Skip to main content

Naughty Bear

Friedhof der Kuscheltiere

„Positionsbedingte Todesschläge“ nennt es das Spiel, wenn ihr Gesichter auf den Grillrost drückt, Bären unter Strom setzt, Telefonhörer in offene Münder stopft oder Köpfe mit der Autotür quetscht … Angeblich sollen es alles in allem gut 250 Todesarten sein. Eingerechnet natürlich auch die Königsdisziplin: Bären durch Schocks in den Suizid treiben. Das kennt ihr vielleicht schon aus der aktuellen Folge von Couchpotato.

Beobachtet ein Bär genügend Grausamkeiten, findet tote Kameraden und kaputte Gegenstände, wird er wahnsinnig. Graue Blasen steigen über seinem Kopf auf uns signalisieren euch, dass es nur noch eines letzten Schrecks bedarf, um ihn mit der Spielwelt abschließen zu lassen. Tappt ihr ihm auf die Schulter und schreit ihn noch einmal ordentlich an, richtet er sich mit seiner eigenen Waffe. So seht ihr Ninja-Bären, die sich in ihr eigenes Katana stürzen, Militär-Bären, die sich mit der Maschinenpistole eine Kugel durch das Plüschhirn jagen oder Bären, die sich mit einem Baseballschläger den Schädel einschlagen. „Unermessliches Opfer“ blendet in solchen Momenten das Spiel als Schriftzug ein.

An diesen Slapstick-Einlagen seht ihr euch allerdings schnell satt. Danach stellt ihr fest, dass das Spiel an sich nicht viel zu bieten hat. Trotz sieben Episoden mit mehreren Untermissionen gibt es gerade mal drei kleine Bereiche, die je nach Aufgabe dezent anders dekoriert und mit frischem Kanonenfutter bestückt sind – eindeutig zu wenig.

Der Griff ins Klo wirkt mitunter tödlich.

Hinzu kommt, dass sich euer Naughty Bear mitunter erst nach gutem Zureden zu der beabsichtigten Aktion überreden lässt, etwa wenn ihr außen vor einem Haus eine Axt aufheben wollt und ihr erst zweimal durch das offene Fenster steigt, weil das Programm dafür den gleichen Knopf verwendet. Die hektische Kamera gibt euch den Rest. Doch man gewöhnt sich ja an alles, auch an diese Hindernisse.

Schafft es einer der Gegner per Telefon, Auto oder Boot Hilfe zu holen, trifft bald Verstärkung in Form von Polizei oder Militär ein. Sofern ihr nicht gerade eine Mission mit einem Zeitlimit erwischt habt, stellt euch das nicht vor größere Probleme. Meist seid ihr in den Gebüschen rund um die Häuser für eure potentiellen Opfer unsichtbar. Mit einem Blatt vor dem Gesicht könnt ihr ihnen direkt gegenüber stehen, ohne dass sie euch bemerken.

Hab ihr erst einmal alle Abschnitte und die meisten Mordarten gesehen, erwartet euch allerdings nur noch wenig. Ihr könnt natürlich versuchen, den wertvollen Einbär zu erlegen, der ab und an auftaucht, oder prügelt euch in späteren Missionen mit Robotern und Zombies, Pardon: Zom-Bären. Wirklich spannend ist das nicht.

Kostüme wie dieses ändern eure Fähigkeiten.

Die vier Mehrspieler-Modi mit ebenfalls bis zu vier Spielern ändern daran nichts. Zum einen gibt es bloß magere vier Spielmodi mit drei Karten, zum anderen leidet die Chose unter ständigen Verbindungsabbrüchen. Aktuell ist die Geschichte schlicht unbrauchbar. Da hilft es nur, auf den Patch zu warten, an dem Entwickler Artifical Mind and Movement zusammen mit Herausgeber 505 Games offenbar arbeiten.

Was habe ich gelacht! Kaum ein Spiel gibt sich so offen politisch inkorrekt wie Naughty Bear. Die Entwickler begehen dabei jedoch einen ähnlichen Fehler wie vor kurzem Playlogic mit Fairytale Fights. Das Spiel langweilt! Abgesehen von dem überzogenen Splatter-Humor fehlt die Substanz. Bereits nach einer halben Stunde beginnt sich das Spielkonzept abzunutzen. Selbst die Jagd auf Punkte hilft nur wenig. Der Prozess beschleunigt sich noch durch die Tatsache, dass ihr andauernd die gleichen drei Levels abgrast. Die Ecken und Kanten bei Präsentation und Steuerung kann ich verschmerzen, doch das Gesamtkonzept wirkt schlicht einfallslos.

Für ein gelungenes Mini-Spiel reicht das, doch von dem 50-Euro-Spiel habe ich mehr erwartet. Schade, denn nach den Vorab-Videos und dem ersten Eindruck hatte ich mir mehr versprochen als dieses unfertig erscheinende Katz-und-Maus-Spiel. Die Idee ist gut, doch der Plüsch war schwach. Süß ist er ja trotzdem, der Naughty Bear mit seinem struppigen Fell und dem angeknabberten Teddy-Ohr. Vielleicht offenbart sich sein Genie ja noch durch einen der angekündigten Download-Inhalte? Ich würde mich freuen.

Naughty Bear ist erhältlich für PlayStation 3 und Xbox 360. Auf der deutschen Scheibe (für 360 geprüft) befindet sich übrigens auch die englische, aber schlechtere Sprachausgabe.

5 / 10

Schon gelesen?