Mortal Kombat 1 lockt mich mit leichten Fatalities und ängstigt mich mit langen Kombos
Das erste Mortal Kombat 1. Ist doch klar, oder?
Ich war nie besonders ambitioniert in Prügelspielen. Moment, das ist noch untertrieben. “Fallobst” wäre wohl treffender, denn so sehr ich diese Sorte Spiel in ihrem Purismus schätze und mich der mechanische Unterbau reizt, sobald ich mich mal online wage, gerate ich schnell und meine durch cholerische Ausbrüche definierten Grenzen. Ich bin einfach nicht gut genug – und nicht ausreichend fleißig, um es zu werden. Aber das zieht sich seit der Schule durch mein Leben.
Nun begann mein Erstkontakt mit Mortal Kombat 1 wegen des Online-Stresstest sogar online. Was sich zum Glück schlimmer anhörte, als es dann war. Denn tatsächlich enthielt dieser Modus auch einen verkürzten Tower-Modus für einen Spieler, in dem man sich die Basics genauer anschauen konnte. Und so kam es dann, dass ich mich nach vier erfolgreichen Runden im Tower so jung, viril und unbesiegbar fühlte, dass ich es doch noch einmal wissen wollte… Nur um direkt erneut die Tür gezeigt zu bekommen. Und mit der “Tür” meine ich meine eigenen Innereien, als Liu Kang den Schädel meiner Mileena von oben durch ihren Torso drückte.
Aber hey, ich bringe gerade kein bisschen Ärger über meine eigene Unfähigkeit auf, denn gerade diese Serie verfügt traditionell über eine Menge Inhalte, die auch Solisten lange bei Laune halten. Nicht zuletzt den opulenten Story-Modus, dessen Zwischensequenzen es oft mit einem guten Trashfilm aufnehmen können. Hier also meine Erkenntnisse nach zwei Abenden mit Mortal Kombat 1, die nicht damit zu tun haben, wie schlecht ich bin:
Erste Erkenntnis: Teil 1 (Danke für nichts, Ed Boon!) wird vordergründig wieder ein wenig schnörkelloser, weil ihr nicht schon im Auswahlmenü eurer Kämpfer Schweißperlen auf der Stirn bekommt. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber sich in MK 11 zu Beginn direkt für eine von zwei Variationen eines Kämpfers entscheiden zu müssen, hat mich immer ein wenig verunsichert. Dieses System wird durch die neuen Kameos ersetzt. Nun wählt man konventionell seinen Fighter und noch eine zweite Figur, die euch dann mit verschiedenen Moves auf Knopfdruck beispringt. Nichts Kompliziertes – R1 plus eine Richtungstaste – was dann eine Handvoll Moves sowie einen Kameo-Fatality ermöglicht. Kameos sind fester Teil des Kampfsystems und verlängern eure Kombos auf interessante Art.
Es ist ein schlankes, aber doch flexibles System, das euch etwas Flexibilität verleiht. Eine Kameo-Sonya-Blade fliegt auf R1-Druck etwa wie ein Abfangjäger über euren Kopf hinweg und vereitelt so Sprungangriffe oder trifft einen in die Luft geuppercutteten Widersacher, und verlängert euer Juggle-Fenster. Auch wenn ihr im Dreck liegt, könnt ihr euch von den Kameos helfen lassen, was ein netter Zug ist, um nicht beim Aufstehen direkt wieder gelegt zu werden. Und natürlich schaltet sich eure jeweilige Kameo auch in euren Brutality-Move mit ein, um kurz vor eurem Tod das Blatt mit einem besonders spektakulären Tandem-Move eventuell noch einmal zu wenden. Sobald man die wenigen Moves eines Kameo-Partners intus hat – was schnell geht – erdenkt man jedenfalls bald besonders günstige Szenarien oder Kombos, die sich so verlängern lassen. Ihr müsst halt nur den Cooldown im Blick behalten. Bei voller Kameo-Anzeige sind zwei Einsätze in schneller Folge möglich. Und bis sie wieder voll ist, vergeht nicht viel Zeit.
Zweite Erkenntnis, die unmittelbar mit den Kameos zusammenhängt: Im Vergleich mit Teil 11 werden die Kombos wieder entschieden länger, auch weil man mehr Möglichkeiten hat, einen Feind in der Luft zu halten oder an der Arena-Begrenzung hinaufzuprügeln (auch “Corner Carry” genannt). Das dürfte Spielern, die besser und mit mehr Durchblick spielen als ich sehr freuen. Zugleich bedeutet das, dass Breaker zurück sind, denn so viel Downtime, während ein vielzahniger Glanzkopf mit Schwertarmen einem die Zähne einzeln aus dem Gesicht hämmert, wäre andernfalls nicht gerade spaßig. Blocken und vorwärts im rechten Moment entlässt euch aus dem Schlagregen des Feindes. Dabei werden allerdings auch alle drei Segmente des Super-Balkens geleert, wenn euer Kameo-Partner (dessen Cooldown abgeklungen sein muss) euch aus dem Abseits beispringt und den Angreifer aus seiner Rage kickt.
Das Timing für einen Breaker war dafür wiederum halbwegs vergebend, selbst ich habe es ein paar mal hinbekommen, der KI auf diese Weise die Initiative abzunehmen. Neu ist, dass auch Fatal Blows mit den Breakern unterbrochen werden können, was bei einem Move mit derart hohem Impact einfach nur fair und plausibel ist. Ebenfalls auf der defensiven Seite neu hinzugekommen, ist der Block nach oben, der eine vorübergehende Animation darstellt und gegen Angriffe aus der Luft die besten Dienste tut, gegen tiefe Schläge aber komplett wehrlos ist. Offen gesagt habe ich den bislang nicht wirklich verinnerlicht, aber auf hohem Level wird die Tatsache, dass man ihn gezielt triggern muss, viele Freunde finden.
Was noch? Ach ja, Flawless Blocks, also Paraden genau im Moment des Treffers, neutralisieren den leichten Schaden, den man bei einem normal geblockten Angriff kassiert und verhindern auch weiteren Superbalken-Aufbau eures Gegenübers. Noch eine Mechanik mehr, mit der mich bessere Spieler als ich frustrieren können.
Und noch eine Notiz. Entweder ich habe etwas verpasst, oder Mortal Kombat 1 hat tatsächlich die einfachsten Fatalities in der Geschichte Serie – und ja, ich nehme die freche Bezahl-Trivialisierung der (manchmal buchstäblich) Magen umdrehenden Killer-Moves durch Mikrotransaktionen im letzten Teil hier einfach mal aus. Im Online-Stresstest stand für jede Figur zwar nur ein Fatality zur Verfügung, aber die waren ausnahmslos eine Variation von Unten, Unten, Taste und ich kann nicht sagen, dass ich das als schlechte Änderung empfinde. Wenn es so weit ist, liegt die harte Arbeit bereits hinter mir und ich will einfach nur noch durch das gemeine, an Slapstick grenzende Mordsfilmchen “belohnt” werden. Gut möglich, dass spätere Fatalities komplexer werden, aber ich mag zumindest den Gedanken.
Nun denn. Wie gut ein Mortal Kombat nun wirklich war, kapiert man im Grunde fast immer erst, wenn das nächste herauskommt. Das spricht aber auch für die Serie und die einzelnen Spiele, aus denen sie besteht: Man erlebt sie im Hier und Jetzt und hat für den Moment im Grunde immer eine fabelhafte Zeit mit ihnen. Ich persönlich werde die hauptsächlich im Story-Modus, den Towers und – sofern vorhanden – Sachen wie der Krypt verbringen. Bis ich meine, online mal wieder eine dicke Lippe riskieren zu müssen – und sie dann umgehend aus dem Gesicht gerissen bekomme.