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Metroid Prime Remastered – Test: Ein unsterblicher Klassiker – der jetzt moderner wirkt denn je

Ich hatte ja keine Ahnung, wie sehr ich diese Serie vermisst habe.

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Mehr Remake als Remaster, ist Metroid Prime auf der Switch eine nachhaltige Erinnerung an eine Reihe, die zu Unrecht in Vergessenheit geriet. Ein Meilenstein, jetzt fit für die nächsten 20 Jahre.

Der Shadow Drop von Metroid Prime überraschte mich auf diverse Arten. Es waren gewissermaßen vier Überraschungen in einer. In jeweils unterschiedlicher Schattierung: Zuerst freute ich mich darüber, dass das Spiel unmittelbar nach der Nintendo Direct erhältlich war. Dann war ich kurz zerknirscht, weil es sich nur um den ersten Teil handelte, nachdem Wii und WiiU seinerzeit ein schöner Dreierpack aus der kompletten Trilogie geschnürt worden war. Darauf wiederum folgte der Schock, dass Nintendo satte 40 Euro für das Remaster eines 21 Jahre alten Spieles haben wollte und zuletzt die Einsicht, dass ich ein kompletter Vollidiot war, an diesem Spiel auch nur eine Sekunde gezweifelt zu haben.

Dann wiederum ist es nicht allein meiner mangelnden Zurechnungsfähigkeit zu verdanken, dass ich der Solo-Veröffentlichung zum Zweidrittel-Vollpreis skeptisch gegenüberstand, denn “Remastered” klingt nicht nach viel – und verkauft diese Version von Metroid Prime entschieden unter Wert. Im Grunde haben wir es hier eher mit einem Remake zu tun, das auf der Switch technisch hart an die Grenzen des Machbaren geht, Texturen, Modelle, Beleuchtung, Vegetation, so gut wie alles wurde ausgetauscht, ohne die visuelle Identität des Spiels zu beschädigen.

21 Jahre alt. Einundzwanzig!

Das beginnt mit der scharfen Planetentextur, als man das erste Mal Tallon IV am Firmament hinter der Raumstation aufragen sieht, setzt sich fort in den Reflexionen, wenn man eine Rakete einen Korridor hinunter schießt und endet auch nicht, wenn man schließlich auf dem Planeten landet. Denn der Hub-Bereich hat dichtes Gras, allgemein feinere Vegetation und zahllose Atmosphäreneffekte bekommen. Jede Wand wirkt natürlich wie aus dem Felsen gehauen, nichts ist nur Tapete. Alles ist in Sachen Plastizität auf einem so zeitgemäßen Level, wie ihn diese Plattform nur zulässt. Es sieht aus wie ein neues Spiel, das mit den besten auf der Switch mithalten kann. Noch dazu in stabilen 60fps. Ich spielte Metroid Prime Remastered tagelang an einem großen 4K-Fernseher – und obwohl ich mittlerweile hauptsächlich an einem starken PC zocke, sieht Prime für mich einfach super aus.

Der nächste Knaller kam aber gefühlte 30 Minuten nach der Landung auf Tallon IV, die sich beim Nachrechnen plötzlich als geschlagene zweieinhalb Stunden herausstellten. So tief war ich auf Anhieb wieder hier versunken. Dazu muss ich sagen, dass mein letztes Mal mit einem Metroid Prime tatsächlich eine ganze Weile her war. Und das muss Teil drei gewesen sein. Der war auch toll, aber spulte vielleicht schon zu gut seine Formel ab und begann leicht unter der Last zu knarzen, die neue Bewegungssteuerung zu implementieren. Ich habe dennoch sehr gute, lebhafte Erinnerungen an Corruption. Auch wenn ich sagen muss, dass Teil eins, der hier als Remaster vorliegt, mit eine glaubwürdigere, schlüssigere und letztlich faszinierendere Welt hinstellt.

Ein. Und. 20!

Denn, meine Güte, ist das gut! Kein Meter Leerlauf, optimale gezogene Wege (auch wenn man manchmal gründlich die exzellente Karte konsultieren muss), Backtracking, das niemals nervt, sondern innig mit der Umgebung vertraut macht und dabei eigene Geschichten erzählt. Ein Meisterstück, wie Retro eine vordergründig labyrinthartige Struktur allmählich auf Westentaschenformat schrumpft, während man als Spieler ein Auge für spätere Wege entwickelt, Routen und Durchgänge entdeckt, die man lange übersah.

Es wirkt wie aus einem Guss, und das, obwohl diese Welt verdächtig passgenau um die doch recht spezifischen Fähigkeiten von Samus Aran herum designt wurde. Das Spiel erklärt das mit einem Eineinhalbzeiler von einer Prophezeiung über eine Frau, die als Rettung vom Himmel fällt und lässt es – besser so! – dann damit bewenden. Schon komisch: Ich habe häufig Probleme, wirklich in Welten zu versinken, die eindeutig nur da sind, damit der Held (und nur der) sie lösen kann. In Metroid Prime vergesse ich, dass ich hier hineinpasse, wie eine Hand in einen Handschuh. Verdammt, ich mache mir nicht einmal Gedanken darüber, welcher Idiot in diesem Universum dafür verantwortlich war, dass alle Türen nur durch Beschuss mit scharfen Waffen zu öffnen sind. Tolle Technik, zugegeben, aber der TÜV Rheinland hätte damit wohl so seine Probleme.

Der Moment, in dem man das erste Mal bemerkt, dass man die Reflexion von Samus' Gesicht im Visor sehen kann...

Besonders besticht, wie exakt das hier eben kein normaler Shooter ist, auch wenn der dicke Waffenarm unserer Kopfjägerin von unten rechts unentwegt ins Bild ragt. Prime steht trotz veränderter Perspektive fest in der Tradition von Metroid, bleibt trotz FPS-Parallelen und Baller-Einlagen durchweg ein Spiel über Erkundung, Beobachtung und Puzzles und bedient dabei oft alle Reizrezeptoren zugleich. Kaum ein Raum, in dem nach ein paar kürzeren Kämpfen nicht mindestens ein halbes Dutzend Gegenstände mit dem Scanner untersucht werden können, um so mehr über die Geschichte oder die Funktionsweise dieser antiken Anlagen zu erfahren. Egal, wie oft ich hier durchrenne und wie vertraut mir diese Umgebungen sind, es dauert, bis ich wirklich alles über diese Plätze weiß.

Klar, dass es auch audiovisuell tief ins Erlebnis hereinzieht. Mit einer Kraft, die ich von einem Spiel, das über 20 Jahre auf dem Buckel hat, nicht erwartet hatte. Prime spricht eine Bildsprache, die ungebremst zu mir durchdringt, zieht mit einer perfekten Struktur immer weiter vorwärts, und weil man diese Welt so liebt, freut man sich, dass “vorwärts” oft “zurück” oder “zur Seite” bedeutet. Man will auch den letzten Winkel sehen und jede Andeutung eines Durchgangs, den zu öffnen einem das Werkzeug fehlt, ist eine lockende Herausforderung.

Selten hatte man in einem Spiel so sehr das Gefühl, wirklich in einem High-Tech-Anzug zu stecken. Wunderbare Wärmebildeffekte!

Ich liebe es so sehr – und dass ich das entweder vergessen hatte oder damals nie so richtig zu schätzen wusste, das ist vielleicht doch die fünfte und größte Überraschung an diesem Spiel – und die, die sich am seltsamsten anfühlt.

Tatsächlich gibt es wenig, was ich nicht mag, an Metroid Prime Remastered. Die Speichermechanik mit dedizierten Speicherräumen und ohne Auto-Saves zwischendurch sorgt dafür, dass man hier und da ein bisschen mehr Fortschritt verliert, als einem lieb ist. Das führt dazu, dass das (Auf-)Suchen eines Speicherpunkts zwangsläufig zentraler Teil des zentralen Gameplay-Loops wird, was ich nicht wirklich für eine gute Idee halte. Dann ist da die Tatsache, dass das Spiel viel eurer Erkundungsbemühungen nur mit erhöhten Kapazitäten für Raketen oder Lebensenergie entlohnt, weshalb man schon Komplettierer sein muss oder sehr in diese Welt verliebt, damit sich einige der Entdeckungen wie echte Triumphe anfühlen. Letzteres dürfte zwar auf die meisten Spieler zutreffen, denn Tallon IV ist nicht weniger als eine der fesselndsten Spielumgebungen aller Zeiten, aber ich wollte nicht unerwähnt lassen, dass ein bisschen Checkliste schon dabei ist, während man hier jeden Stein umdreht.

Es ist eine Wonne, jeden einzelnen Raum auf seine Möglichkeiten abzuklopfen.

Und ja, die Kämpfe sind sehr Lock-on-lastig und die Hit-Boxen und die Zielunterstützung lassen erkennen, dass Prime aus einer Zeit stammt, in der Konsolenentwickler das Patentrezept für eine eingängige First-Person-Shooter-Steuerung noch nicht gefunden hatten. Auch hätte ich mir gewüscht, in Morphball-Form die Kamera justieren zu können. Ansonsten aber bin ich komplett fassungslos, wie modern sich dieses Spiel immer noch anfühlt und wie mühelos es in mich aufsaugte, ohne Anstalten zu machen, mich je wieder auszuspucken.

Dass das gelingen konnte, ist aber nicht allein Retro Studios zu verdanken, denn auch die mit dem Remaster betrauten Leute von Iron Galaxy haben auch auf spielerischer Seite ihre Hausaufgaben gemacht. Vier verschiedene Steuerungsschemata, die mit Ausnahme der originalen GameCube-Steuerung auch den Gyro der Switch verwenden können, stehen zur Verfügung. Die alte Panzersteuerung wirkt extrem hüftsteif, was wiederum dazu führt, dass die Kämpfe mit den neuen Layouts vielleicht eine Idee zu einfach werden. Zumal man mit dem optionalen Semi-freien Zielen im Lock-on ein paar nette Tricks vollführen kann, die die Verteidigung einiger Feinde umgehen.

XXI

Metroid Prime Remastered Test – Fazit

Aber auch das ist eher eine Randnotiz. Es überwiegt immer die schiere Faszination darüber, dass Metroid Prime mit einigen hauptsächlich optischen und handhabungstechnischen Auffrischungen immer noch so fremd und frisch wirkt, wie an dem Tag, als ich zum ersten Mal durch Samus’ Visor blicken durfte. Hier hat jemand fantastische Arbeit an einer nicht weniger fantastischen Vorlage geleistet und der Marke an sich damit einen Bärendienst erwiesen. Metroid Prime ist und bleibt ein Monument, wie die Bauten, die ihr in ihm nach Geheimnissen durchforstet. Es ist mit den Jahrzehnten nur ein bisschen überwuchert und in den Hintergrund unserer Bewusstsein gerückt.

Iron Galaxy hat dieses Denkmal kräftig entmoost, gesandstrahlt und seine Risse gekittet und es damit für eine Spielewelt flott und relevant gehalten, die im Begriff war, es zu vergessen. Und da nehme ich mich nicht aus, mich alten Trottel. Dieses Spiel wirkt immer noch so zeitgemäß und doch ureigen wie am ersten Tag, der schon so lange her ist. Ich wäre dann jetzt bereit für Metroid Prime 4!

Titel – Wertung: 10/10

Titel Pro und Contra

Pro:

  • Zauberhafte Mischung aus Action, Erkundung, Puzzles und Platforming
  • Grandiose Atmosphäre
  • Betörendes, dichtes Welten-Design mit makelloser Struktur
  • Geniales high-tech Helden-Feeling
  • Tolles Grafikupdate
  • Clevere, moderne Steuerungseinfälle

Contra:

  • Kämpfe nicht mehr ganz so elegant
  • Verzicht auf Auto-Saves macht Speichern zum logistischen Problem

Entwickler: Retro Studios / Iron Galaxy – Publisher: Nintendo – Plattformen: Switch – Release: erhältlich – Genre: Action-Adventure / FPS – Preis (UVP): knapp 40 Euro

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