NFL Tour
Mittelmaß, oft abwertend
Mịttelmaß, das (Pl. selten) (oft abwertend): mittleres Maß einer Größe, Qualität o. Ä.; Durchschnitt: seine Leistung war gutes M.
Na, eher schlechtes Mittelmaß im Falle von NFL Tour. Dass es für Durchschnitt steht, war klar, das mit dem „oft abwertend“ passt aber so richtig gut in meine Gefühlswelt zum neuesten Spross der EA Big-Reihe.
Sportspielexperten ist die Street-Reihe sicher ein Begriff und vielleicht waren sie schon auf den Hinterhöfen der Welt mit FIFA Street, NBA Street oder eben NFL Street unterwegs. Rauer Spaß mit weniger Regeln, wilden Moves, viel Fun und wenig Rücksicht auf die Realität. Für 2008 wurde beim American Football jetzt das „Street“ in „Tour“ umgewandelt, das Spiel in Hightech-Arenen verlegt und wieder alles näher an echten American Football herangebracht.
Ihr steht mit einer reduzierten Mannschaft – sieben Mann pro Seite – auf dem Feld, die offensichtlich nicht nur ein paar Kollegen, sondern auch einen Großteil ihrer Ausrüstung im Tour-Bus vergaß. Keine Schulterpolster, Knieschoner oder Helme schützen die Athleten, das schreit doch gerade zu nach Foulplay.
Dazu kommt es auch schnell mit dem stark abgespecktem Playbook – gerade mal 40 Züge in der Defense, ungefähr das Doppelte für die Offense –, das Euch eigentlich darauf reduziert, fast beliebig ein Play zu wählen und anschließend einfach loszurennen. Welches Play Ihr zückt, spielt dabei gar nicht mal so groß die Rolle, besonders nicht, wenn Ihr die automatische Wahl des Receivers einschaltet. Die Feinheiten der Spielzüge könnt Ihr wirklich und getrost gegen die KI vergessen.
Kein Scherz: Sogar auf dem zweiten der vier Schwierigkeitsgrade kam ich damit durch, wirklich immer die gleichen beiden Plays zu spielen und den Ball IMMER zum right field - Receiver zu werfen. Nachdem ich so vier Spiele gewann, gab ich es aus Langeweile auf. Die KI schien einfach nicht dazulernen zu wollen.
Dieses billige Rezept funktionierte auch aufgrund eines neuen, stark vereinfachten Tackle und Counter-Tackle Systems. Einfach im richtigen Moment die X-Taste drücken und schon könnt Ihr der Defense vielleicht entgehen. Der Verteidiger kann diesen Counter-Tackle ebenso aushebeln und das Counter / Reverse-Counter–System müsste eigentlich zu dringend benötigter taktsicher Tiefe führen.
Passiert leider nur nicht. Dafür funktioniert das System einfach zu unzuverlässig, als dass Ihr damit wirklich gezielt arbeiten könntet - und schnell artet das Ganze in billiges Buttonsmashing aus, mit dem Ihr traurigerweise sogar Erfolge einfahren werdet. Dummerweise setzt sich nicht nur die Computer-Defense aus einer Horde Luschen zusammen. Die eigenen Verteidiger sind kaum beweglicher und schaffen es auf höheren Levels nur schwer, den flinken und auf All-Star-Level schlicht unfairen Angreifern Paroli zu bieten.
Niemand kann mir erzählen, dass ein Tampa-Bay Receiver dem Zugriff von drei Raider-Verteidigern entgeht, die ihm praktisch schon an den Hosen hängen, dann über einen weiteren hüpft und zum Abschluss noch meinen Linebacker aus den Fingern gleitet. Das KI-Balancing scheint ein To-Do-Punkt der Entwickler gewesen zu sein, der irgendwie schlicht vergessen wurde.