Muramasa: The Demon Blade
Schnetzeln für Ästheten
Erwähnte Karte sorgt dann dafür, dass sich manch einer da draußen zu ebenso spontanen wie unhaltbaren Vergleichen mit Super Metroid hinreißen lässt. Deswegen noch mal zum Mitschreiben: Nur weil ein Spiel eine verzweigte Karte aufweist und ihr manche Orte erst erreichen könnt, nachdem ein bestimmter Boss in feine Würfel geschnitten wurde, ist es noch lange keine Metroid-Variation. Denn während Samus sich über ihr ganzes Abenteuer hinweg entwickelt und dabei neue Hilfsmittel und Fähigkeiten erlangt, bleiben Momohime und Kisuke das ganze Abenteuer ihrem anfänglichen Skill-Set treu.
Natürlich bietet das Spiel 108 Schwerter, die ihr Bossen mopst oder selbst schmiedet, aber die unterscheiden sich nur in ihren Kampfwerten, inhärenten Status-Boni oder Immunitäten und ihren Spezialattacken im Kampf. An der generellen Manöverpalette außerhalb der wilden Keilereien ändern sie gar nichts. Während Samus neue Gebiete erreicht, indem sie lernt, höher zu springen, Gegner einzufrieren oder sicher per Greifhaken durch die Levels zu schwingen, haben die neuen Waffen der beiden Schwertkünstler nur die Eigenschaft „durchbricht gelbe Barriere“ oder „durchbricht grüne Barrriere“ – ein Mittel, um voran zu kommen, aber keinesfalls ein spielerisch originelles Extra.
Aber gut, genug auf Gemeckert. Denn abgesehen von der Abwechslung im Level-Design macht Muramasa eine ganze Menge richtig. Vor allem die butterweiche Spielbarkeit überzeugt. Laufgeschwindigkeit und Sprungverhalten der beiden Helden fühlen sich optimal an und gehen euch sofort in Fleisch und Blut über.
Noch überzeugender wird’s dann im Kampf gegen Kanonenfutter oder fiese Bosse. Die verschiedenen Kampfmanöver gehen absolut locker und mühelos von der Hand, egal ob ihr mit WiiMote und Nunchuk, Classic Controller oder Gamecube-Pad antretet.
Schon nach kürzester Zeit führt ihr ellenlange Kombos aus, setzt Spezialattacken zum Brechen der gegnerischen Verteidigung mit traumwandlerischer Sicherheit ein und reflektiert gegnerische Shurikens mühelos zu ihrem Werfer zurück. Sind die Standardkämpe meist schnell gewonnen, wird es in den kniffligen Monsterhöhlen, wo ihr hintereinander gegen Dutzende von Antagonisten antretet, und natürlich in den spielerisch und grafisch beeindruckenden Bosskämpfen gleich viel anspruchsvoller.
Momohime und Kisuke können zwar wie erwähnt bis zu 108 Waffen einsetzen, davon aber stets nur drei im aktuellen Repertoire haben. Per Taste werden die drei Waffen durchgewechselt. Und das ist bitter nötig, denn wer sich vornimmt, sich nur mit dem stets stärksten Schwert durch die Levels zu metzeln, der schaut sich schnell um. Jede Waffe hat nur eine begrenzte Haltbarkeit, bis sie zerbricht. Verloren ist sie dann zwar nicht, ihr müsst sie aber für eine kurze Zeit in der Schwertscheide behalten, damit sie sich regenerieren kann – derweil wechselt ihr zu einer anderen Klinge. Wenn ihr dann beim dritten Boss nur noch wild ausweicht und feststellt, dass sich alle drei Waffen fast permanent in der Regenerationsphase befinden, dann sollte euch klar sein, dass mit eurer Taktik etwas nicht ganz stimmt...
Auch überraschend komplex gestaltet sich das Energiesystem. Verlorene Hitpoints regeneriert ihr durch Nahrungsaufnahme, das macht euch gleichzeitig aber auch satt. Da ist es nicht drin, sich in einer Tour vom aktuellen Boss verhauen zu lassen, um die Wunden direkt mit dicken Sushiplatten zu heilen, irgendwann ist eure Figur einfach voll und nimmt für eine Weile keine Nahrung mehr zu sich.
So ist Muramasa ein grafisch vorbildliches, spielerisch durchdachtes und hervorragend zu steuerndes Actionspiel, das sich mit Leichtigkeit einen exponierten Platz im Pantheon der großen Spiele dieser Generation erkämpfen könnte. Aber tragischerweise scheitert Muramasa letzten Endes an den oft etwas zu uninspirierten Leveldesigns. Hätte Vanillaware die Architektur der einzelnen Abschnitte etwas interessanter und fordernder gestaltet, die Monster lieber geschickt platziert (was in manchen Höhlen ja tatsächlich der Fall ist!) und nicht nur auf zufällige Keilereien gesetzt, dann würde unter diesem Test jetzt statt der guten, aber eben nicht überragenden Sieben eine ansehnliche acht oder gar die begehrte Neun stehen.
Aber auch mit seinen Fehlern ist Muramasa ein Spiel, das man unbedingt einmal gesehen und auch gespielt haben sollte. Und sei es nur, um selbst einmal zu sehen, was heutzutage alles mit der von manchen immer noch als „retro“ oder „veraltet“ angesehenen 2D Grafik machbar ist. Dann kann man für die ausgezeichnete Spielbarkeit während der acht oder neun Stunden, die man für die beiden Muramasa-Durchgänge braucht, auch mal das nicht ganz optimale Leveldesign entschuldigen. Ich bin überzeugt, beim nächsten Mal schaffen die Vanillaware-Jungs endlich den perfekten Spagat zwischen Präsentation, Spielbarkeit und Aufbau. Wäre doch gelacht, oder?
Muramasa: The Demon Blade ist ab sofort für die Wii im Handel erhältlich.