolvierte ich eine Kampfausbildung - eine Handvoll Zwischensequenzen, in denen mir NPCs erklären, wie man einen Stützpunkt im Abyss erobert. Schaut man sich das Ganze in der Theorie an, merkt man schnell, dass nur eingespielte Clans eine echte Chance haben, so einen Stunt durchzuziehen.

Vier auf einen Streich! Die Elyosgeister sind schwächer als gedacht.

In der nächsten Quest sollte ich die Sprache der Balaur erlernen. Keine Sorge: Engel werden nicht mit Kärtchen abgefragt oder müssen für Grammatik-Klausuren büffeln. Stattdessen flog ich auf eine der weiter entfernten Inseln, die zu der Zeit gerade im Besitz der Elyos waren. Dort trieben sich etliche Balaur-Dämonen und ein paar NPCs meiner Fraktion herum. Ich wurde beauftragt, einen Ashikar-Sturmsoldat-Dämonen anzugreifen, zu schwächen, und ihn in die Nähe der NPCs zu locken. Keine leichte Aufgabe - der Dämon war zäh, groß und extrem stark für mein Level.

Nach einigen Anläufen gelang das Kunststück und das Biest wurde in einer Zwischensequenz gefangen genommen. Danach musste ich nur noch einen Kristall für die Geist-Transfer-Maschine eines verrückten Wissenschaftlers besorgen, der mir zum Dank die Sprache des gefangenen Monsters eintrichterte. Logisch, oder? Wenn alle Missionen im Abyss derart fordernd und interessant sind, werde ich den Bereich lange nicht verlassen. Und ich werde auch nach der Woche nicht zum letzten Mal Atreia besuchen.

Viele Licht- und Schattenseiten

Die Woche mit Aion hat mir gezeigt, wie hübsch das Baby von NCSoft und Gameforge auch drei Jahre nach seiner Geburt noch strahlen kann. Die Übersetzer haben viel Liebe in die Texte fließen lassen - was freilich nur derjenige merkt, der sich brav durch die Buchstaben-Berge wühlt, anstatt sie genervt vom Screen zu klicken. Mehrmals hat mich die schnippische oder brilliante Antwort eines NPCs völlig aus dem Konzept gebracht, so dass ich mir erst einmal die müden Augen reiben und den Satz noch einmal lesen musste.

Nur die kunstfertigen Flieger dürfen in den Abyss.

Wenn sich zum Beispiel der Brigadegeneral Suthran in Altgard weigert, mir ein Empfehlungsschreiben für die geheime Bibliothek auszustellen, bloß weil ich eine uralte Quest von ihm noch nicht erledigt habe, bleibt einem zunächst die Spucke weg (Zitat):

"Empfehlungsschreiben? Ach, und welcher Posten schwebt Euch vor? Amtlich vereidigter Chef-Schlurfer? Drei-Sterne-Bummelant? Durchlauchtigster Daumendreher? Ich erteile Euch eine Mission, ihr macht euch nicht die Mühe, sie abzuschließen, kommt dann aber angeschlendert und wollt ein Empfehlungsschreiben?"

Autsch. Noch nie hat mir ein NPC aus heiterem Himmel eine solche Abfuhr erteilt.

Und selten hat mir das Adrenalin elektrischer in den Adern gepocht, als bei meiner Spionage-Mission im Gebiet der verfeindeten Elyos-Fraktion. Und dann erst der Abyss, wo Tag und Nacht die Engel miteinander und gegen den Computer um ihre brüchige Vorherrschaft ringen. AION kann ein Musterknabe für spannendes PvP sein, so es denn will.

Die ersten Schritte in Primum, der Asmodier-Festung im Abyss - hier ist immer was los.

Leider hat mir die Woche auch gezeigt, was für ein sadistisches Balg AION manchmal ist: Ich darf fast nirgends fliegen - nicht einmal in Gebieten unter freiem Himmel oder in meiner Hauptstadt. Die Quests spendieren reichlich Erfahrungspunkte, dafür läuft sich mein Held dafür stundenlang die Hacken wund oder schnetzelt hunderte Monster, bis eines den gesuchten Gegenstand fallen lässt.

Launisch zeigt sich AION auch beim Schwierigkeitsgrad seiner Biester. Manchmal versohlt mein Recke Ungeheuern den Hintern, die vier Stufen über ihm stehen und deren Name blutrot ihre Tödlichkeit bezeugt, nur um Minuten später willkürlich von einem Karnickel gekillt zu werden, das eigentlich vier Stufen unter ihm sein Gras mümmelt und dessen Name so harmlos grau schimmert, dass man die Buchstaben fast übersieht. Nein, liebe Kinder, so balanciert man keinen Schwierigkeitsgrad.

Um Territorien im Abyss zu erobern muss man an solch dicken Brocken vorbei.

Selbstverständliche Features wie Chat-Kanäle, Housing oder PvP hortet der MMO-Sprößling außerdem derart eifersüchtig hinter Level-Hürden und Cashshop-Schranken - selbst eine Super-Nanny würde sich an dem Bürschlein die Zähne ausbeißen. Mehr als einmal hat mich das schier zur Weißglut getrieben. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich Stufe 25 erreicht hatte und die Eintritts-Quest zum Abyss absolvieren durfte. Doch hier muss man dem Titel auch zugestehen: Als ich endlich auf den fliegenden PvP-Inseln im zerbröselten Zentrum des Planeten stand, war ich stolzer als tausend Oskars.

Und wer soll das jetzt spielen?

AIONS größtes Problem scheint mir die Suche nach seiner Zielgruppe. Ist es ein MMO für Einsteiger? Für Durschnitts-Spieler? Für Profis? Seit dem Wechsel zum Free-to-play-Modell ist diese Frage besonders relevant.

Ein Anfänger wird sich vermutlich von den Level-Hürden, Text-Fluten und sonstigen Macken weniger ins Bockshorn jagen lassen. Er kennt es ja nicht anders. AION ist ideal für den geduldigen Einsteiger, der keine Ansprüche in Sachen PvP hegt, sich gerne die Zeit nimmt und eine überschaubare Welt zum Entdecken sucht, um darin gemütlich seine Zeit tot zu schlagen. Ein Spieler, der Features wie Pets, Crafting, Player-Housing, den Abyss und andere Dinge als erfreuliche Überraschungen erlebt, statt sich zu fragen, wann sie denn endlich frei geschaltet werden.

Ein Grinding-gestählter Vollprofi wird über Level- und andere Hürden allenfalls müde lächeln und sie in Rekordzeit nehmen. Mit Texten verschwendet so einer keine Zeit und dank trainierten Sitzfleisches kann ein Könner in AION enorm viel aufbauen. Sofern einen die Unzulänglichkeiten bei Grafik, Interface, Kampfsystem oder der Cashshop nicht abschrecken - und man nicht bereits in einem anderen MMO zuhause ist. Will man jedoch die Chat-Kanäle und den Handel voll ausschöpfen, führt kein Weg an einem kostenpflichtigen Gold-Paket für 30 Tage vorbei. Spätestens dann fragt sich der MMO-Kenner, weshalb er nicht zu einem neueren Titel für das gleiche oder weniger Geld greifen sollte.

Primum aus der Ferne gesehen - die Festungen sind quasi die zweite Heimat für alle PvP-Fans.

Die größte Gruppe ist zugleich diejenige, an der AION vermutlich gnadenlos vorbeigeht: Die Durchschnitts-Spieler von heute. Zeitgenossen, die bereits andere MMOs kennen und wissen, was sie erwarten dürfen. Die aber nicht die Geduld haben, ewig zu ackern, bis sie ein Feature frei geschaltet haben. Die sich - zurecht - fragen, weshalb es so lange dauert, bis man die Highlights präsentiert bekommt. Weshalb man einen Engel mit Flügeln spielt und trotzdem erst im Abyss wirklich fliegen darf, obwohl es bei den langen Laufwegen vorher viel sinniger gewesen wäre. Spieler, die diese Verzögerungstaktik als plakativen Versuch werten, sie zum Kauf von Erfahrungs-Boni im Cashshop zu bewegen - und auch damit vermutlich Recht haben.

Jemand, der das Genre schon lange kennt, mag es traurig finden, dass viele Spieler heutzutage ein höheres Tempo von ihren MMOs erwarten, gar nicht genug Belohnungen und Beute einsacken können und lieber heute als morgen ihre maximale Stufe erreichen wollen. Auch wenn sie Bares dafür hinlegen müssen. Mit jedem Schritt, den die Branche in Richtung free-to-play-MMOs gegangen ist, hat sie sich auch tendenziell dem Markt für Casual-Spieler angenähert. Viele Titel haben sich darauf eingestellt. Auch AION. Doch trotzdem ist es noch immer ein MMO der alten Schule und erfordert relativ viel Arbeit von seinen Spielern, selbst wenn sie ihren Weg durch Cashshop-Items abkürzen. Das kann man tolerieren - oder ablehnen. Ich könnte mir vorstellen, dass etliche Durchschnittspieler vermutlich trotzdem noch vor dem Abyss genervt das Handtuch werfen. Es gibt einfach mittlerweile zu viele Free-to-play-MMOs auf dem Markt, die ihren Spielern die Erfolge buchstäblich hinterher werfen.

Ihr schlagt einen Balaur bewusstlos, um seine Sprache zu lernen - sehr unkonventionelle Methode.

Doch es wäre schade, wenn AION daran zugrunde ginge, denn trotz aller Macken, die ich im Laufe der Woche kritisiert habe, ist mir das Spiel mit jedem Tag ein Stückchen mehr ans Herz gewachsen. Jetzt, nach sieben Tagen, bin ich mir sogar sicher, dass ich mich ab und zu nochmals zum Spaß in meinen Account einloggen und gemütlich weiter questen werde. Das hätte ich vor ein paar Tagen noch nicht erwartet. Ja, AION hat seine Ecken und Kanten. Ja, es ist nicht mehr taufrisch. Ja, es tritt in so manches alte Fettnäpfchen, das andere MMOs längst überwunden haben. Ja, ich stand mehr als einmal vor der leeren Erfahrungs-Leiste und hätte am liebsten meinen Kopf auf die Tischkante geknallt, weil noch so viele Punkte zur nächsten Stufe fehlen und ich dafür wieder zig Kilometer laufen muss.

Aber mit jeder erledigten Quest, mit jeder Beute, mit jeder witzigen Textzeile, mit jeder interessanten Begegnung, mit jeder Überraschung und mit jedem gemeisterten Level wuchs auch der Stolz, dass ich trotz der nervigen Hindernisse etwas erreicht habe. AION serviert euch nichts auf dem Silbertablett. Es hält mit vielen seiner Stärken zu lange hinterm Berg. Es läuft nicht immer rund und hat sogar unfaire Momente. Aber wenn ihr durchhaltet, belohnt es euch auf einer Ebene außerhalb des Spieles. Es belohnt euer Ego. Ihr habt nicht klein beigegeben sondern euch durchgebissen. Wenn ihr dann irgendwann einmal einen ausgelevelten Engel euer Eigen nennt und vielleicht ein paar Anfänger als Mentor begleitet, werden sie zu Euch aufblicken. Denn ihr habt es euch verdient.

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Frank Erik Walter: Tagsüber arbeitet Frank als freier Journalist. Nachts jagt er seit 2010 flüchtige MMOs für Eurogamer.de und die MMO PRO. Skittles und Tetris sind sein Kryptonit.
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