Minecraft Dungeons: Wie aus einer Idee für den 3DS ein moderner Dungeon Crawler wurde
Und wovon sich die Entwickler noch inspirieren ließen.
Mit Minecraft Dungeons beschreitet das Minecraft-Universum neue Wege. Normalerweise eher für kreatives Bauen (und Zerstören) bekannt, habt ihr es hier mit einem waschechten Dungeon Crawler à la Diablo zu tun. Was auf den ersten Blick nach einer merkwürdigen Kombination klingt, erweist sich, habt ihr es einmal angespielt, als unterhaltsamer Ausflug in ein vertrautes Genre. Die Idee für Dungeons reicht dabei eine Weile zurück, einst war es für Nintendos 3DS-Handheld geplant.
"Ursprünglich war es als 3DS-Spiel konzipiert", verrät mir Mojangs Game Director Måns Olson. "Als wir mit den Prototypen anfingen, erkannten wir, wie gut es auf andere Plattformen passen würde und somit brachten wir es auf Switch, PS4, Xbox und Windows 10. Zur gleichen Zeit bauten wir den Umfang des Projekts aus und ergänzten den Multiplayer. Zu Beginn war es ein eher kleines Projekt und zirka ein Jahr lang ein Singleplayer-Spiel, bevor es zu etwas Größerem heranwuchs."
Die Idee entstand aus der Suche nach neuen Projektideen, mit der sich ein Team von Mojang beschäftigte. Der Gedanke dahinter war, für neue Minecraft-Erlebnisse zu sorgen, die Spieler nicht im normalen Minecraft haben. "Das Hauptspiel hat einen großen Umfang mit seinen kreativen sowie den Survival- und Abenteuer-Aspekten", sagt Olson. "Es lässt sich auf so viele Arten spielen, abhängig davon, welcher Spielertyp du bist. Und dann gibt es obendrein noch die ganzen Mods und so weiter. Damit du von dieser Basis wegkommst, ist ein gewaltiger Schritt erforderlich. Und Dungeons gelingt das, gleichzeitig nutzt es viele der Stärken von Minecraft und entfernt sich thematisch nicht zu weit. Aus diesem Grund fühlte es sich nach einer guten Kombination an."
"Dahinter steckt echte Begeisterung", fügt Mojangs Executive Producer David Nisshagen hinzu. "Du probierst was aus und es macht Spaß, es ist cool. Du denkst dir, was daraus entstehen könnte und Stück für Stück wächst aus dieser Idee etwas heran. Du siehst den Leuten die Begeisterung an und sie denken sich, es würde im Multiplayer mehr Spaß machen. Es war toll mitanzusehen, wie dieses Spiel mit der Zeit wuchs und an Größe gewann."
Eine der größten Inspirationsquellen für das Spiel ist natürlich Minecraft und seine Welt. Hier gibt es viele Dinge, auf die die Dungeons-Entwickler zurückgreifen, zum Beispiel Gegnertypen. Wo es erforderlich ist, bauen die Macher dann darauf auf und erweitern das Universum. "Und natürlich sind wir große Fans des Dungeon-Crawler-Genres", erläutert Olson. "Es gibt hier einige Giganten, die schwer zu ignorieren sind. Spiele wie Diablo und Torchlight, bis zu einem gewissen Grad vielleicht auch Gauntlet. Für den kooperativen Part hatten wir viele moderne Vier-Spieler-Shooter wie Left 4 Dead und Vermintide im Blick. Wir schauten uns an, wie sie damit umgehen und für unterhaltsames Gameplay sorgen."
Ebenso seien die frühen 2D-Zelda-Spiele eine "große Inspirationsquelle" gewesen, während das Team beim Interface ein Auge auf Spiele wie Destiny und Apex Legends warf. Es gebe viele kleine Inspirationen zu entdecken, sagt Nisshagen. "Dahinter steckt viel Leidenschaft, Herz und Liebe. Entdecken wir Dinge in anderen Spielen, die uns gefallen und die sich in Dungeons übertragen lassen, ist das eine tolle Sache." Olson ergänzt: "Wir schauen uns die Spiele an, die wir lieben, und lassen uns davon inspirieren, wenngleich wir am Ende immer zu Minecraft zurückkehren."
Das Dungeon-Crawler-Genre hat mittlerweile einige Jahre auf dem Buckel. Und während sich die Entwickler von vielem inspirieren ließen, machten sie zugleich ihr eigenes Ding. Wie stark Dungeons von den Anfängen des Genres abrückt, hänge davon ab, wie weit der Blick zurück geht. "Was sich mit der Zeit veränderte, ist dieser Gedanke, dich auf eine Sache festzulegen und dabei zu bleiben, bis du tot bist und von vorne anfängst", erläutert Olson. "Egal, ob das Fähigkeitenbäume oder den Schwierigkeitsgrad betrifft ... viele Spiele im Genre haben Wege gefunden, dies zu lockern, ohne dabei auf die reizvollen Dinge des Genres zu verzichten."
Dungeons ermöglicht euch ihm zufolge eine große Flexibilität und lässt euch alles spontan über den Haufen werfen, ohne euch dafür empfindlich zu bestrafen. Das einzige Opfer, das sie von euch verlangen, ist das Auseinandernehmen von Ausrüstung, um investierte Verzauberungspunkte zurückzuerlangen. "Wir nutzen dafür den Begriff 'zugänglich'", ergänzt Nisshagen. "Die ersten Dungeon Crawler legen großen Wert auf Zahlen und auf das Min-Maxing. Bist du nicht nah am Optimum dran, sind sie echt anstrengend und bestrafen dich."
Damals ging es darum, vorauszuplanen und sich früh Gedanken über den weiteren Weg im Spiel zu machen. Dungeons handhabt das anders. Hier lässt sich alles nutzen, was ihr um euch herum findet, ihr seid zu jeder Zeit anpassungsfähig. "Hast du ein Problem im Spiel, triffst zum Beispiel auf eine große Zahl an Skeletten, die dich mit Pfeilen bombardieren, und bist anfällig gegen diese, veränderst du dich einfach und passt dich an", erläutert er.
Die Komplexität und Herausforderung in Dungeons resultiere mehr aus den Kampfszenarien, weniger aus dem Kampf mit den Spielmechaniken. Das gelte vor allem für die höheren Schwierigkeitsgrade, auf denen es wichtig ist, wann ihr euch nähert oder auf Distanz bleibt, welche Rolle ihr einnehmt und welche Fähigkeiten ihr einsetzt. Optimale Charakter-Builds, bei denen ihr nach den richtigen Kombinationen aus Ausrüstung und Verzauberungen sucht, gebe es hier ebenso. "Aber der Weg bis zu diesem Ziel ist unterhaltsamer als in einem der frühen Dungeon Crawler, in denen ich so lange grinde, bis ich Spaß habe", findet Nisshagen. "Dungeons ist zugänglicher und du hast schneller Spaß."
Bei all dem stellt sich zudem folgende Frage: war es einfach, Minecraft in einen Dungeon Crawler zu verwandeln? "Ich möchte nicht behaupten, es sei einfach gewesen", sagt Olson. "Unser Team hat viele Jahre lang hart daran gearbeitet, was eine Leistung ist, die Anerkennung verdient. Gleichzeitig passt es einfach gut zusammen. Minecraft hat diese Elemente, bei denen ihr in Höhlen geht, diese erkundet und auf Mobs trefft. [...] Es ist nicht schwierig, dort Inspirationen zu finden. Die Herausforderung ist, es in eine andere Art von Spiel zu übertragen und dafür zu sorgen, dass es funktioniert."
"Es ist wichtig, dass es sich richtig anfühlt", ergänzt Nisshagen. Das Genre setze ein Mindestmaß an Qualität bei Animationen, Bewegungen, Positionierung und Technik voraus. Was das betrifft, findet er viel Lob für seine Mitarbeiter, vor allem im Sound- und Grafik-Bereich. "Am Ende fügst du es so zusammen, dass es in sich stimmig ist und sich nicht zu sehr von Minecraft als Marke entfernt. Es braucht diesen blockigen, pixeligen Look. Die Herausforderung für einen Animator ist, aus diesen starren Figuren ohne Gelenke flüssige, intensive Animationen herauszuholen. Ich denke, wir haben das ganz gut gelöst. Wir gingen nicht einfach hin und machten ein paar Mo-Cap-Aufnahmen... Nein, wir animierten alles von Hand und erschufen so etwas, das zu Minecraft passt."
Die Bezeichnung als "Diablo"-Klon drängt sich für Minecraft Dungeons förmlich auf, wenngleich es nicht ganz so einfach sei. "Das kam vor, aber es trifft nicht zwingend zu", entgegnet Olson. "Es gibt viele fantastische Spiele in diesem Genre. Indem wir uns mit Dungeons an Minecraft orientierten, fanden wir unseren eigenen Weg, durch den wir uns meiner Ansicht nach deutlich abheben. Und wir haben den Vorteil der vertrauten Mobs, Geräusche und Ästhetik. Es fühlt sich einfach wie Minecraft-Spiel an."
Zu diesen vertrauten Elementen für die Minecraft-Spieler zählen zum Beispiel die sich nähernden Creeper, die anfangen zu blinken und kurze Zeit später explodieren. "Somit lassen sich Kampfrätsel und -szenarios erstellen, die die Leute instinktiv verstehen - und das auf eine unterschiedliche Art als in anderen Dungeon Crawlern oder Spielen dieses Genres."
Ein anderer wichtiger Aspekt von Dungeons ist die Familienfreundlichkeit. "Wir unterscheiden uns von jedem anderen Spiel dieses Genres, indem wir nicht tonnenweise Gore haben", erläutert Olson. "Aber es geht hier und da ein wenig düsterer zur Sache als im normalen Minecraft. Viele Spieler kennen das Gefühl, in einem Dungeon zu stehen und das Gejaule von Zombies in der Nähe zu hören - du weißt aber nicht exakt wo. Das gibt es in Minecraft, daher konnten wir uns daran anlehnen und das ein wenig verstärken."
Entscheidend dafür, dass Dungeons zugänglich ist, ist die Möglichkeit, sich den Controller oder Maus und Tastatur zu schnappen und einfach drauflos zu spielen. Gleichzeitig mangele es den Systemen nicht an Tiefgang. Das Team habe festgestellt, dass hier jüngere und ältere Geschwister zusammenspielen oder Kinder mit ihren Eltern, die Altersspanne ist größer. "Wenn ich zum Beispiel Minecraft mit einen Kindern spiele, bin ich eher der lustige Sidekick", erzählt Nisshagen. "Ich albere herum und bringe sie zum Lachen. Das ist meine Rolle, wenn wir Minecraft spielen. Aber wenn wir gemeinsam in Dungeons unterwegs sind, bin ich der Heiler und der Held des Tages. Ich sage ihnen, was sie tun oder kombinieren sollten und bin viel mehr investiert."
Auf die Frage, wie schwierig es ist, in einem seit langer Zeit etablierten Genre noch Innovationen zu bieten, hat Olson keine "brillante Antwort" parat. Es passiere einfach, indem verschiedene Dinge miteinander kombiniert werden. "Innovation ist immer eine Mischung aus anderen Ideen", sagt er. "Wir greifen Dinge aus dem Genre aus, die uns gefallen, und adaptieren sie für unser Spiel - das Gleiche gilt für Minecraft. Hätte das hier nichts mit Minecraft zu tun und wir müssten bei Null anfangen, stünden wir vor wesentlich anderen Herausforderungen. In diesem Fall betrachten wir Minecraft als Asset. Es schränkt uns in vielerlei Hinsicht ein, aber Einschränkungen zu haben hilft uns und treibt uns an."
Morgen geht es weiter und ihr erfahrt, warum Minecraft Dungeons ein guter Dungeon Crawler ist.
Werft darüber hinaus einen Blick auf unseren Minecraft Dungeons Test.