Midnight Club: Los Angeles
Once more with feeling
Aber auch der normale Straßenverkehr ist dicht genug und die zahlreichen, nicht überfahrbaren Fußgänger ergänzen sich zu einem sehr lebendigen, glaubwürdigen und abwechslungsreichen Stadtbild, das von der Rage-Engine mit einem überraschenden Detailreichtum realisiert wird. Gebäude, Beleuchtung und Fahrzeuge sehen beeindruckend aus. Lediglich bei den Effekten hat Rockstar ganz bewusst auf großes Feuerwerk verzichtet.
Schade, dass Ihr dieses malerische Stadtbild viel zu schnell erkundet habt. So viel Spaß es auch macht, über Sunset zum Ocean Boulevard zu rauschen, im Norden den 101 zu passieren und die Villengegend von Mullholland unsicher zu machen, bevor es wieder in Richtung Hollywood und Beverly Hills geht, so schnell habt Ihr auch die wichtigsten Areale gesehen. Die Karte lässt sich mit ein wenig Geschick innerhalb von 90 Sekunden durchqueren, wenn Ihr es eilig habt. Und sie steht Euch vom Start weg komplett zur Verfügung.
Es bleibt die Suche nach den unzähligen kleinen Abkürzungen und Schleichwegen. Nach irgendwelchen Sammelkanistern, die an seltsamen Ecken herumstehen. Nach guten Sprungschanzen. Ein netter Zeitvertreib, der die Tiefe erhöht, aber nur wenig Abwechslung bietet. Aber bei weitem nicht so befriedigend ist, wie von Zeit zu Zeit ein neues Areal mit quietschenden Reifen und wachen Augen zu erkunden.
Bis zum Ende des Spiels hin werdet Ihr Euch im virtuellem L.A. im Schlaf zurechtfinden und nicht nur, weil das eigentliche Areal recht klein ausfiel, sondern Ihr sehr viel Zeit darauf zubringen könnt. Am Spielumfang gibt es hier nichts zu bemängeln. Die Masse der Rennen beschäftigt Euch locker über 20+ Stunden, bis Ihr alles hinter Euch habt und als neuer König über die illegale Racingszene in L.A. herrscht.
Damit Ihr Euch bis dahin nicht langweilt, wurden einige mehr oder wenige geschickte Storyelemente verbaut. Da wären der russische Mechaniker, der Euch mit allem, was Blech angeht, versorgt und immer ein paar nicht ganz renntypische Spezialaufträge bereithält. Der Pimp, der Euch in die Szene einführt und Rennlocations verrät. Der Japaner, der an einer neuen Rennszene feilt.
Nichts davon wird dramaturgisch ausgeführt. Das ist auch gar nicht nötig, denn als kleine Erklärung, warum jetzt irgendwo auf der sehr übersichtlichen, zoom- und absolut brauchbaren Karte ein neues Rennen auftaucht, reicht es allemal. Nur der hier zu aggressiv vermarktete Telekom Sidekick nervt, der bei jedem Anruf die Minikarte verdeckt.
Nach und nach füllt sich die Karte mit Events. Alles, was man so kennt, ist mit dabei. Klassische Punkte-Tournaments, Serien, die andauern, bis einer die richtige Zahl an Siegen einfährt. Freie Duelle bis zu einem bestimmten Punkt ohne Vorgaben bei der Route. All das ist wohlbekannt und Midnight Club: Los Angeles erfindet hier nichts neu. Trotzdem und nicht zuletzt dank der gelegentlichen Bonusmission mit Zeitfahrten, Auslieferungen neuer Autos und Crashrennen hält sich das Spiel über die Stunden frisch.
Was sich leider nicht von der Fahrzeugpalette behaupten lässt. Gerade mal magere 25 Stück stehen von detailliert umgesetzten Flitzern zum Verkauf. Insgesamt. Für das ganze Spiel. Plus eine Handvoll zu gewinnender Untersätze. Lasst es knappe 40 sein, für ein Rennspiel mit locker über 20 Stunden Spielzeit – und so lange braucht es auch, bis endlich alle freigeschaltet sind – ein Witz.
Und noch unverzeihlicher ist die Langeweile, die beim Durchblättern der Auswahl aufkommt. Wieder einmal herrscht amerikanisch-japanische Dominanz, die Europäer werden ausschließlich durch VW, Audi, Mercedes und Lamborghini bedient. Und das teilweise eher skurril. Sicher, Audi RS8 oder RS4 sind coole Autos, ein Mercedes S600 ist prädestiniert für die Luxuswagenklasse, aber ein uralter VW Scirocco oder 1983er Golf GTI sind dann doch eher eine unbedeutende Randgruppe in einem Rennspiel. Die kleinen Franzosen oder schnellen Briten fehlen ganz, genauso wie Ferrari. Nichts gegen die Saleens dieser Welt, aber ein Ersatz für die Legenden der Scuderia oder einen waschechten Porsche sind sie ganz sicher nicht.