Need for Speed: Hot Pursuit
BREMSE!? Ich hab nicht mal ne stinkende Bremse!
Das eigentliche Fahrgefühl von NfS: Hot Pursuit ist damit nicht ganz einmalig, aber zu einem Optimum an Kontrolle und Geschwindigkeit verfeinert. Eine beherrschbare und doch wilde Feier des ausgelassenen Fahrens als puristischer Tempo-Rausch ist selten und muss ein wenig mit diesen Worten gefeiert werden. Ganz verlässt man sich im Kampf um die Spitze dann aber doch nicht auf Boost und Kontrolle, zumindest wenn zur Straßenschlacht gegen die Polizei gerufen wird.
Vier Gadgets sind im Laufe der Karriere nach und nach verfügbar. Das Erste ist eine Spike-Kette, die nach hinten abgeworfen wird, danach folgen ein EMP-Blast und ein Jammer als Schutz vor selbigen Mittelchen. Der vierte Einbau ist ein Turbolader für noch schnellere Spurts. Dieser sowie die Ketten und der Blocker tun ihren Dienst, während der EMP erst in höheren Ausbaustufen vernünftig nutzbar wird. Ansonsten braucht er viel zu lange zur Zielerfassung.
Während der Verfolgungsjagd helfen diese Extras ohne Zweifel und ihre strikt begrenzte Verfügbarkeit verhindert inflationären Einsatz. Ich persönlich bin jedoch nicht ganz mit mir im Reinen, ob sie nicht ein wenig zu viel Arcade-Elemente in ein sowieso schon realitätsfernes Spiel bringen. Stellenweise ist man hier nur noch eine MG-Salve von Twisted Metal entfernt.
Es bewegt sich an der Grenze dessen, was gesund ist, kommt aber nur selten an den Rand des Overkills und wird auch nur in bestimmten Rennen genutzt, also sind diese Worte wohl mehr eine Randbemerkung, dass Criterion es beim nächsten Titel nicht noch weiter treiben sollte. Oder dann gleich Burnout Metal – Extratwisted! entwickeln sollte.
So viel zur einen Hälfte der Karriere und eigentlich auch des ganzen Spiels. Die andere Seite der Medaille repräsentiert Recht und Ordnung - und weil der örtliche County mehr Geld als Verstand hat, bekommen die Cops genau die gleichen Traumwagen wie die Raser. Zu 90 Prozent deckt sich der Fuhrpark, mit dem ihr eine ganze Renngruppe aus mehreren Wagen zu Klump fahren sollt, mal auch nur einen einzelnen, aber extrem wieseligen Renner jagt oder möglichst schnell von A nach B kommen müsst. Als gesetzestreuer Raser natürlich, ohne das Eigentum der Steuerzahler in Altblech zu verwandeln oder eben diese Steuerzahler von der Straße zu schubsen.
Diese Abwandlungen verändern komplett die Dynamik. Vom Gejagten zum Jäger, unter Einsatz aller Möglichkeiten. EMP und Spikes hat auch die Polizei, sie darf aber noch einen Hubschrauber zum Abwerfen von mehr Spikes rufen oder eine Straßensperre ein paar hundert Meter weiter anordnen.
Spätestens bei diesen kommen dann die Seitenwege ins Spiel. Die Welt von Hot Pursuit ist keine Open-World-Wiese. Oder vielmehr: Sie ist es im Hintergrund schon, nur wird sie nicht so genutzt. Die Zahl der Straßen bleibt recht übersichtlich und für ein Rennen wird die Führung komplett glatt geschliffen. Das bedeutet aber nicht, dass nicht ständig links und rechts kleine Wege mal durch ein kurzes Stück Pampa, mal durch einen Bauernhof oder eine Tunnelbaustelle führen.
Wie kaum ein anderes Spiel verlangt Hot Pursuit von euch, all diese kleinen Wege zu erkunden und vor allem im Kopf zu katalogisieren. Heißt ein Seitenweg bei anderen Arcade-Racern normalerweise Abkürzung, kann hier der Weg auch schon mal deutlich länger ausfallen. Blockiert jedoch die Polizei mit ein paar Streifenwagen den Weg, ist man froh, dieses Schauspiel im Vorbeirasen über den Acker nur aus den Augenwinkeln wahrzunehmen. Manche Kurven lassen sich mit einem Seitenweg elegant schneiden, manche Abfahrten machen eigentlich gar nichts und andere retten einem den Wagen. Herauszufinden, was wofür da ist, gehört zu den Aufgaben in Hot Pursuit, mit denen der Spieler sehr viel Zeit verbringen kann, bis die optimale Reaktion auf jede Situation einstudiert wurde.
Die ganze Welt lässt sich im freien Fahrmodus erkunden. Keine Ziele, keine Jagden, einfach nur cruisen und auf Wunsch schöne Fotos vom eigenen Auto schießen. Ein wenig Entspannung zwischendurch kann nicht schaden, vor allem, da es landschaftlich wirklich schöne Ecken zu erkunden gibt, die sonst ja doch in der Rennhektik vorbeifliegen. Wälder, Küsten, Bergzüge mit Serpentinen und Wasserfällen und Wüsten gehen so fließend ineinander über wie die traumhaften Wetterwechsel.
Diese beginnen mit einem Gewitter und Dauerregen, um euch später bei Sonne, Regenbogen und nasser Fahrbahn übers Ziel zu schicken. Was dann sogar deutliche Änderungen im Fahrverhalten nach sich zieht. Nur ein wenig mehr an Strecken hätten es am Ende sein können. Aber wie ich immer sage: Vom Guten will man am Ende immer mehr und das hier genügt bereits für viele Stunden.
Nicht nur die Landschaft glänzt – und rauscht sehr flüssig auf der Xbox 360 vorbei –, auch die Modelle der Traumwagen überzeugen. Nicht, dass sie mit der Detailvernarrtheit eines Gran Turismo Schritt halten könnten und die Abwesenheit einer Cockpit-Sicht schmerzt schon ein wenig. Ein Spiel für Sammler ist es auch nur bedingt. Die Unterteilung findet in fünf Kategorien statt, die sich grob als „kann man sich mit gutem Job leisten" bis zu „Ölscheichs haben drei davon" einsortieren lassen. Diverse Lamborghinis, Porsches – sogar der experimentelle 918 Spyder - sowie ein paar Aston Martins, Audis, BMWs und Zondas vertreten europäische Ingenieurskunst. Für die US-Seite sind die großen Dodges, Chevys und Fords dabei, letztere insbesondere auf Polizeiseite. Etwas über 60 werden es sein, die man nach und nach freischaltet. Nicht so viele wie in anderen Rennern, dafür aber praktisch nur Highlights und vor ein besonders in den Klassen gut ausgewogenes Feld. Mehr braucht man eigentlich nicht.