MotorStorm
Totgeglaubte fahren länger
Sonys PS3-Racer MotorStorm wurde ja von vielen bereits abgeschrieben, nachdem man den Titel zum ersten Mal in Aktion sehen konnte. Ich war damals auch nicht allzu begeistert, muss ich gestehen. Es sah zwar ganz lustig aus, aber irgendwie fehlte mir die nötige Rasanz und von einem richtig flüssigen Grafikaufbau konnte man auch nicht sprechen. Die Jungs von Evolution Studios müssen seitdem ziemlich viele Nachtschichten und Überstunden eingelegt haben, denn das „jetzige“ MotorStorm könnte sich zu einem echten Hit mausern. Es läuft mittlerweile butterweich und ist trotzdem sauschnell. Zumindest kann ich das für die von mir gespielten Rennen bescheinigen.
Realität vs. Spaß
Schon mit World Rally Championship bewiesen Evolution, dass sie ihr Rennspiel-Handwerk verstehen. Da waren sie aber an WRC-Reglements gebunden, schlugen sich mit den Vorgaben der Fahrzeugherstellern herum und hatten trockenen Realismus abzuliefern. Da war natürlich kein Platz für abgefahrene Arcade-Racing-Ideen. MotorStorm wirkt deshalb wie eine Art Befreiungsschlag. Als wollten die Entwickler unbedingt zeigen, dass sie auch das Gegenteil beherrschen.
Die Version, die ich vor Ort spielen durfte, bekam Sony erst kurz vor meinem Besuch rein. Wie man es von Rennspielen halt so kennt, ist am Anfang noch nicht viel freigeschaltet. Durch gute Platzierungen erhält man Punkte, öffnet neue Strecken und Fahrzeug-Klassen... bla bla. Zuerst versuchte ich es mit einem dicken 4x4-Truck. Wroooom! Der ohrenbetäubende, bombastische Sound ging mir schon auf der Startlinie durch Mark und Bein - dabei war die PS3 nicht mal an eine Surround-Anlage angeschlossen. Es gibt definitiv nicht viele Renntitel, die so dicke Motorensounds vorweisen können wie dieses Spiel. Doch war ich nicht nur vom Monster-Sound geplättet, sondern auch von der grafischen Präsentation
Straßen in Flammen
Für einen PS3-Titel der ersten Generation sieht MotorStorm einfach fantastisch aus. Detaillierte Fahrzeugmodelle, wunderschöne Landschaften, enormer Weitblick ohne Pop-Ups und so ziemlich alle Effekte, die es gerade gibt, haben mich in regelrechtes Staunen versetzt. Wäre das ein aktueller Xbox 360-Titel, würde ich die Grafik übrigens genauso loben. Allerdings gibt es Microsofts Kiste schon seit einem Jahr und da frage ich mich, wie geil erst PS3-Spiele der zweiten Generation aussehen werden. Weil dermaßen viel auf dem Screen passiert, weiß man schon gar nicht mehr, wo man zuerst hinsehen soll. Mehr als ein Dutzend Vehikel, die in sieben Fahrzeugklassen unterteilt sind, brausen gleichzeitig über die aufwendig modellierten Dirt-Tracks. Auf der Piste herrscht Krieg, dauernd rammen sich KI-Konkurrenten gegenseitig in irgendwelche Randobjekte und es vergeht keine Runde, ohne dass sich ein Dutzend Unfälle ereignen. Dank Havok-Engine zerlegt es die Karren und Umgebungsobjekte dabei realistisch in ihre Einzelteile und sogar die Piloten selbst kullern durch die Gegend. Wobei das Ragdoll-System nicht gerade lebensecht, sondern eher im Gliederpuppen-Style rüberkommt.
Explosionen, Staubwolken und Matsch-Partikel haut Euch das Spiel ebenfalls nonstop um die Ohren. Geil ist auch, dass die Fahrzeugspuren im Dreck nicht nur sehr gut aussehen, sondern auf die Steuerung einwirken. Rast man etwa mit einem Bike über den von fetten Trucks zerfurchten Untergrund, ist es gar nicht mehr so leicht, die Kontrolle über das Zweirad zu behalten. Zum Glück gibt es dank offenem Strecken-Design immer genug Ausweichmöglichkeiten. Überall sind Abzweigungen versteckt und mittels zahlreicher Sprungschanzen hüpft Ihr auf höher gelegene Passagen. Die Steuerung der von mir genutzten Fahrzeuge war durchwegs intuitiv und charakteristisch. Ein Motorrad beschleunigt eben schneller und steuert sich weitaus fluffiger als ein tonnenschwerer Truck. Auch wenn das Handling nicht gerade Simulations-Charakter hat, fühlt es sich einfach „richtig“ an. Ist so eine Gefühlssache, die man schwer erklären kann. Man spürt das Gewicht seines Gefährtes förmlich – auch ohne Rumble-Funktion, die ich trotzdem vermisse. Durch die analogen L2- und R2-Trigger ließen sich Gas und Bremse gut dosieren. Das ist notwendig, denn einfach nur mit Vollgas durch die Pampa zu heizen bringt erstmal gar nichts, außer vielleicht einen Totalschaden.
Turbo!
Mit der X-Taste aktiviert man einen Turbo, der sich automatisch wieder auflädt. Bleibt Ihr jedoch zu lange auf dem Button, explodiert der Motor und Euch gehen wertvolle Sekunden verloren. Also immer schön mit Bedacht einsetzen. Wenn Kontrahenten zum Beispiel an einer Klippe entlang fuhren, nutzte ich den Turbo, um die Penner in den Abgrund zu rammen. Ein ungemein befriedigendes Gefühl! Wer außerdem bei der Anfahrt auf bestimmte Sprungschanzen Vollgas gibt, springt besonders weit und kann so Abkürzungen erreichen. Bei falschem Timing kann man da aber auch ganz schnell an einem Felsen zerschellen. Das erinnerte mich manchmal an den Beach-Kurs von Mario Kart 64. Da konnte man auch durch einen gezielten Sprung eine Abkürzung nehmen, lief dabei aber Gefahr in die Wand zu hopsen. Sogar in Kurven ist der Turbo praktisch. Reindriften, querstellen und dann den Boost aktivieren um wieder gerade herauszuschießen.
Fast hätte ich es vergessen: In der von mir angespielten Fassung, war nun endlich die Motion-Sensor-Steuerung implementiert. Hab ich natürlich sofort ausprobiert. Ich war erstaunt, wie direkt sich MotorStorm kontrollieren ließ, in dem man einfach das Pad nach links oder rechts neigte. Quasi wie mit einem Lenkrad ohne Widerstand. Mit dem Analogstick ging es aber auf alle Fälle eine ganze Ecke leichter. Muss man sich wohl erst dran gewöhnen, auch weil das Spiel nicht gerade easy ist.
Wenn man bedenkt, dass ich in der kurzen Zeit gerade mal einen Bruchteil des Spiel zu Gesicht bekam, war der Schwierigkeitsgrad ziemlich fordernd. Schließlich kämpft man nicht nur mit den Tücken der Kurse, sondern auch mit skrupellosen Gegnern, die keine Rempel-Gelegenheit ungenutzt lassen. Nur durch strategisch klugen Einsatz des Turbos und Nutzung der Alternativ-Routen konnte ich auf den vorderen Plätzen landen. Ist man übrigens auf ATVs oder einem Zweirad unterwegs, kann man Gegner auf Knopfdruck beleidigen. Dadurch fühlen sich diese hin und wieder zu einer Ramm-Attacke animiert. Weicht man diesem Angriff geschickt aus, kann es schon mal passieren, dass der Feind in einen Felsen rauscht. Leider war meine Session relativ schnell vorbei, doch demnächst erhalten wir eine eigene Version und dann erfahrt Ihr, ob MotorStorm auch über einen länger/en Zeitraum motiviert. Bisher bin ich aber mehr als optimistisch.
Das Spiel erscheint in den USA im März 2007. Bei uns dürfte es kurze Zeit später auf den Markt kommen, aber genaueres gibt es zum Europa-Termin noch nicht.