Midnight Club: L.A.
Von dunkler Nacht zum helllichten Tage
Träge geht die Sonne über den Hügeln von Hollywood auf. Im ersten Licht des Tages stehen zwei mächtige Rennboliden an einer der vielen Ampeln und werden von den Sonnenstrahlen umschmeichelt. Ihre Motoren heulen auf. Quälend langsam verstreichen die Sekunden. Die Fahrer blicken nervös zwischen ihrem Gegner und der Ampel hin und her. Dann springt das Zeichen auf Gelb um und die Kontrahenten treten das Gadpedal ihrer PS-Boliden bis auf das Bodenblech. Der gelbe Lamborghini Gallardo erwischt den besseren Start und lässt an der nächsten Kreuzung seinen Konkurrenten im Saleen S7 hinter sich.
Doch die halbe Millionen Dollar hoch gezüchtetes Leichtmetall jagt dem Cabrio hinterher. Der Fahrer aktiviert den Turbo und die Kamera schwenkt neben das Fahrzeug. Während das Rennmonster zum Überholen ansetzt, fliegt die Umgebung geradezu an dem Fahrzeug vorbei. Doch ein schmächtiger Kleinwagen macht dem Kontrahenten einen Strich durch die Rechnung. 1,2 Tonnen modernster Renntechnik knallt voll in die Blechbüchse und verliert die Hälfte seines Blechkleids. Ein herber Rückschlag, aber noch lange nicht das Ende des Rennens.
Nein, ein Unfall setzt Euer Fahrzeug nicht komplett außer Gefecht. Trotzdem sorgt das detaillierte Schadenssystem bei Midnight Club L.A. erstmals für zumindest ansatzweise realistische Rennen, die aber nichts mit der klinischen Sauberkeit eines Gran Turismo 5 gemeinsam haben. Die Midnight Club-Serie war, ist und bleibt die Keimzelle des Streetracing-Kults, die noch vor Need for Speed: Underground die Essenz der Szene perfekt auf den Punkt brachte. Seit dem Jahr 2000 lieferte Rockstar: San Diego – damals noch die Angel Studios – Arcade-Racing in Reinkultur. Mit belebten Straßen und schnellen Reißschüsseln konnte sich die Serie vor allem in den USA und Japan eine begeisterte Fangemeinde sichern.
Mit dem zweiten Teil aus dem Jahre 2003 gab es dann zum ersten Mal eine frei befahrbare Stadt und die berühmt-berüchtigten Ampelherausforderungen. Features, die bei der Konkurrenz, zum Beispiel bei Burnout: Paradise, nun erst Jahre später eine Rolle spielen. Doch auch die Midnight Club-Entwickler bedienten sich nur allzu gerne bei den erfolgreichen Mitbewerbern. So wurden für Midnight Club 3 die Tuning Features und die stark Hip-Hop-lastige Präsentation eines Need for Speed Underground entliehen.
Der vierte Teil soll die Serie nun wieder an die Innovationsspitze befördern und dem Street Racing abermals deutlich mehr Charakter verleihen. Den ersten Schritt macht dabei die schicke Rage-Engine, die auch GTA IV befeuert. Schon die Fahrzeuge sehen fantastisch aus - bestehend aus 100.000 Polygonen –, obwohl es im gesamten Titel nicht eine Nachladesequenz geben soll.
Streaming heißt das Zauberwort, mit dem Midnight Club: L.A. zu einem einmaligen Erlebnis wird. Einen ersten Eindruck von diesem Feature konnten wir uns bei einer Präsentation mit einer frühen Alpha-Version machen. Einige Texturen wurden zwar sichtbar nachgeladen, trotzdem begeisterte die Grafik mit ihrer enormen Spielgeschwindigkeit und detaillierten Umgebung. Verstärkt wurde dieser Eindruck mit Hilfe einer Action-Kamera, die das Renngeschehen automatisch perfekt in Szene setzt.
Beschleunigt Ihr mit dem Turbo, wechselt die Perspektive und das Geschehen rückt näher heran. Rein atmosphärisch ein echter Hingucker, der aber auf Dauer etwas verwirren könnte. Wer gar nicht damit zurecht kommt, kann das wilde Gezappel abstellen und zum Beispiel auf die nagelneue Cockpit-Perspektive zurück greifen, die Euch mit der fantastisch designten Innenausstattung auf Tuchfühlung bringt.
Auch das detaillierte Schadensmodell ist für Midnight Club eine Neuerung, die aber ganz bewusst nicht bis in Burnout-Regionen vorstößt. Kollisionen reißen Heckspoiler ab, zerfetzen Seitenschweller oder zerkratzen den teuren Lack. Außerdem verliert Euer Motor bei schlimmen Crashs an Leistung. Um beim nächsten Rennen wieder startbereit zu sein, steht Euch ein Quick Fix zur Verfügung, der nur abgefallene Teile austauscht und durch unlackierte ersetzt. Wer sein Schmuckstück in ganzer Pracht durch die Gegend chauffieren möchte, muss aber erst eine Lackiererei aufsuchen und deutlich tiefer in die Tasche greifen.