MX vs. ATV Alive
Die halbe Miete ist immer noch gekündigt
Ein spannendes Experiment ist das allemal. Ein Spiel, das normalerweise für den vollen Preis über die Ladentheke gehen würde, wird auf seine Grundform reduziert und für den halben Preis verkauft. Oder zumindest fast, 35 Euro sind es im Falle von MX vs. ATV Alive. Das gesparte Geld soll der Kunde nehmen und sich dafür die Modi, Kurse und Extras dazukaufen, sodass er am Ende auf den normalen Preis kommt, aber ein Spiel hat, das seinen Vorstellungen und Vorlieben entspricht. Soweit die gar nicht dumme Theorie.
Die Praxis bei MX vs. ATV Alive sieht leider so aus, dass man für 35 Euro ein Produkt bekommt, das eine ganz schön abgespeckte Version seines inzwischen deutlich günstigeren Vorgängers darstellt und dass man im spielinternen Shop noch nicht allzu viel bekommt. Schon gar nicht die fehlenden Spielmodi. Glänzte der Vorgänger Reflex noch mit zahlreichen witzigen Ideen in dieser Richtung – z.B. dem Snake- oder Tag-Modus –, finden sich hier lediglich Rennen und ein Free-Ride-Modus. Das ist ganz schön mager, selbst für kleines Geld. Die Kursauswahl ist mit etwa einem Dutzend oder so Rennstrecken gerade noch in Ordnung, die Freerides bieten zwei ordentliche Areale plus ein drittes als mitgelieferter Gratisdownload zur freien Auswahl. Auch begeht das Spiel leider den Fehler, dass praktisch alles erst durch zu erfahrende Punkte freigespielt werden muss.
Wiederum ein bekanntes und nicht unwillkommenes Konzept, nur wenn man wie hier mit wenig Content auf eine lange Spielzeit kommen will, gibt es keinen Weg um viele Wiederholungen auf bekannten Strecken herum. So gurkt ihr denn auch nach Stunden auf euch bis zu diesem Punkt ein wenig zu vertrauten Kursen und hofft, dass gleich etwas Neues freigeschaltet wird. Oder überlegt, ob man nicht die etwa fünf Euro investiert, die einem all das, was man mit Geduld sowieso bekommt, sofort zur Verfügung stellt.
Was man noch freischaltet und deutlich besser zu diesem Konzept des Freispielens passt, sind zahlreiche Lackierungen, neue Teile für die Bikes und Spezialfertigkeiten. Insgeheim schielt man aber doch nur auf den Punktezähler, wann denn endlich Level 10 und 25 erreicht sind, um neuen Boden unter die Räder zu bekommen. Gut, dass man diese Punkte auch online in nach Klassen sortierten Rennen mit bis zu zwölf Spielern bekommt oder sich mit einem zweiten Spieler im Splitscreen vergnügt. Beide Modi funktionieren gut, der Online-Modus ohne großes Lag und der Splitscreen ohne zu große Einbußen bei der insgesamt durchaus ansehnlichen Optik. Wer weiß, dass er eh viel online spielt, der wird das Freispiel-Manko des Solo-Modus nicht so sehr bemerken, sofern er ignoriert, dass auch im Netz die Zahl der Strecken nicht von alleine wächst.
Noch größer werden die Probleme mit der dünnen Auswahl an Strecken und Modi, sobald man einen Blick in den Shop wirft. Man hat 35 Euro für das Spiel bezahlt und kommt jetzt theoretisch dort mit 20 weiteren Euros an, um das Ganze mit Material zu füttern. Aber da ist nichts. Zwei Bikes, ein paar Decals und Helme. Aber neben der sowieso erhältlichen Gratisstrecke findet man keine weiteren Kurse und auch neue Modi sind Fehlanzeige. Sicher, in den nächsten Monaten wird sich das wohl noch etwas mehr füllen, aber derzeit kann man sich nur fragen, was das soll. Die Idee ist gut, aber nur die eine Hälfte, nämlich das abgespeckte Spiel, zu liefern und den Rest vielleicht nachzureichen, funktioniert nicht.
Was das Spiel selbst angeht, es ist MX vs. ATV und das heißt, dass hier solidestes Off-Road-Bike-Vergnügen geboten wird. Die Steuerung des Körpergewichts mit dem rechten Stick fällt diesmal noch etwas feinfühliger aus, wobei Einsteiger sicher ein paar Minuten brauchen, um sich an das ungewohnte Konzept mit beiden Sticks zu gewöhnen. Danach jedoch lässt sich das Bike oder Quad feinfühlig handhaben und in engste Kurven zwingen. Das Stuntverhalten setzt immer noch sehr lahm an und man braucht schon wirklich viel Air unter den Rädern, um etwas Sinnvolles zu erlauben. Insoweit bleibt auch das Vergnügen in den Freerides, bei denen es in erster Linie um Punkte geht, etwas eingeschränkt. Trotzdem: Was Dirt-Biking und Quading angeht, liegt die Serie auch mit Alive immer noch weit vorn.
Umso trauriger ist es, dass dieses Gerüst eines Spiels es nicht mit dem wesentlich reicher bestückten und inzwischen sogar günstigeren Vorgänger aufnehmen kann. Sicher, die Optik bei MX vs. ATV Alive ist ein klein wenig schicker, aber was bringt mir das, wenn der Content einfach nicht da ist? Man kann sich nicht ein neues Konzept ausdenken und dann nur die erste Hälfte liefern. Wer warten kann, darf auf neue Zugänge im derzeit noch leeren Store hoffen, aber bis dahin gibt man sich mit zwei Modi und einem Dutzend Strecken ab. Dass man den mageren Inhalt auch noch in endlosen Wiederholungen freispielen muss, macht die Sache nur bedingt besser. MX vs. ATV Alive geht als das Gerippe eines Spiels über die Ziellinie, dem schlicht das Fleisch auf den Knochen fehlt. Schade, denn was als Basis vorhanden ist, kann überzeugen.
MX vs. ATV Alive ist ab sofort für Xbox 360 und PS3 erhältlich.