Nex Machina: Wie eine Nacht im Hard Rock Hotel zur Zusammenarbeit von Housemarque und Eugene Jarvis führte
"Die Chemie stimmte."
Mit Nex Machina hat Housemarque vor kurzem seinen ersten Titel veröffentlicht, bei dem man selbst den Vertrieb übernahm, nachdem man in den Jahren zuvor noch mit Sony als Vertriebspartner gemeinsame Sache machte und das übrigens nach wie vor tut, etwa beim kommenden Matterfall.
Geschadet hat der Selbstvertrieb dem Spiel keineswegs, wie ihr in Alex' Test zu Nex Machina lesen könnt. Bei der Entwicklung hatte das Team Unterstützung von niemand geringerem als Eugene Jarvis (Defender, Robotron: 2084), der als kreativer Berater mit an Bord war. Mit Housemarques Head of Publishing, Mikael Haveri, unterhielt ich mich unter anderem über diese Zusammenarbeit, über die Zukunftspläne des Studios und die finnische Entwicklerszene.
"Unsere Gründer, Ilari Kuittinen (CEO) und Harri Tikkanen (Creative Director), trafen ihn [Jarvis] 2014 bei den D.I.C.E. Awards. Er erhielt einen 'Pioneer Award' und unser Spiel Resogun war als bestes Actionspiel des Jahres nominiert. Um es kurz zu machen: Um 3 Uhr nachts trafen sie sich in der Lobby des Hard Rock Hotels und sprachen über Spiele. Die Chemie stimmte und wir fragten ihn, ob er ein Spiel mit uns machen möchte", sagt Haveri im Gespräch mit Eurogamer.de
"Er hatte Resogun nicht gespielt, aber wollte das zuhause nachholen. Ein paar Tage später rief er uns in Finnland an und sagte, dass er auf jeden Fall mit uns arbeiten möchte. So wurde 'Project Jarvis' geboren."
Als kreativer Berater befasste er sich weniger mit dem eigentlichen Entwicklungsprozess, vielmehr beteiligte er sich zu Beginn an der Ideenfindung, später gab er sein Feedback zu verschiedenen Spielmechaniken oder grafischen Elementen ab.
"Letzten Endes besuchte er uns in den fast drei Jahren ein paar Mal in Finnland und wir reisten mehrmals nach Chicago. Es war schon eine recht unterschiedliche Erfahrung, ein neues Spiel mit einem Partner zu entwickeln, der nicht immer im Büro ist. Das passiert mit Xdev zwar ständig, da sie in Großbritannien sind, aber ihr Input beschränkt sich mehr auf die Rolle eines Produzenten und weniger auf die eines Kreativen. Wir hatten Gespräche über Skype und haben einfach nur über Ideen gesprochen, aber um eine echte Beziehung aufzubauen, mussten wir uns treffen und zusammen ein paar Drinks trinken. Das alles sollte in der Dokumentation 'Name of the Game' ziemlich gut abgedeckt sein, die später in diesem Jahr erscheint", erklärt er.
Wie und ob man Nex Machina weiterhin unterstützen wird, steht unterdessen noch nicht fest. Es ist der erste Titel des Studios im Selbstvertrieb und derzeit könne man noch nicht genau sagen, ob es überhaupt genug Geld einspielt, um eine weitere Unterstützung zu ermöglichen. Haveri zufolge ist es extrem wichtig, hier die richtige Balance zu finden, denn ohne den Support eines Partners wie Sony und mit einem begrenzten Budget kann man sich keine großen Fehler erlauben. Erst recht nicht, weil man ihm zufolge gerne Inhalte erschafft, ohne die Spieler damit auszubeuten.
Spaß hatte man auf jeden Fall bei der Zusammenarbeit mit Jarvis. Folgen also künftig weitere Kooperationen mit anderen bekannten Persönlichkeiten oder erneut mit Jarvis? "Es ist schwierig, das derzeit zu sagen. Die Arbeit mit Jarvis hat wirklich Spaß gemacht und wir teilten viele Ansichten. Mit anderen zu arbeiten, klingt verlockend, aber das kann auch jede Menge harte Arbeit bedeuten. Und wenn man eine Kooperation mit jemandem angekündigt und es klappt nicht, ist das ebenso enttäuschend. Letzten Endes sind wir ziemlich wählerisch, denken da an Cave, Platinum, Iga oder Mr. Miyamoto, also entweder Teams oder sehr bekannte Personen", sagt Haveri.
Ob man künftig verstärkt auf den Selbstvertrieb der eigenen Titel setzt, nachdem man in den letzten Jahren eher mit Sony zusammengearbeitet hat, entscheidet ebenfalls das Abschneiden von Nex Machina. Bei diesem Spiel ging man diesen Weg, weil man einerseits mit Jarvis zusammenarbeiten und andererseits die Vorzüge eines Publishers genießen wollte. Mehr Risiken einzugehen, könne bedeuten, dass am Ende mehr dabei herausspringt, merkt Haveri an. Man habe sich damit zwar etwas außerhalb der eigenen Komfortzone bewegt, aber man war sehr zuversichtlich, ein gutes Spiel entwickeln zu können. Was die Zukunft betrifft, ist derzeit jedoch erst mal Abwarten angesagt.
Ähnliches gilt für eine Veröffentlichung auf anderen Plattformen, wenn man weitere Titel selbst vertreiben würde. Das liegt unter anderem daran, dass es sich um Nischentitel handelt und in Bezug auf die Monetarisierung der Spieler verhalte man sich ziemlich "konservativ", erklärt er. "Es ist eine Formel, die schwierig zu knacken ist, und wir arbeiten noch immer daran."
Manchmal unterstützte Housemarque in der Vergangenheit zwar neben der PlayStation 4 auch die Vita, bei Spielen wie Alienation, Dead Nation oder Nex Machina ist das jedoch nicht der Fall. Das hat ihm zufolge gute Gründe: "Wir sind ein stark Technik-fokussiertes Unternehmen. Unsere Spiele sehen vielleicht nicht immer so aus, aber sie pushen die Hardware sehr stark. Die Vita-Hardware hätte im Mittelpunkt stehen müssen, wenn unsere Titel darauf gut laufen sollen, aber das war ein Opfer, das wir nicht bringen wollten."
Mit Twin-Stick-Shootern und Sidescrollern hat man jedenfalls seine Heimat gefunden. Die Entwickler lieben dieses Gameplay, es fühlt sich für sie sehr vertraut an und Haveri zufolge hat man genug Ideen, wie man das Ganze perfektionieren kann. Aber ganz unabhängig davon, mit welchem Genre man sich beschäftigt, das Gameplay steht für Housemarque immer im Vordergrund. In der Vergangenheit hat das Studio zum Beispiel bereits zwei Snowboard- und ein Golfspiel entwickelt. Selbst für größere Aufgaben beziehungsweise Projekte sei man bereit, wenn alles passt: "Wir sind immer bereit für eine Herausforderung, solange wir dabei keine Kompromisse eingehen müssen."
Die finnische Entwicklerszene, über die man hierzulande eher wenig weiß - weitere bekannte Studios sind Bugbear, Frozenbyte, RedLynx oder Remedy -, hat ihre Ursprünge unterdessen in der Demo-Szene der 80er und 90er Jahre, sagt er.
"Es ähnelt dem, was zu der Zeit in Deutschland passierte. Viele unserer Gründer begannen mit der Entwicklung von Atari-Spielen, zum Beispiel Stardust aus dem Jahr 1993. Eine weitere Welle kam durch frühere Nokia-, Habbo-Hotel- und andere Mobile-Entwickler hinzu. Heutzutage besteht der Großteil der Szene aus diesen Entwicklern und sie scheinen ihre Sache sehr gut zu machen. Was uns betrifft, ist es sehr wahrscheinlich, dass wir uns weiterhin mit Spielen beschäftigen werden, bei denen es im Kern ums Gameplay geht."
Fleißig ist man bei Housemarque ohne Zweifel. Nachdem Nex Machina im Juni veröffentlicht wurde, folgt am 16. August mit Matterfall bereits das nächste Projekt - exklusiv für die PlayStation 4.