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Metro Exodus angespielt: Ein Roadtrip durch das Ende der Welt mit Parallelen zu Stalker

Die frische Luft tut 4A gut.

Es kommt selten vor, dass ein Spiel seine Dimensionen von einem Teil zum nächsten so immens aufplustert, wie Metro Exodus das nun versucht. Nur knapp passe Metro Exodus laut seinem langjährigen Brand Manager Huw Beynon auf eine 50 GB große Blu-ray, mehr als die doppelte Menge an Dialogzeilen nahm man in den fünf Jahren Entwicklungszeit auf und das verantwortliche Team sei nun doppelt so groß wie bei Last Light.

Die Idee kam ursprünglich vom Art-Team des Studios, das für Exodus endlich "eine breitere Leinwand" haben wollte. Das nahm 4A zum Anlass, das Spiel, das sich ursprünglich an Half-Life 2 orientiert habe, wieder in Richtung Stalker zu lenken, mit dem 4A Games so viel verbindet. Der Bezug lässt sich nicht in erster Linie durch die Menge an GB wiederspiegeln, in sondern in der Welt, die die Designer ihren Spielern hinstellen. Offener soll es sein, mehr auf Überleben, Erkundung und Spielerinitiative fußen.


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Aber auch Stalker trifft den Kern der Sache nicht wirklich. Wo GSC Game Worlds klappriger Klassiker voll und ganz Chernobyl verschrieben war, sieht Exodus ganz Russland als sein Zuhause. Zusammen mit einigen anderen Überlebenden und seiner Geliebten Anna lässt Artyom die Moskauer U-Bahn hinter sich und fährt mit einem Zug, der Aurora, quer durchs Land Richtung Osten, nach Wladiswostok. Dementsprechend dominiert das Flair eines langen, beschwerlichen Treks, während die Aurora, beginnend im Frühjahr, immer mal wieder Halt macht. Das sind dann die Momente, in denen das fahrende Zuhause den Spielercharakter in einen ausladenden, aber überschaubaren Open-World-Abschnitt entlässt.

Auf unserem Anspieltermin in London, dem ersten Hands-on mit dem Titel überhaupt, konnten wir die Umgebung und die Bewohner des ersten Stopps der Aurora eingehender kennenlernen. Der Zug muss halten, weil die Brücke blockiert ist und die Anwohner des Landtrichs auf den Zug schossen. Da sie aber anschließend flohen, anstatt nachzusetzen, entschließt ihr euch, nach dem Rechten zu sehen. Nach einer kurzen Lagebesprechung mit dem Anführer des Treks, dem Vater eurer besseren Hälfte, hat man freie Hand, wohin man gehen möchte, aber natürlich ist es die Kirche, zu der die Fremden liefen, die mich als erstes interessiert.

Schlackern einem beim Begriff Open World die Ohren, weil man eigentlich handgemachte, detailversessene Level bevorzugt, will Beynon Entwarnung geben: Die Areale sind mit Absicht nicht unfassbar groß gehalten, damit die Designer jeden der Bereiche - das Wolga-Gebiet ist 20 Mal größer als die großzügigste dimensionierte Umgebung von Last Light - reichhaltig ausstatten und mit Leben beziehungsweise den Resten davon füllen konnten. Allein auf dem Weg zur Kirche erzählt mir die Welt viele kleine Geschichten von dem, was hier vorher mal war. In der Kirche selbst haust ein durchgeknallter Kult, man wohnt einer Predigt bei und ist sich eigentlich sicher, mit diesen Leuten nichts zu tun haben zu wollen, bevor man auf ein kleines Mädchen trifft, das behauptet, es würde zusammen mit seiner Mutter dort festgehalten werden.

Was dann passiert, ist ein cooler Moment. Ich weiß nicht, ob ich das hätte vermeiden können, aber ganz Shooter-Spieler war mein Kopf auf einmal im Stealth-Modus, als die Endzeitapostel anfangen nach mir zu suchen. Ich erledige ein paar lautlos, dann fliegt meine Tarnung auf und die Kugeln fliegen. Mit den letzten Schüssen fälle ich noch einen Gegner, dann ... ergibt sich auf einmal der Rest. Hier hat man es nicht mit lebensmüden Drohnen zu tun, die euren Tod über ihr Leben stellen. Unfassbar, wie erfrischend es war. Zu allem Überfluss bekomme ich beim Durchforsten der nun befriedeten Kirche von einem verängstigten Bewohner gesteckt, dass das kleine Mädchen nicht immer die Wahrheit sagt und manches Mal Dinge ein wenig ausschmückt. Ein netter Moment, der unterstreicht, dass dieses Spiel anders tickt und von euch gerne sähe, dass ihr euer Handeln hinterfragt.

Überhaupt scheint euch nicht jeder direkt umbringen zu wollen. Auf einem alten Lastenkran traf ich zum Beispiel auf einen NPC, der durchaus hilfsbereit war und mich über die Umgebung aufklärte und dabei neue, interessante Punkte auftat. Allerdings gab Beynon schon bei der einleitenden Vorstellung des Spiels zu verstehen, dass man auf keinen Fall "sinnlose Ablenkungen und Nebenquests einbauen möchte. Versteht optionale Ziele und Gebiete eher als Einladung, die Welt besser kennenzulernen. Auf keinen Fall wolle man Dringlichkeit und Sogkraft der Narrative aufs Spiel setzen, für die die Reihe bekannt sei, so Beynon. Es sei dem Team nur darum gegangen, dem Spieler ein paar Freiheiten zu gewähren.

Zu denen gehört auch, ob man sich bei Tag oder Nacht durch die Welt bewegt. Der dynamische Wechsel verändert, wie ihr spielt, ein Lager Banditen solle man zum Beispiel bei Dunkelheit angreifen, um einen Vorteil zu haben, allerdings kreucht des Nachts noch so einiges anderes durch die Wildnis. Weiterhin gibt es auch Survival-Elemente, wenn ihr aus den Ressourcen "Material" und "Chemikalien", mit denen man on-the-fly Munition und dergleichen craftet, einfach indem er seinen Rucksack abnimmt und mit den Teilen zu basteln beginnt. Wer das Glück hat, eine Werkbank zu erreichen, erhält aber Zugriff auf eine tiefergehende Zahl an Gegenständen zum Herstellen. Medikamente, Luftfilter, Munition, Sekundärwaffen, Wurfmesser, Ablenkungsgegenstände. Ihr wisst, welche Sorte Gut gemeint ist.

Hier schraubt ihr auch an den Waffen herum, was optisch durchaus nett gelöst ist, weil die Waffen einmal mehr schön improvisiert, archaisch-martialisch, aber plausibel aussehen. Wie die Kamera vom Lauf bis zum Kolben fährt, während ihr wählt, wo ihr den Schraubenschlüssel ansetzen wollt - und dabei den Look der Waffe drastisch verändert -; das macht schon was her. Und auch das Putzen seiner Waffe, einfach dran denken, die Taste dafür zu halten, sollte man nicht vergessen. Ansonsten droht euch, dass sie euch schon mal ihren Dienst mitten im Gefecht versagen.

Ich bin eigentlich ein großer Skeptiker der Ver-Survival-und-Open-Worldung eigentlich linearer Spiele, aber hier passt es irgendwie wahnsinnig gut. Metro hatte schon immer diesen bitteren "Um-jeden-Preis-überleben"-Vibe, der sich für entsprechende Mechanismen geradezu aufdrängt. Und die offenen Welten? Die stellen sich ganz in den Dienst, eine epische, detailversessene Geschichte zu erzählen und dem Spieler die Beschwerlichkeit dieser Reise zu vermitteln. Selbst auf der Karte tragt ihr die wichtigen Punkte nach und nach gewissermaßen selbst ein. Hier fühlt sich alles an, als hätte man was geschafft.

Das gelingt nicht vielen Titeln, dürfte hier aber klappen, weil der Blick, bei aller Versessenheit auf die kleinen Geschichten zwischen den großen Schicksalen und Entscheidungen, die euren Trek um neue Waggons und Bewohner bereichern - oder sie das Leben kosten -,immer aufs Ziel gerichtet bleibt. Zu keiner dieser kleinen offenen Welten, die jeweils für mehrere Stunden Erkundung gut sein sollen, kehrt ihr je wieder zurück. Ich wünschte, mehr Spiele wären derart erpicht darauf, dieses Gefühl einer Flucht ohne Wiederkehr zu vermitteln.

So, jetzt wird aber gemeckert: Schon während der Demonstration vor meiner Anspielmöglichkeit war klar, das Spiel hat aktuell noch ein nicht wegzudiskutierendes Steuerungsproblem. Der Produzent John Bloch, ebenfalls schon jahrelang an Metro beteiligt, traf einfach nichts, worauf er schoss. Das soll jetzt kein Diss seiner Skills sein, das Gunplay und Aiming mit dem Xbox-One-Controller war einfach noch über Gebühr nervös und hakelig. Die Art der Waffenbewegung, die Animationen, während ihr versucht, das Fadenkreuz über einen empfindlichen Bereich eures Feindes zu ziehen - beide Aspekte wirken wie aus zwei unterschiedlichen Spielen, passen einfach nicht zusammen.

Schon das erste Metro hatte in Sachen Controller-Steuerung Probleme, die mit der Zeit ein Stück weit beseitig wurden. Und wer plant, es ohnehin am PC mit Maus und Tastatur zu spielen, muss sich überhaupt keine Sorgen machen. Controller-Spieler behalten aber bitte noch im Hinterkopf, dass das hier - zumindest bei meinem Erstkontakt mit Exodus - noch ziemlich anstrengend zu spielen war. Gerade vor dem Hintergrund, dass Munition in dieser Welt ein teures Gut ist. Ansonsten sah es technisch spitze und gestalterisch angemessen ostblockig aus, lief auf einer Xbox One X in nativem 4K bei durchaus stabilen 30 FPS.

Metro Exodus - Gameplay-Trailer E3 2018Auf YouTube ansehen

Was soll ich sagen: Wie Metro an der frischen Luft näher an Stalker heranrückt - sogar Anomalien haben es in das Spiel geschafft -, das hebt diese Reihe weit über den bisherigen Geheimtipp-Status hinaus - auf einen Level, den man sonst von Teams mit deutlich mehr Renommee und größerem Budget erwartet.

Exodus hat Hand, Fuß, Vision und gutes Aussehen - jetzt nur noch eine Controllersteuerung, mit der man seine Gegner auch trifft, dann geht hier nichts mehr schief, denke ich.


Entwickler/Publisher: 4A Games/THQ Nordic - Erscheint für: PC, Xbox One, PS4 - Geplante Veröffentlichung: 22. Februar 2019 - Angespielt auf Plattform: Xbox One X

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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Metro Exodus

PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, PC

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