Might & Magic: Clash of Heroes
Rollenspiel war gestern
Nur noch eine Runde. Nur noch ein Versuch. Der Kampf muss doch zu schaffen sein... jetzt siehts gut aus... ARGH! Egal, nur noch eine Runde, jetzt klappts. In manche Spiele kann man sich einfach aufs herrlichste verbeißen. Dann ist es egal, ob sich in der Spüle das Geschirr türmt, die Katze vor lauter Hunger schon den eigenen Schwanz annagt und die Freundin zeternd anfängt die Koffer zu packen. Deswegen seid gewarnt! Seid ihr für solche Verhaltensmuster anfällig, dann wird Might & Magic: Clash of Heroes euer Schicksal (und das eures Geschirrs, eurer Katze und eurer Beziehung) besiegeln.
Mit den früheren Episoden der Might & Magic-Reihe, sei es ob mit den strategischen Heroes of Might & Magic oder den Kult-Rollenspielen der 80er Jahre, hat Clash of Heroes praktisch nichts zu tun. Gut, es stellt ein inhaltliches Prequel zu Ubisofts Reboot der Reihe dar, doch spielerisch und ästhetisch geht Clash of Heroes komplett andere, ziemlich interessante Wege. Veteranen werden von der bunten Anime-Grafik zunächst abgeschreckt. Der neue Look passt allerdings ganz hervorragend zur Neuinterpretation des kanadischen Entwicklers Capybara, hat die kleine Indie-Truppe doch den cleversten Rollenspiel-Puzzle-Mix seit dem famosen Puzzle Quest geschaffen.
Ihr erlebt die mal spannende, mal dramatische, mal durchaus auch mal humorvolle Fantasy-Story über eine Invasion der dämonischen Mächte von Sheogh nacheinander aus dem Blickwinkel von fünf Helden und spielt dabei auch die fünf entsprechenden Fraktionen: Während die blonde Anwen für die naturverbundenen Elfen ins Feld zieht, vertritt Strahlemann Godric die edlen Rittersleute von Haven. Die unfreiwillig untote Fiona dagegen setzt auf Nekromanten, Zombies und Skelette. Dabei hat jede Einheit unterschiedliche Eigenschaften, auch das jeweilige Spezialmanöver der Helden unterscheidet sich.
Diese Unterschiede sind für euch in der Schlacht dann der Schlüssel zum Sieg. Eure Soldaten seht ihr auf dem unteren Bildschirm aufgereiht, der Gegner steht euch im oberen Screen gegenüber. Einen erfolgreichen Angriff führt ihr durch, wenn ihr drei gleiche Einheiten hintereinander postiert: Nach der entsprechenden Anzahl an vergangenen Kampfrunden marschiert der Stoßtrupp in Richtung Gegner, schlägt mögliche Verteidiger beiseite und zieht ihm einen Teil seiner Lebensenergie ab. Wer zuerst bei Null ist hat verloren.
Sind die ersten Kämpfe noch recht einfach, zieht Capybara schnell die Anspruchsschrauben an: Nur wer es versteht, clever Angriffsketten zu bilden und die mächtigen, aber im Gegensatz zu den Standarttruppen nur begrenzt verfügbaren Eliteeinheiten richtig einzusetzen, der hat im späteren Spielverlauf eine Chance gegen die clever agierenden Gegner. Abwechslung bringen dabei nicht nur die verschiedenen Fraktionen ins Spiel, auch so manche Spezialaufgabe stellt euch vor größere Herausforderungen. Mal sollt ihr gleichzeitig zwei Schalter per Angriff betätigen, dann wieder müsst ihr es um jeden Preis vermeiden, einen NPC im Feindeslager zu treffen.
Im Vergleich zu Puzzle Quest kommt Might & Magic: Clash of Heroes weit taktischer und anspruchsvoller daher. Der Glücksfaktor ist zwar noch dann und wann spürbar, aber weit weniger präsent als in den Bejeweled-Kämpfen des D3-Titels. Nicht nur die richtige Taktik im Kampf entscheidet, auch das Ressourcen-Management beim Kauf neuer Truppen und die Aufstellung eurer Armee tragen einen großen Teil zu Sieg oder Niederlage bei. Dabei ist stets Platz für eure persönliche Taktik. Brecht ihr den Gegner lieber mit schnellen, weniger starken Truppen, oder schenkt ihr dem Feind mit einem langsamen Kraftprotz lieber mal so richtig ein?
Trotzdem gibt es noch Raum für Kritik. Der Schwierigkeitsgrad neigt leider zu starken Fluktuationen. So fühlt sich das zweite Kapitel, in dem ihr als Jungritter Godric spielt, weit schwieriger an als die anderen. Godrics Gegner sind fast durchweg zwei bis drei Levels höher als er selbst und noch dazu ist seine Spezialfähigkeit rein defensiv. Hier solltet ihr eine gute Frust-Toleranz mitbringen und euch auf die eine oder andere Grinding-Session einstellen. Aber Durchhalten lohnt sich: sobald ihr bei Geisterlady Fiona mit ihren beeindruckenden Offensiv-Fähigkeiten ankommt, steigen Motivation und Spielspaß wieder gewaltig an.
Auch wenn sich mancher Altfan am neuen Look und Spielprinzip stoßen mag, mich hat Might & Magic: Clash of Heroes auf nahezu der ganzen Linie begeistert und tatsächlich macht es mir dank größerer Abwechslung, mehr Anspruch und interessanteren Figuren eine ganze Ecke mehr Spaß als das allseits beliebte Puzzle Quest. Capybara Games hat erstklassige Arbeit geleistet, sowohl im Story- als auch im Mehrspieler-Modus wird euch Clash of Heroes so schnell nicht wieder loslassen.
Might & Magic: Clash of Heroes ist ab den 21. Januar für den Nintendo DS im Handel erhältlich.