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Monster Hunter 3 Ultimate - Test

Liebe auf den ersten Blick ist überbewertet. Auf den Zweiten auch. Hauptsache es klickt beim Hundertsten.

Erst einmal: Ich bin neu hier. Wobei "hier" die Welt von Monster Hunter ist. "Hallo!" also erst mal. Eine freundliche Begrüßung kann nicht schaden. Auch nicht, dass ich mich vorstelle, Martin Woger, sehr genehm und hocherfreut, die Bekanntschaft zu machen. Eine kleine Vorstellung, damit man weiß, woran man ist, damit man angemessen aufeinander reagieren kann. Höflichkeit wie Praktikabilität gebieten das.

Wo ist denn das Ei?

Es ist ungefähr das Gegenteil dessen, was mir Monster Hunter 3 Ultimate anbot. Oh, es war freundlich genug mit seinen seltsamen Einheimischen in ihren Lendenschurzen und der nett plätschernden Fahrstuhlmusik. Bunte Farben gab es noch dazu und schon kam Aloha-Stimmung auf. Nur was zur Hölle soll ich hier tun? Ok, Monster jagen, soviel gibt der Titel her. Mache ich auch. Nach und nach erklärt mir das Spiel doch noch ein paar Sachen, dann kommen ein paar arme, recht harmlos aussehende Pflanzenfresser des Weges und ich haue sie platt. Na gut, das war nicht schwer. Jetzt soll ich Eier finden. Und Rohstoffe abbauen. Die Menüs werden immer unstrukturierter, die Item-Listen immer länger, das Crafting immer undurchsichtiger. Können wir nicht noch mal bei der Vorstellungs-Runde anfangen, liebes, allseits hochumjubeltes Spiel? Damit ich vielleicht verstehe, was Du bist und von mir willst?

Monster später hui, Boden und Welt immer pfui.

Nach und nach lichteten sich die Nebel, aber die ersten drei oder so Stunden war Monster Hunter 3 Ultimate die Spielerfahrung aus der Hölle. Es ist nicht schön, es steuert sich nicht gut, ich will gar nicht wissen, wie sich das vor dem GamePad lenkte - wahrscheinlich auch nicht viel schlechter. Und einige Dinge wären ohne freundliche Unterstützung einer zum Glück hochaktiven Online-Gemeinde im Dunkel geblieben. Irgendwann gab es sogar den Umschwung, nach dem ich begann, dieses Spiel zu mögen, zu verstehen, was es sein will und wie alles zusammenhängt. Wir kamen zum Schluss doch noch zusammen, aber es hat verdammt lange gedauert.

Ab diesem Punkt hatte ich mich auch damit arrangiert, dass ich, wenn ich ein Saurier-Ei suchen soll und dieses nicht sehe, über einer erbärmlichen Textur auf dem Boden eine Taste drücken muss. Daraufhin holt mein Gabba-Gandalf-Ableger - das Customizing des Helden lässt nicht viel, aber das in schräg zu - zwei Kubikmeter Saurierei aus dem Boden. Warum dieses nicht zuvor dargestellt wurde? Weil die Wii das vielleicht nicht mehr grafisch packen konnte - und das hier ist niemals eine echte Wii-U-Entwicklung, sondern eine hochskalierte „HD"-Version des Originals.

Winz-Welten, lenkt sich wie ein Saurier und auch noch hässlich. Hört das mal auf?

Mag ja auch sein, dass diese winzigen Areale auf der Wii noch jemanden beeindrucken konnten, aber auf der Wii U? Ein System, das Arkham City vernünftig darstellen kann, sollte sein sowieso schon nicht zu üppiges Spielgebiet nicht in zehn winzige zerteilen müssen. Und hätte es den Begriff „unsichtbare Mauern" in der Spielewelt noch nicht gegeben, für dieses Ding hier hätte er erfunden werden müssen. Ständig enden die Winz-Areale, insbesondere in Wassergebieten, im Nirgendwo oder ihr werdet aus heiterem Himmel in das nächste Tal teleportiert. Und leer ist diese Welt! In jedem der traurigen Fleckchen rennen vielleicht eine Handvoll Viecher herum, sonst tut sich da gar nichts! Kaum mal ein Strauch, der nicht nur eine lustlose Wand-Tapete darstellt, Bäume sind so rar wie statisch, das Ding stammt aus der Steinzeit. Haben die das eigentlich seit dem ersten PS2-Monster-Hunter jemals überarbeitet?

Ständig enden die Winz-Areale, insbesondere in Wassergebieten, im Nirgendwo oder ihr werdet aus heiterem Himmel in das nächste Tal teleportiert.

Städte sind kaum mehr als grafisch gestaltete Ablageorte für Menüs und Gilden.

Und dann die Steuerung! Uärgh! Die ersten drei Stunden habe ich im Kampf den Lock-On gesucht. Irgendwo muss er doch sein, es gibt seit einem Jahrzehnt kein wichtiges Spiel mehr ohne, kann gar nicht sein, dass er nicht da ist. Doch, ist so, ist nicht da. Also tanzt ihr wie ein betrunkener Halbaffe zwischen den Monstergrüppchen umher und hofft das Beste, was in diesem Falle heißt, dass die stocksteifen und nicht unterbrechbaren Kombo-Animationen nicht ins Leere laufen. Na immer noch besser als sich durch die nur vage strukturierten Menüs zu arbeiten und zu rätseln, wozu diese Million Dinge gut sein könnten, mit denen man sich das Inventar vollstopft.

Nein, Monster Hunter 3 Ultimate hinterlässt beim Neueinsteiger in die Serie vorsichtig gesagt einen zweifelhaften Beigeschmack. Um nicht zu sagen: warum zur Hölle spiele ich das?! Die eigentliche Frage muss aber eher anders lauten: warum zur Hölle spiele ich das seit 85 Stunden?!

Ich glaube jetzt an Liebe auf den hundertsten Blick.

Liebe auf den ersten Blick ist eh ein Mythos und weiter als bei Monster Hunter könnte ich auch kaum von ihm entfernt sein. Ich meine diese Dinge, die ich gerade sagte, auch alle, wie ich sie sagte, da können mich Monster-Hunter-Fanboys auch mal gernhaben, wenn ihnen das nicht passt. Aber das Spiel - und ich nehme an auch der Rest der Serie - hat ganz andere Qualitäten, die sich aber erst ganz zart und nach und nach entblättern. Dann nämlich, wenn ihr anfangt, euch in das komplexe und verschachtelte Crafting-System einzuarbeiten, dieses dann mit den Monstern, die ihr jagen sollt, abstimmt und darauf eure Taktiken aufbaut.

Das Spiel lässt sich auf das GamePad ziehen, auf dem TV wird der Pro Controller unterstützt.

Wer einfach mit der Einstellung „Gib mir Monster, ich will sie hauen und sonst nichts" rangeht, ist bei einem Skyrim sicher besser aufgehoben. Dort dürft ihr jedes Crafting gern ignorieren. Wenn ihr das in Monster Hunter versucht, braucht ihr es gar nicht spielen. Es ist der Sinn und das Herz des Ganzen. Und es macht, habt ihr euch erst mal reingearbeitet, richtig Laune, um diese paar Punkte mehr zu kämpfen. Diese Rüstungsspezialisierung herauszuarbeiten, um ein Set zu haben, vor dem sich jede Unterseeschlange fürchten muss. Diese Waffe, mit der die Panzerung eines einzelnen, sonst so Furcht einflößenden Riesensauriers plötzlich nutzlos ist und mit der aus dem Jäger dann meine Beute wird.

Ihr müsst euch eure eigene Spielfigur als das Zentrum vorstellen. Um sie herum gibt es eine Welt, in der Hunderte verschiedener Viecher herumlaufen, jedes mit Stärken und Schwächen gegenüber bestimmten Waffen und Angriffen, gegen die mal die eine, mal die andere Rüstung effizient ist. Der Großteil des Spiels besteht darin, euch ein Sortiment an Ausrüstung zuzulegen, dass euch erlaubt rauszugehen und das gesuchte Monster zu erlegen. Und das sind teilweise echt bombastische Viecher.

Rache ist süß, vor allem, wenn das Opfer danach auf dem Barbecue-Grill räuchert.

Es war der erste Moment, in dem ich dachte, dass das hier doch was werden kann, dass ich und Monster Hunter vielleicht doch noch zusammenfinden. Auf der unglücklichen Suche nach den unsichtbaren Rieseneiern kreuzte plötzlich ein Drache meinen Weg. Ausgehend davon, dass mein Held menschliche Maße hat, war das Biest locker 15 Meter lang und stampfte mich auch in 10 Sekunden in den Boden. Ich sah ein, dass er innerhalb dieser Quest nur ein Hindernis ist, das ich umgehen muss, aber gegen das ich jetzt noch nicht gewinnen kann. Also schaffte ich die Beute ins sichere Versteck und schwor mir, es dem Biest heimzuzahlen. Inzwischen ist das vollbracht und wer sagt, dass sich Rache nicht gut anfühlen würde, hat noch keine virtuellen Lindwürmer gejagt und sie anschließend gegrillt.

Ihr müsst euch eure eigene Spielfigur als das Zentrum vorstellen. Um sie herum gibt es eine Welt, in der Hunderte verschiedener Viecher herumlaufen.

'Hallo. - Hallo. - Hallo. - Monster jagen? - Klar.' Jäger müssen nicht viel reden.

Mit der Zeit arrangierte ich mich sogar mit der Kampfsteuerung. Wenn man etwas nur lange genug macht, wird man besser darin und lernt mit dem zu arbeiten, was man hat. Die Ausweichrolle wurde eleganter, weil ich sie besser einsetzte, die Angriffe gezielter, weil ich lernen musste zu zielen. Inzwischen kann ich sehr präzise bestimmte, verwundbare Stellen treffen, etwas wo ich zuvor ich keine Chance hatte. Ich will das System der Bewegung trotzdem nicht schönreden. Es gibt ein Dark Souls mit seiner fast mathematischen Präzision der Bewegungen und im Vergleich dazu ist Monster Hunter ein unbeholfener Tölpel, bei dem man lediglich lernt, ihn besoffen von der Kneipe nach Hause zu geleiten, ohne überall anzuecken. Selbst das ebenfalls etwas schwimmende Dragon's Dogma ist im Vergleich Genauigkeit pur. Aber trotzdem, es geht, Geduld hilft und das gilt für Monster Hunters Kämpfe sowieso.

Das MMO, das keines ist.

In die richtige Position bringen, die richtige Waffe dabei haben und im richtigen Moment zustoßen, das ist hier die halbe Miete, der Rest ist das richtige und gezielte Ausrüsten der eigenhändig verbesserten oder sogar geschmiedeten Waffen, das Einstecken der richtigen Tränke und Tinkturen für den richtigen Buff und das alles am Besten in der richtigen Runde.

Monster Hunter 3 Ultimate ist nicht wirklich ein MMO, nicht in dem Sinne eines der Spiele, in denen auf dem Marktplatz Horden von Spielern herumsausen. Hier tragt ihr euch gezielt in Gilden ein oder gründet sie und geht auf Raids, um bestimmte Riesenbestien erledigen zu können, gegen die ihr allein nur schwer bestehen könntet. In einer nicht koordinierten Runde klappt das meist so gut, wie man es erwarten würde, also mehr schlecht als recht. Aber als ich eine Gruppe fand, in die ich mit meinem Kämpfer gut hineinpasste, klappte das sogar, ohne sich über den Voice-Chat austauschen zu müssen. Weil der bei mir nicht funktionierte. Keine Ahnung warum, bei den anderen tat er es schon, es hängt wohl mit dem Day-1-Patch zusammen, der auch den Voice-Chat betrifft, aber offensichtlich ist es wahr, dass Leute, die sich verstehen, das auch ohne Worte tun. So zogen wir denn aus, um Monster zu töten. Was wir auch taten. Oder um Zeugs auszutauschen. Was wir auch taten. Oder um von vergangenen Heldentaten zu schwärmen. Was wahrscheinlich jeder außer mir tat.

Spielstände lassen sich auf dem 3DS fortsetzen. Aber nur, wenn ihr dort das Spiel noch mal kauft.

Es ist ein funktionierendes Multiplayer-Erlebnis in einem exklusiven Spiel auf einer Nintendo-Konsole. Ich bin überrascht. Ja, Dinge, die sonst selbstverständlich sind, ich weiß. In den hohen Levels dürft ihr diesen Online-Modus auch nicht mehr ignorieren. Es gibt mehr On- als Offline-Aufgaben, spezielle Online-Events finden regelmäßig statt und wer nur offline spielt verpasst sehr viel, gerade halt ab den zweiten hundert Stunden. Und nicht nur das, das Spiel zu viert bereichert die Erfahrung auf jeden Fall noch mal um ein gutes Stück, selbst wenn ich dann doch noch viel Zeit allein in die Perfektionierung meines Jägers investierte. Hier noch eine Rüstung, da noch mal geschliffen, es muss alles bereit sein für die nächste Jagd.

3DS für Non-Stop-Hunting und nicht besonders ultimative Extras

Dass diese dann dank Spielstand-Austausch-Möglichkeit sogar auf dem 3DS fortgesetzt werden kann, ist definitiv ein Bonus, aber er wäre größer, wenn die Handheld-Version gleich mitgeliefert worden wäre. Nach dem Sony-Prinzip halt. Aber eines nach dem anderen wohl, und die Kompatibilität der „großen" Version mit dem 3DS könnte auch für die ganzen Hardwarelimitierungen verantwortlich sein. Behaupte ich jetzt einmal, um die Entwickler der Wii-U-Version ein wenig in Schutz zu nehmen. Denn die sieht echt nicht schön aus, wie ich vielleicht bereits erwähnte.

Um kurz für Spieler der Monster-Hunter-3-Version für die Wii noch zu sagen, was neu ist: Den Unterwasserkampf, der hier mitunter für ein paar schräge Momente sorgt, gibt es jetzt erst wieder mit der Ultimate-Version und es ist wohl auch neu, dass alle Waffentypen unter Wasser genutzt werden können. Das G-Ranking für manche Aufgaben ist Ultimate-Exklusiv und bietet besonders schwere Jagden für Profis. Ein paar Monster mehr finden sich natürlich auch. Es klingt für mich jetzt nach nichts, für das ich das Spiel noch mal neu starten würde, aber das muss jeder Monsterjäger selbst wissen.

Mit allem, was das Spiel mir vor die Füße warf, sei es die hochskalierte Wii-Grafik oder die bestenfalls und nett gesagt unvollkommene Steuerung, arrangierte ich mich und stieß endlich zum Kern von Monster Hunter vor.

Zu viert entstehen die besten Jagden, vor allem, weil es nicht so schmerzt, wenn mal einer wieder die eigenwillige Steuerung falsch einschätzt.

Monster Hunter 3 Ultimate ist eines der eigentümlichsten Spiele, das mir je untergekommen ist. Selten hat mich ein Spiel in den ersten Stunden dermaßen auf Abstand gehalten: „Fass mich nicht an! Ich bin hässlich, umständlich, schwer zu handhaben, meine Level sind winzig und leer. Und nur weil Dein Fernseher kein Smell-O-Vision hat, weißt Du nicht, dass ich auch noch stinke." Tiraden habe ich geschimpft: über das Spiel, seine ganz offensichtlich ahnungslose Fangemeinde - die mich dafür ihrerseits in die Hölle wünscht, denn das Internet kennt keine milde Rüge, nur maximale Bestrafung - und meine Dummheit, mir den Test selbst zugeschustert zu haben.

Und irgendwo, nach einem halben oder auch ganzen Dutzend Stunden muss die Wende gekommen sein. Mit allem, was das Spiel mir vor die Füße warf, sei es die hochskalierte Wii-Grafik oder die bestenfalls und nett gesagt unvollkommene Steuerung, arrangierte ich mich und stieß endlich zum Kern von Monster Hunter vor. Zu all seinen kleinen, feinfühligen Crafting- und Mixtur-Systemen, zu seinen vielfältigen Buffs und Tricks, zu den guten Monstern und den tausend Wegen sie zur Strecke zu bringen. Ich begann Listen über die besten Waffen zu führen, über die Monster und welche Taktiken gegen sie helfen. Ich kann sagen, dass ich mich in diesem Spiel schon ein wenig verloren hab.

Am Ende kommt es darauf an, was für ein Spiel ihr sucht. Sucht ihr lebendige Welten mit interessanten Bewohnern, dazu passende Geschichten und weiten Auslauf, hat euch Monster Hunter nichts zu geben. Reizt euch jedoch die Idee, die eigene Figur als das ganze Universum eures Spiels zu begreifen, dieses zu perfektionieren und schließlich den Kontakt mit anderen Universen zuzulassen, um gemeinsam ein paar richtig großen Biestern mit einer genau austarierten Mischung selbstgebauter, -gebrauter und -geschmiedeter Ausrüstung zu Leibe zu rücken, dann auf zur Jagd! Erwartet aber bloß keine Willkommensheißung mit offenen Armen und Sektempfang. Setzt euch ran, nehmt euch einen Tag und arbeitet euch ein. Ehrlich gesagt ist das bei einem Spiel, das Material für Hunderte von Stunden bietet, gar nicht mal so viel verlangt, wenn ich jetzt so darüber nachdenke.

8 / 10

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