Need for Speed: Nitro
No shift, short boost
Diese lästigen Gesetzes-Anhängsel könnt ihr mit einem der beiden einsammelbaren Extras zumindest kurzfristig loswerden, das andere repariert euer, mit der Zeit sicher stark angebeultes Fahrzeug. Auf das Fahrverhalten wirkt sich das nur minimal aus. Ganz ausfallen wird der Renner nie, aber ziemlich schnell zündet der Nitro-Boost nicht mehr. Außerdem zeigen sich sich hier und da ein paar Dellen. Von dem, was man sonst ein Schadensmodell nennen würde, ist Nitro jedoch weit entfernt.
Und trotz oder vielleicht auch wegen aller Hektik und Aufregung ist es ein Spiel, das in kleinen Dosen oder noch besser in fröhlicher Runde genossen werden will. Allein beginnt Nitro nicht zuletzt wegen des extrem anspruchslosen Fahrmodells an Reiz zu verlieren. Nicht dass der Schwierigkeitsgrad zu niedrig wäre, im Gegenteil, aber schnell setzt doch ein wenig mehr Routine ein als es sein müsste.
Es hilft auch nicht, dass man nicht an den Autos schrauben darf, zumindest nicht unter der Haube. Tuning sucht ihr vergeblich. Nitro verwendet alle Kraft auf das Pimpen, das hier endlich mal richtig gut klappt. War es in den meisten Racern noch echte Arbeit, einen sehr eigenwilligen Boliden zusammenzuklicken, lassen sich hier mit einer reichen Auswahl an Decals, Tribals und ähnlichen Unnötigkeiten in Minuten per Point'n'Click kleine Perlen erschaffen, deren besondere Note auch für alle anderen sofort sichtbar wird. Habt ihr euch auf den ersten Platz vorgearbeitet, verfärbt sich das gesamte und reichhaltige Stadtgraffiti in euren eigenen Look um und erinnert alle daran, wer hier der Leitwolf ist. Eigentlich ein ganz simples Feature, aber seltsamerweise fällt mir außer Crazy Taxi kaum etwas ein, das ähnliche Züge aufweist.
Und – nach ein paar Jahren Wii immer noch eine Überraschung – es sieht gut aus, läuft flüssig und wohl sogar mit 60 Hz. Nicht dass das hier entscheidend wäre, aber extrem geschmeidig ziehen die Stadtkulissen von Rio, Madrid oder Mexico City an euch vorbei. Sicher, der Detailgrad könnte höher sein, die Auflösung sowieso, aber insgesamt ist Nitro wirklich nicht hässlich.
Leider hat man nicht immer alles im Blick, mitunter sogar nicht mal den Wagen, den man aktuell gerade verfolgt. Es gibt keine Bumper-Sicht, keine Cockpit-Perspektive, nur die etwas zu flache Verfolgersicht, die dann auch noch beim Nitro-Boost nach unten kippt und bei ungünstiger Hügelführung das Ganze zum halben Blindflug ausarten lässt. Zum Glück ist das Spiel vergebend genug, um das hier nicht zu einer längeren Tirade werden zu lassen, aber optimal sieht anders aus. Dafür lässt euch Nitro alle Möglichkeiten, es euren Vorlieben entsprechend zu steuern. Haltet und kippt die Mote allein – mit oder ohne Beißring, beides nicht zu empfehlen – oder lenkt mit dem Stick des Chuck und löst den Nitro-Boost per Mote-Schwung aus. So lenkt es sich schmerzfrei, präzise und allgemein für alle verständlich.
Gut so, liegt doch der Hauptreiz von Nitro nicht in der Karriere, sondern im Multiplayer mit bis zu vier Spielern. Nein, nicht online. Das gibt es leider nicht. Aber viele mögen ja Splitscreen. Und ist der Fernseher groß genug, sieht das auch für jeden einzelnen sogar recht anständig aus. Ein weiterer geschickter Zug, den viele andere Spiele immer noch ignorieren, ist die Tatsache, dass im Arcade-Modus alles freigeschaltet ist - alle Strecken, alle Autos. Eine lustige Viererrunde kann sofort loslegen, ohne dass einer erst alles freischalten musste. Wenn man jetzt nur seine hübsch bemalten Autos auch noch online präsentieren könnte…
Dass Need for Speed: Nitro keinen Onlinemodus bietet, passt in das Gesamtbild. Kling jetzt irgendwie bösartig, ist aber nicht so gemeint. Auf der Wii ist das eben nicht alltäglich und Nitro ist das erste hundertprozentige Wii-Need-for-Speed. Partyspaß zu viert, unkompliziert, ein wenig überdreht und vor allem unterhaltsam. Hier steckt keine Spieltiefe drin, aber das braucht es bei richtiger Anwendung auch nicht. Allein mal für eine halbe Stunde zwischendurch zum Abreagieren oder in fröhlicher Runde ist Nitro ein Bringer. Nur lange, einsame Stunden auf der Suche nach Fahrphysik oder Tuninguntiefen darf hier keiner erwarten. Nitro passt trotz kleinerer Kanten wie dem Sichtwinkel oder der mitunter zu aufdringlichen Polizei gut in die Sparte des charmanten, harmlosen, launigen Arcade-Funs. Das ist nicht alles im Leben, aber manchmal genug.
Need for Speed: Nitro ist ab sofort für die Wii erhältlich. Es gibt auch eine DS-Version, die mir jedoch gänzlich unbekannt ist und daher erst einmal nicht diese Wertung erhält. Jedenfalls nicht von mir. Vielleicht später. Oder auch nicht.