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Mount & Blade 2: Bannerlord macht es mir nicht leicht, seine Stärken zu mögen

Viel Sandkasten, wenig Charme.

Offiziell gehört das gar nicht zu den Inspirationsquellen, aber Mount & Blade 2: Bannerlord fühlt sich so an, als würde man ein älteres Total War spielen – nur dass man Schlachten und strategische Entwicklungen hier nicht von oben beobachtet, sondern als Feldherr oder -frau mitten im Geschehen steckt. Immerhin delegiert man die eigene Armee nicht nur, wenn man Banditenlager überfällt oder die Mauern einer belagerten Stadt stürmt, sondern steuert das Alter Ego auch höchstselbst übers Schlachtfeld.

Gegnerische Pfeile bohren sich dann in den hölzernen Schild, während das Fußvolk einen Rammbock in Richtung Tor schiebt und von oben mit riesigen Steinbrocken beworfen wird, bevor man endlich auf dem Wall und in den engen Gassen Schulter an Schulter kämpft. Mit jedem Sieg steigen dabei Ansehen und Reichtum des eigenen Clans, wobei beides hauptsächlich dazu dient, noch größere Heere aufzustellen, um noch gewaltigere Schlachten zu schlagen.

Das feudale Elite

Stellt euch Bannerlord als eine Art Elite: Dangerous oder Pirates! vor, bei dem man nicht im All, sondern in einem fiktiven Mittelalter unterwegs ist. Gut ein Dutzend Reiche ringen dort um die Vorherrschaft und selbstverständlich will euer Alter Ego ein Stück vom Kuchen abhaben. Also klickt man es wie in einem Strategiemodus über die zeitbeschleunigte Landkarte, auf der neben allen Ortschaften auch umherreisende Karawanen und Armeen sowie Gaunerbanden zu sehen sind. Nur im Gefecht und beim Betreten einer Siedlung bewegt man sich per Schulterblick oder Egoperspektive.

Meist verschiebt man sein Alter Ego auf der Weltkarte und kann von dort aus auch alle wichtigen Dialoge führen.

In Städten und Dörfern kauft man Waffen und Rüstung für sich selbst sowie Verpflegung für seine Armee, heuert Truppen an und erhält Quests: meist Kampf- oder Lieferaufträge, die natürlich ebenfalls Ansehen und Geld einbringen. Beute und Gefangene, die man nach einiger Zeit den eigenen Streitkräften hinzufügen darf, sind da noch gar nicht eingerechnet. Spielt man nicht im Sandbox-Modus, folgt man außerdem einer Geschichte um die eigene Familie, was am grundsätzlichen Ablauf allerdings wenig ändert. Das freie Tun steht immer im Vordergrund. Man muss dann nur hin und wieder und ohne Zeitdruck ganz bestimmte Quests erledigen.

So oder so heiratet man wahrscheinlich irgendwann, bekommt Kinder, stellt Vasallen ein, die mit ihren eigenen Armeen oder Karawanen durchs Land ziehen und schließt sich einem der großen Reiche an, um ein Lehen übertragen zu bekommen. Oder aber man agiert als Herr beziehungsweise Herrin seines ganz eigenen Reiches. Aber da muss man freilich erst mal hinkommen.

Das dauert schon deshalb eine Weile, weil man wie in einem Rollenspiel zunächst eine Reihe an Fähigkeiten entwickeln muss, mit denen man überhaupt große Heere führen kann oder in Gesprächen so überzeugend auftreten, dass man etwa ein Lehen bekommt oder andere Adlige dazu bringt, sich dem eigenen Clan anzuschließen.

Hin und wieder muss man sich dafür entscheiden, seinem Auftraggeber treu zu bleiben oder das Geld eines Anderen zu nehmen.

Ihr seht schon: Hier steckt ein riesiges Spiel drin, in dem man zahlreiche Aspekte der individuellen Karriere beeinflusst und verwaltet. Das ist es was Mount & Blade ausmacht – das und ein Kampfsystem, bei dem man nicht einfach per Knopfdruck zuschlägt. Stattdessen bestimmt man eigenhändig, aus welcher Richtung man Schwert oder Speer führt und wohin man den Schild hält. Die Werte der jeweiligen Waffe sowie der hoffentlich stark ausgeprägten Fähigkeiten im Umgang damit bestimmen dann, wie schnell man sie führt und welchen Schaden man anrichtet.

Mit System statt Charme

Trotzdem reißen mich die Kämpfe nicht gerade vom Hocker reißen – was hauptsächlich daran liegt, dass ich erst vor kurzem wieder Chivalry 2 gespielt habe, das jeden einzelnen Aspekt der makaberen Schlachtgemälde um drei Klassen besser hinbekommt. Dagegen wirkt Bannerlord leider regelrecht spröde, sodass ich über alle Kämpfe froh bin, an denen ich nicht mit meinem Alter Ego selbst teilnehmen muss.

Wer will, tritt übrigens online gegen andere Spieler an. Die große strategische Komponente gibt es dort allerdings nicht, sondern nur einzelne Gefechte nach verschiedenen Regeln.

Natürlich ist es stark, dass man seinen Truppen (in Zeitlupe) Aufstellung und Richtung vorgeben und vor dem Gefecht sogar die Aufstellung anpassen kann. Im Gegenzug besitzen die einzelnen Kämpfer aber abgesehen von ihrem Aussehen und ihren Werten nichts Selbstständiges. Es ist ja wirklich wie in einem früheren Total War: Als einheitliche Masse schieben sie sich so gleichmäßig voran, dass es sich kaum wie glaubwürdiges Getümmel anfühlt. Bei einzelnen Reitern und sehr kleinen oder aufgeriebenen Verbänden fällt das weniger auf, aber so richtig gepackt hat mich das eben nicht.

Und es gibt ja nicht nur die großen Schlachten. Es gibt auch etliche Quests mit kleinen Handgemengen, die sich zum einen alle gleichen und die zum anderen wegen des vergleichsweise steifen Kämpfens schnell öde werden. Besonders das Überfallen der immer fast identisch aussehenden Banditenlager ist eine furchtbar langweilige Angelegenheit. Bannerlord ist nun mal kein charmantes Rollenspiel mit interessanten großen und kleinen Geschichten. Es ist eine sehr systemische Baustelle, auf der man nach Belieben schalten und walten darf. Auf der man jeden Dialog, jede Quest, jeden Handel und jede andere Tätigkeit aber auch ständig auf die gleiche Weise ausführt.

Es gibt kaum Variation in den Texten. Alle Charaktere ähneln sich sogar äußerlich und anstatt individuell zu regieren, geht es hier bei allen Aktivitäten lediglich darum, schnell Geld und Ansehen zu generieren, um mit immer größeren Gefechten immer mehr Geld und Ansehen zu generieren. Dass in den dafür notwendigen Schritten, also dem Aufstellen von Karawanen oder Zukaufen von Werkstätten, wenig Tiefe steckt, verstärkt die gefühlte Einförmigkeit nur.

Verschiedene Brettspiele lockern das sonst recht gleichförmige Kämpfen und Geldmachen auf.

Dabei will ich gar nicht darüber meckern, dass die Steuerung per Gamepad an einigen Stellen etwas fummelig geraten ist. Im Grunde finde ich das Übertragen des weitgehend PC-typischen Menüs vielmehr durchaus gelungen. Klasse sind sogar kleine Kniffe wie die Hinweise beim Kauf einer Ware, wo man diese besonders günstig kaufen oder wo man sie teuer verkaufen könnte.

Abgesehen davon mag ich die zweistufige Charakterentwicklung, weil man Erfahrungspunkte nicht beliebig auf Fähigkeiten verteilt, sondern über Erfahrungspunkte lediglich festlegt, wie viel Gewicht man jeder seiner 18 Eigenschaften (unter anderem Bogenschießen, Kampftaktik, Handel, Reiten oder Schmieden) verleiht. Je höher der Wert, desto schneller lernt man dabei neue Fähigkeiten in dem jeweiligen Bereich, wenn man Aktivitäten dieser Eigenschaft ausführt. Das ist eine gelungene Mischung des logischen Learning-by-doing und klassischen Pen-and-Paper-Systemen.

Leider findet man aber nur durch eine ausgesprochen steile Lernkurve überhaupt ins Spiel, denn die meisten Grundlagen werden selbstverständlich erklärt, manche Zusammenhänge sind für Einsteiger aber schwer zu erfassen. Eine Enzyklopädie beschreibt zwar viele Zusammenhänge und bietet durch das interne Verlinken ihrer Begriffe viel Komfort. Sie führt sogar direkt zum Ergebnis, wenn man sie aufruft, während sich der Cursor gerade über zum Beispiel einer Stadt befindet.

Viele Ecken sehen durchaus stimmungsvoll aus. Es gibt sie nur leider in fast gleicher Form in etlichen Orten.

Als es aber zum ersten Mal hieß: „Finde Person soundso“, und ich weder wusste, wer das sein soll, noch wo ich ihn finde, kam ich mir spätestens dann verloren vor, als ich feststellen musste, dass er von jemandem gefangen genommen wurde, der anschließend selbst in Gefangenschaft geriet. Okay... Und wie finde ich nun mein Ziel? Was am Ende nicht mal schwer war! Man muss sich in etliche Funktionsweisen nur erst mal ohne Anleitung hineindenken.

Und so gut es schließlich ist, dass man Komparsen, Händler oder andere Charaktere direkt von der Weltkarte aus ansprechen kann, anstatt manuell durch die Siedlung zu laufen, in der sie sich aufhalten, so bedauerlich finde ich doch, dass sämtliche Orte einer bestimmten Gegend im Grunde alle gleich aussehen. Oder um es auf den Punkt zu bringen: So richtig lebendig fühlt sich die Welt von Mount & Blade 2: Bannerlord nicht an. Weshalb ich mir irgendwann eingestehen musste: Das hat was! Alles in allem ist die spröde Zahlenvermehrung aber einfach nicht mein Ding.

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