Mini Ninjas
Klein, aber Dojo!
Natürlich durfte man skeptisch sein. Ja, musste man eigentlich sogar. Ausgerechnet IO Interactive, auf bitterböse Mord-und-Totschlag-Thriller abonnierte Dänen, wollten auf einmal ein Spiel mit Blick auf die jüngeren Spieler machen. Konnte das funktionieren? Kein Blut sollte fließen, niedlich sollte es sein und gleichzeitig - wie uns Game Director Jeremy Petreman im Gespräch im Januar versicherte - auch für ältere Semester einiges zu bieten haben.
Zumindest zum Teil hatten die Skeptiker recht - wenn auch nicht so wie gedacht: IO ist sehr wohl in der Lage, ein flottes und putziges Spielchen zu kreieren, das Kinder knapp zehn Stunden lang kompetent für sich einnimmt. Seine Stammkundschaft verpasst IO aber meilenweit. Um Mini Ninjas wird sich kein Familienvater mit seinem Sohnemann ein Zerrspiel um den Controller liefern. Es ist routinierte, für die Großen aber selbst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad viel zu leichte Plattform-Action, die trotz scheinbar überbordendem Variantenreichtum sträflich an Tiefgang vermissen lässt.
Worum geht’s? Der düstere Samurai-Warlord verwandelt mithilfe der Kuji-Magie arglose Waldbewohner in hörige, aber trottelige Mini-Samurai. Dieser widernatürliche Eingriff in die Weltordnung bringt allerdings Mutter Natur gegen ihn auf. Das Wetter spielt verrückt, düstere Wolken ziehen sich zusammen und aus der Ferne ertönt das unheimliche Grollen von Erdbeben zum Ninja-Dorf herüber.
Viel mehr als eine Berechtigung dafür, dass der Ninja-Meister seine besten Schattenkrieger aussendet, um dem Brodeln auf den Grund zu gehen, ist das nicht. Und will es auch nicht sein. Auch im weiteren Verlauf wird die Geschichte nur sehr zurückhaltend weiter erzählt. Wie dem auch sei: Nachdem keiner seiner vier besten Ninjas zurückkehrt, sieht er die letzte Chance in Hiro. Der ist zwar noch lange nicht fertig mit seiner Ausbildung, wird aber von seinem kugelrunden Kumpel Futo unterstützt und kann als einziger der Schüler Kuji-Magie wirken.
Im Grunde durchquert ihr in der Folge auf dem Weg bis zum Warlord schwertkämpfend, schleichend und Tiere befreiend knapp 16 Level, um in regelmäßigen Abständen eine Samurai-Festung zu infiltrieren, wo euch ein Zwischenboss im Weg steht. Der Kampf selbst gestaltet sich sehr simplifiziert, ist aber optisch und akustisch ziemlich ansprechend geraten.
Ein besiegter Feind vergeht mit einem herzhaften „Plopp“ in einer Rauchwolke, aus der daraufhin ein erlöster Waldbewohner herausspringt. Eine einfache, aber effektive Art, dem Spieler trotz Gewaltverzichts angemessenes Kampf-Feedback zu geben. Weniger befriedigend ist allerdings der Schwierigkeitsgrad. Auf „Normal“ erfordern die Gefechte so gar keine Taktik oder gar Timing, und sogar auf der höchsten Stufe kehrt man öfter in den Optionen-Bildschirm zurück, um nachzusehen, ob man auch wirklich „Hard“ gewählt hat.
Das ist insofern sehr schade, dass Hiros auffallend tiefes Repertoire eigentlich reihenweise interessantes Werkzeug bereithält, dieses aber nur selten wirklich vom Spieler verlangt wird. Das überschaubare Alchimie-System, mit dem man aus einem Dutzend unterschiedlicher Zutaten, wie zum Beispiel gesammelten Pflanzen und Pilzen, diverse Tränke braut, verwaist mit zunehmender Spieldauer immer mehr. So bleibt die Suche nach den versteckten Rezepten als interessantester Part des gutgemeinten Chemie-Koffers im Gedächtnis.
Dieses Überangebot an Möglichkeiten im Verhältnis zu den Anforderungen an den Spieler durchzieht das ganze Spiel. Man kann viel machen, muss es aber nicht und lässt es deshalb auch bald bleiben. Der Spieler entscheidet sich folgerichtig fast immer für den Weg, der am wenigsten umständlich ist, Und der führt fast immer mit dem Schwert zuerst in die Gegner hinein.
So kommt es zum Beispiel auch, dass man am Ende des Spiels zwar wieder alle sechs Knuddel-Ninjas mit all ihren unterschiedlichen Moves und Waffen unter seinem Banner versammelt hat, aber trotzdem immer nur mit Hiro spielt. Immerhin ist er der einzige, der die überaus wirksamen Kuji-Zaubersprüche beherrscht und auch sein KI-Angriff ist dem seiner Co-Ninjas deutlich überlegen. Schließlich kann er kurz die Zeit anhalten und früher oder später bis zu einem halben Dutzend Samurai One-Hit-killen.
Ähnlich ungenutzt sind außerdem einige Fähigkeiten und Items. Am Schluss hatte ich Bomben im Inventar, die ich über die gesamte Reise hinweg nicht ein einziges Mal genutzt hatte. Zaubersprüche, die so speziell waren, dass es sich nicht lohnte, sie ins etwas zu knapp bemessene Schnellzugriffs-Menü zu legen oder solche, deren Wirkungsweise zu sehr einer anderen, viel mächtigeren Hexerei ähnelte. Und dass es möglich ist, Fische zu angeln, ist zwar eine nette Idee. Gemessen am Nutzen des so produzierten Shushis (lädt lediglich ein Herz wieder auf), ist das träge Minispiel den Aufwand einfach nicht wert.