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Naughty Bear

Blutrausch im Teddybärenland

Als ihr sein Gesicht auf die glühenden Stäbe des Grillrosts presst, könnte einem der Plüschgeselle fast Leid tun. Aber nur fast, immerhin handelt es sich hier um ein Spiel und alberne Kuscheltiere. „Supergrillage!“ blendet das Spiel als Textbotschaft ein und feiert eure Schandtat. Bär Nummer 3 hat euch dabei beobachtet und sich furchtbar erschreckt. Der Punktezähler rast. Je mehr Zeugen für eure Delikte, desto besser. Mit einem Baseballschläger bewaffnet zieht ihr weiter. Allerdings sprechen eure potentiellen Opfer auch miteinander und schon bald laufen die Noch-Lebenden wie aufgescheuchte Hühner umher.

Einer hält plötzlich einen Revolver in der Hand, ein anderer versucht mit dem Auto zu fliehen ... Bärenfalle! Da zahlt sich eure perfide Vorsorge aus. Ein Bild-im-Bild-Hinweisfenster zeigt, wie sich der so Gefangene windet und sich zu befreien versucht. Ihr seid schneller. Nachdem ihr die nötige Punktzahl beisammen habt, lässt sich die Zugbrücke zu Chubbys Revier öffnen. Ihr macht euch umgehend auf den Weg ...

Wer ganz in das verbrecherische Genie eines Killerbären eintaucht, übersieht leicht die Schwächen der wenig detailreichen Comic-Landschaft mit ihrer Sichtweite von hier bis zur Nebelwand. Allerdings hakt auch die Steuerung eures Hauptdarstellers noch in der angespielten Vorabversion: Die halbwegs freie Kamera dreht sich eine Spur zu träge, die Perspektive ist oft alles andere als ideal und ihr kreist um Gegenstände, bis euer Bär genau das macht, was ihr von ihm wollt. Dennoch besitzt Naughty Bear bereits jetzt etwas, das anderen Spielen selbst in der Verkaufsfassung oft noch fehlt: Charme. Die Spielidee wirkt einfach herrlich anarchistisch und man darf vor dem kleinen Herausgeber 505 Games den Hut ziehen, dass sie tatsächlich so ein herrlich Massenmarkt-untaugliches Nischenprodukt finanzieren. Respekt!

Doch zurück zu Chubby. Euch interessiert bestimmt, wie die Geschichte ausgeht. Der Bürgermeisterkandidat musste mittlerweile mit ansehen, wie ihr das virtuelle Dasein all seiner angeheuerten Ninja-Bären beendet habt. Auf grausame Art und Weise. Um ihm den Rest zu geben, habt ihr euch im Badezimmerschrank versteckt und lugt jetzt aus den Lüftungsschlitzen in den Raum. Das dauert zu lange, der direkte Weg verspricht schnellere Erfolge. Mit einer Machete in der Hand sucht ihr Chubby. Aufsteigende Blasen über seinem Kopf deuten an, dass er dem Wahnsinn nahe ist. Ein dramatischer Moment. Ein letztes „Booo!“ und Chubby verliert vor Angst den Verstand. Er hebt langsam seine Pistole. Richtet sie an den Kopf. Und drückt ab! Chubbys Tod ist euer Sieg.

Naughty Bear - Präsentation

Für den nächsten Level dürft ihr euch Chubbys Zylinder aufziehen, falls ihr wollt. Es gibt dutzende Kostüme, die ihr euch freispielen könnt und die sich auf Lebensenergie, Stärke, Genauigkeit und Geschwindigkeit eures Bärens auswirken. Je nach Bedarf lohnt sich das eine mal mehr oder mal das andere. Es rentiert sich daher auch Levels mehrmals zu spielen, denn erst so schafft ihr manche Zusatzaufgabe und gelangt bei den Online-Ranglisten auf die vorderen Plätze. 50 Erfolge beziehungsweise Trophäen gibt es zusätzlich zu ergattern. Das reicht vom „Millionärsclub“ für eine Million Gemeinheitspunkte bis hin zu Nebenzielen wie in Episode 2 alle Ninja-Bären in den Selbstmord zu treiben („Harakiri“). Doch das ist erst der Anfang. Ende des Monats sollen alle zur „Totalen Entplüschung“ schreiten dürfen.

Hut ab, so ein durchgeknalltes Spiel sehe ich nicht alle Tage! Wenn Sam Fisher ein Teddybären-Kostüm anziehen und das Gehirn von Hannibal Lecter eingepflanzt bekäme, entstünde dabei vermutlich ein ähnliches Spiel wie Naughty Bear. Es ist diese Mixtur aus unglaublich süß und unglaublich verdorben, die dieses Werk in ein besonderes Erlebnis verwandelt. Ob das Vorhaben am Ende gelingt, steht allerdings noch auf einem anderen Blatt. Aus dem Schleichprinzip lässt sich eine Menge machen und Naughty Bear hat auf jeden Fall das Potential zu einem kurzweiligen Dauerbrenner mit Tiefgang.

Allerdings kann man die Geschichte auch noch ordentlich versieben. Falls die Steuerung auch im fertigen Spiel noch hakt oder die Aufgaben auf Dauer zu ähnlich ausfallen, weiß ich nicht, ob mir meine Rache am Kuscheltiereparadies den Stress wert wäre. In jedem Fall ist Naughty Bear ein bisher unterschätzter Rohdiamant, bei dem es sich lohnt, ihn im Auge zu behalten. Ich hoffe, dass die Entwickler letztendlich an den richtigen Rädchen drehen.

Erscheinen soll Naughty Bear am 24. Juni für Xbox 360 und PlayStation 3.

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