Mortal Kombat 1 im Test: Für Neulinge wie mich der perfekte Einstieg in das brutale Martial-Arts-Spektakel
Kelinkt der Neuanfank?
Keine Angst, ich werde euch nicht lange mit Geschichte langweiligen, bevor es um Mortal Kombat 1 geht. Aber damit ihr wisst, aus welcher Ecke ich komme: Schon der erste Teil hat mich anno 1992 ziemlich kalt gelassen – hauptsächlich deshalb, weil ich mit ausufernder Brutalität schon als Jugendlicher nur wenig anfangen konnte. Danach war es insbesondere dieses ermüdende Graubraun, in dem sich bierernste Machomacker viel zu ernst nahmen… Ed Boons Wellenlänge war einfach nie die meine.
Aber was will man schon machen, wenn es irgendwann heißt: „Wer mit einem 300 Euro teuren Controller zockt, der kann auch Mortal Kombat 1 testen.“ Immerhin spiele ich mich tatsächlich gerade auf dem Kitsune von Razer ein, über den in Kürze ein paar begeisterte Zeilen lesen werdet. Doch was viel wichtiger ist: Das aktuelle Mortal Kombat sieht nicht nur so aus, als hätten die Entwickler ihre vor 30 Jahren verlorengegangenen Farbeimer wiedergefunden, es stellt auch erzählerisch ganz neue Weichen – ganz im Sinne eines “Requels”, wie die coolen Kinder von heute jene Lösung zwischen Fortsetzung und komplettem Neuanfang zu nennen pflegen. Und ja, bei dem Begriff verdrehe ich die Augen gerne mit.
Ist ja aber schnuppe, wie’s heißt: Mortal Kombat fängt also bei null an. Der Story-Modus beginnt in aller Ruhe mit Raiden und Kung Lao, die auf ihrer Heimat auf dem Feld arbeiten und offenbar nichts mit den Charakteren zu tun haben, die man bisher kannte. Das hat im Kleinen schon mal ein filmisches Flair, das ich gleich vom Start weg ansprechender fand als alles, was ich bisher über die Serie wusste.
Auch andere Figuren stehen in ganz neuen Beziehungen zueinander oder füllen ungewohnte Rollen aus. Wobei man die meisten selbstverständlich sofort wiedererkennt. Und bald geht es auch schon um das vertraute Turnier, bei dem sich die Kämpfer verschiedener Dimensionen im sportlichen Wettstreit miteinander messen. Nur, dass diese erste Feuertaufe logischerweise erst der Anfang des Dramas ist, das sich bald entspannt.
Ich will es gar nicht auf ein zu hohes Podest stellen, aber trotzdem hervorheben, dass mir dabei besonders die Beziehungen der Charaktere untereinander und auch der sympathische Humor – ich sag’ mal: für das, was Mortal Kombat ist – erstaunlich gut gefallen. A24 würde diese Filmszenen natürlich nicht ins Programm nehmen, das versteht sich von selbst. Aber nachdem ich mir vor kurzem erst das kaputte Moonfall angeschaut habe…
Und wie prächtig das aussieht, wenn Boons NetherRealm Studios mal wieder eindrucksvolle Filmsequenzen inszeniert, die mit ausdrucksstarken Gesichtern und aufwendigen Kulissen glänzen! Außerdem mag ich es, wenn die Kämpfer vor einer neuen Runde nicht nach einem harten Schnitt auf ihre Anfangspositionen zurückgesetzt werden, sondern sich mit einem Spruch auf den Lippen dorthin bewegen – schwer keuchend, falls in der Runde zuvor nur knapp einer Niederlage entronnen sind.
Das ist nicht nur in der Story, sondern in allen Duellen so und in dieser Serie nichts Neues. Wobei ich das nur weiß, weil ich für den Test auch die Vorgänger gespielt habe. Umso mehr Spaß hatte ich aber eben beim „Entdecken“ dieser Qualität. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, schon mal so begeistert über die Kampagne eines Martial-Arts-Spiels gewesen zu sein, und wer diese Art der Unterhaltung ebenfalls zu schätzen weiß, der könnte hier an der richtigen Adresse sein.
Zumal das noch einen ganz anderen Grund hat. Denn weil alles ja von vorn beginnt, werden die einzelnen Charaktere auch so vorgestellt, dass man sie zunächst mal in Ruhe kennenlernt. Erst im Verlauf der Geschichte machen sie dann eine Entwicklung durch, bei der sie sich sowohl erzählerisch als auch spielerisch zu den Helden und Bösewichten werden, die sie letztlich sein sollen. Das ist nicht nur erzählerisch interessant; sie verfügen zudem oft erst über ein eingeschränktes Repertoire an Angriffen, bevor man all ihre Fähigkeiten nutzen kann.
Apropos Fähigkeiten: Zu denen zählt jetzt auch die Möglichkeit, per Knopfdruck einen zweiten Charakter zu aktivieren, Kameo genannt. Der übernimmt dann allerdings nicht den Kampf, sondern stürmt nur kurz herein, führt die gewünschte Aktion aus und verschwindet wieder. Bis zu vier solcher Angriffe beherrscht jeder Kameo – Darrius zum Beispiel einen Überkopf-Angriff und einen gesprungenen Kick. Oder er greift die Hand des aktiven Kämpfers, damit der ihn bei einer dreifachen Pirouette wie eine wirbelnde Klinge einsetzt. Sonya kann Gegner werfen und in der Luft attackieren, während Kano sie per Augenlaser aus der Ferne anvisiert oder als fliegender Ball auf sie zukommt und vieles mehr.
Mortal Kombat 1 wird sowohl digital als auch im klassischen Handel verkauft. Die reguläre Ausgabe kostet knapp 75 Euro, während eine Premium Edition mit knapp 100 Euro zu Buche schlägt. Bei Steam und im Epic Games Store fallen jeweils fünf Euro weniger an.
- Amazon
- Steam
- Epic Games Store
- Saturn
- Filmreifer Story-Modus mit bekannten Charakteren in teils neuen Rollen
- Invasionen als motivierender Spielmodus mit saisonalen Updates
- Schicke, farbenfrohe Kulissen mit viel Bewegung und erstklassig animierte Kämpfer
- Tadelloser Netzcode und Onlinespiel mit Ranglisten-, zwanglosen sowie King-of-the-Hill-Partien
- Ausgesprochen umfangreiches Tutorial, das in kleinen Schritten vom einfachen Schlagen bis zu Profi-Techniken alles beinhalten
- Spielerisch gleichen sich alle Charaktere
- Solo-Modus Invasionen ausschließlich online spielbar und auch Belohnungen in Türme nur mit Online-Anbindung
- Kein Modus, in dem man schnell Duelle gegen wechselnde KI-Gegner aneinanderreiht
- Unglückliche Tastenbelegung für Nutzer von Arcade-Sticks und ähnlichen Controllern
Da man die Mitstreiter außerhalb der Story frei wählen darf, hat man damit also Möglichkeiten den Stil eines Charakters zu individualisieren oder mögliche Schwächen auszugleichen. Wenn ihr mich fragt, ist das ein sehr gelungenes System, um taktische Abwechslung sowie andere Figuren ins Spiel zu bringen, ohne die Essenz des Eins-gegen-Eins‘ zu verwässern.
Nicht vergessen will ich dabei das ausführliche Tutorial, in dem vom profanen Faustschlag über ein komplettes Kapitel über Framedaten bis hin zu Techniken, die sich an hoch kompetitive Spieler richten, so ziemlich alles drangenommen wird, was man zu Mortal Kombat 1 wissen kann. Man muss nicht einmal sämtliche Lektionen durchexerzieren, sondern darf nach Belieben jeden Stichpunkt einzeln anwählen und anschließend sogar beliebig lange üben. Das ist in der Form wirklich vorbildlich.
Nun muss ich aber auch sagen, dass sich die Charaktere trotz der Variationen über die Kameos doch alle ähnlich anfühlen. Damit meine ich nicht ihre Animationen und sonstigen Eigenheiten, sondern was man am Controller tut. Da steckt in vergleichbaren Prüglern wesentlich mehr an Abwechslung drin, weshalb ich in Mortal Kombat 1 etwas weniger mit meinem bisherigen Lieblingskämpfer verwachsen bin als das anderswo der Fall ist.
Abgesehen davon verlangt das Spiel für manche Aktionen ein Kippen des rechten Analogsticks, was ich als Nutzer von Arcade-Sticks beziehungsweise des erwähnten Hitbox-Controllers ausgesprochen unglücklich finde. Es handelt sich zwar um eher nebensächliche Eingaben wie das Weiterblättern in Tutorial-Texten, die irgendwann automatisch umschlagen, trotzdem ist das in einem solchen Spiel ein höchst seltsames Versehen. Wenn man diese Funktionen wenigstens frei auf andere Tasten legen könnte, aber das ist nur mit regulären Angriffen erlaubt. L1 noch L2 benutze ich zum Beispiel praktisch nie.
Und noch eine Sache: Warum muss man eigentlich online sein, um den Solo-Modus Invasionen zu spielen? Zugegebenermaßen kann ich mir die Frage vermutlich selbst beantworten. Immerhin sind saisonale Events und Belohnungen daran gebunden. Trotzdem ist es schade, dass der zweite große Modus in keiner Form offline spielbar ist und man im ebenfalls vorhandenen Türme-Modus (anderswo quasi der Arcade-Modus mit jeweils eigenem Ende für die verschiedenen Charaktere) ohne Online-Anbindung keine Belohnungen erhält.
Dabei ist gerade Invasionen eine gelungene Abwechslung zu den regulären Duellen. Es handelt sich ja um einen komplett eigenen Modus, in dem man den jederzeit wählbarem Charakter über feste Punkte auf einer Karte umher schiebt. Jeder Sieg schaltet dann den jeweils nächsten Punkt frei. Aufgelockert wird das Ganze durch besondere Herausforderungen wie Bruchtests oder schnelles Springen und Ducken, um Hindernissen auszuweichen.
Außerdem gelten hier besondere Regeln. Mal gerät man auf dem Weg zu einem anderen Punkt in einen Hinterhalt, mal muss man mehrere Gegner in einer Partie besiegen und immer gehören die Kämpfer einem bestimmten Element an, gegen das die Kämpfer anderer Elemente verschieden großen Schaden anrichten – eine Tabelle zeigt im Detail an, wer gegen welche Stärken und Schwächen hat.
Abgesehen sammelt man Erfahrungspunkte, mit denen man fünf Grundwerte steigert, darunter die Menge an Lebensenergie sowie die Stärke eigener Angriffe. Es gibt Shops, in denen man Kristalle für zusätzliche Leben, Schlüssel zum Öffnen von Truhen sowie Mittelchen findet, welche die Resistenz gegen bestimmte Elemente erhöhen. Und dann setzt man noch Talismane ein, die etwa eine begrenzte Anzahl besonderer Attacken verleihen und zudem stückweise aufgelevelt werden können.
Einzelne Versatzstücke dieses virtuellen Brettspiels werden Kennern der Serie bekannt vorkommen. Auf jeden Fall verdient man sich hier Gegenstände und Kleider, mit denen man seine Charaktere ausstattet, beziehungsweise das Geld, um sie zu kaufen. Mit jeder Saison wollen die Entwickler dabei neue Belohnungen und wohl auch neue Geschichten anbieten. So, wie man das aus aktuellen Service-Modellen eben kennt.
Ich mag den Modus vor allem deshalb, weil er mir die Möglichkeit gibt, schnelle Duelle gegen die KI auszutragen. Das fehlt mir zwar als separater Modus, doch was soll's. Es gibt schlechtere Arten, seine Zeit im virtuellen Kampf zu verbringen.
Selbstverständlich könnt ihr euch darüber hinaus auch mit Freundin oder Freund vorm Fernseher austoben und sogar ein Wohnzimmer-Turnier starten, während online neben zwanglosen Partien noch Ranglisten-Matches sowie King-of-the-Hill-Räume warten, deren Teilnehmer nacheinander versuchen den, nun, Hügelkönig zu stürzen.
Die letzten Online-Partien werden dabei automatisch gespeichert, sodass man sie später in Ruhe analysieren kann – wahlweise mit halber Geschwindigkeit und indem man Frame für Frame vorspult. Hat was! Auch wenn ich bisher freilich nur dabei zuschauen darf, wie meine Figuren grün und blau geschlagen werden. Da werde ich wohl noch die eine oder andere Stunde trainieren müssen. Gut, dass ich das in einem so feinen Spiel ausgesprochen gerne tun werde.
Mortal Kombat 1 im Test – Fazit
Wie gesagt: Es ist weder das taktisch anspruchsvollste noch das spielerisch abwechslungsreichste Martial-Arts-Spektakel – aber ein Spektakel ist es allemal. Mir gefällt vor allem der hervorragend inszenierte Story-Modus, wobei ich es sehr angenehm finde, dass die Geschichte praktisch komplett neu aufgezogen wird und dass Mortal Kombat 1 mehr noch als sein Vorgänger nichts mehr mit dem drögen Graubraun früherer Jahre zu tun hat. Die Arenen sehen zum Teil unheimlich lebendig aus, während im Vordergrund ein dynamischer Vierkampf aus den zwei Protagonisten und ihren Kameos tobt, die das Repertoire der Kämpfer individuell ergänzen. Auch weil der Invasionen-Modus das Spektakel zudem um eine Art motivierendes Brett-Rollenspiel ergänzt, bin ich deshalb sehr froh, endlich mal viel Zeit mit Mortal Kombat zu verbringen. Einen besseren Zeitpunkt hätte es dafür nicht geben können.
Mortal Kombat 1 | |
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PRO | CONTRA |
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