Nicht ganz, was so erwartet war… Die Story von Street Fighter V
Hoffentlich hat da keiner drauf gewartet.
Erst einmal: Nach wie vor ist Street Fighter V eine Empfehlung, weil es schlicht das meiner Meinung nach beste Couch-zu-zweit-mit-Aracde-Stick-Prügelfest schlechthin ist. Abweichende Meinungen wie "Mortal Kombat X ist aber besser", "Ich mag die Helden in Injustice lieber" oder "Guilty Gear / BlazBlue haut noch mehr rein" sind völlig legitim, es gibt eine wirklich gute Auswahl, um einem Freund virtuell eins auf die Mütze zu geben, während sie an ihrem Bier nippen. Für mich ist eben Street Fighter V der König eines gut sortierten und hochwertig gefüllten Adelshauses.
Das gesagt... Der Online-Multiplayer ist auch sehr gut, wenn der Rest der Welt fair spielt - was er deutlich seltener tut als erwartet - und stabil läuft. Was auf der PS4 kein großes Thema ist, auf dem PC so langsam auch was wird. Endlich. Und dann ist da ja noch der Story-Modus, der im Juni kommen sollte.
Technisch gesehen hat Capcom das geschafft. Am 30.6.2016 war es so weit, 8 Gig für die Story und 8 Gig an Updates später ist er da und ist... komplett anders als erwartet.
Seit Angedenken der Zeit überhaupt - sprich Street Fighter II - gibt es einen Arcade-Modus, der lange Zeit als Story herhielt. Ein Kämpfer kriegt ein Intro und einen Abspann, dazwischen werden ein paar Feinde verprügelt. Den gibt es auch 16 Gig später in Street Fighter V nicht. Später kamen dann echte Story-Modi in das Genre. Mit wechselnden Kämpfern prügelt ihr euch durch eine mal mehr, mal weniger aufwändig illustrierte und animierte Geschichte, die es in der Regel inhaltlich mit einem guten Van-Damme-Streifen aufnehmen kann. So etwas gibt es nun auch in Street Fighter V.
In jedem Fall jedoch gab es immer einen Schwierigkeitsregler mit fast immer sehr feinen Abstufungen. Von "Die KI begeht Selbstmord" bis hin zu "Die KI tötet euch gezielt und erbarmungslos mit Special-Spamming und Gedankenlesen" bot fast jedes Prügelspiel der Genre-Historie bis zu einem Dutzend Zwischenstufen. Mit so etwas hält sich Street Fighter V nicht auf, es sagt sich einfach, dass es nur auf die Extreme ankommt, und beschränkt sich damit auf die beiden eben genannten KI-Ausnahmenzustände.
Ich wünschte, das wäre ein Witz, aber ihr spielt zuerst die Story auf Ultra-Leicht durch, was vom Schwierigkeitsgrad ziemlich genau den kurzen und sinnlosen Charaktergeschichten entspricht. Bei diesen wurde nicht ohne Grund spekuliert, ob es überhaupt eine KI in dem Spiel gibt, und daran ändert sich auch in der großen Story mit ihren fünf Kapitel und etwa 50 oder 60 Kämpfen nichts. Nach einem Dutzend dieser war ich ernsthaft gelangweilt und entschied mich, einen Versuch zu starten: Kann ich jeden Kampf damit gewinnen, dass ich den Gegner mit dem schweren Tritt in die Ecke prügele und ihn nur mit dieser einen Taste da halte? Die Antwort: nein. Wenn ich einen langsamen Charakter wie Zangief gegen einen schnellen spiele, dann muss ich ein wenig variieren, da die KI sich durch den Tempounterschied doch noch aus der misslichen Lage befreien kann. Von diesem einen Extrem mal abgesehen: Ja, es ging. Problemlos.
Es gab vielleicht fünf von um die 60 oder mehr Kämpfen - immer nur eine Runde -, die ich nicht auf Anhieb gewann, dann aber spätestens im dritten Anlauf, und so ein SF-Experte bin ich nun wahrlich nicht. Dass das Spiel aber auch anders kann, zeigt der "Extra"-Modus, der im Anschluss freigeschaltet wird. Im Extra-Modus verzichtet die KI auf jede Fairness und wer hier besteht, der kann Street Fighter. Specials im Dauerlauf, die KI ist sich nicht mal zu schade, den Kampf mit einem Super-Special anzufangen und euch praktisch unblockbar die Hälfte der Energie zu rauben. Das wäre super, wäre das Level 10 von 10 und nicht 2 von 2. Es fehlen einfach alle Zwischenstufen.
Es hilft nicht, dass die Kämpfer jeden einzelnen Kampf wechseln, und sie sind nun mal extrem unterschiedlich. Wer eben noch Chun-Li spielte, muss Sekunden später mit Birdy klarkommen und danach mit dem wieder ganz anderen Fang. Hier geht Mortal Kombat den besseren Weg, indem es euch zumindest für ein paar Kämpfe bei einem Kämpfer verweilen lässt, bevor es weitergeht.
Was die Story selbst angeht... Man muss schon hart Anime-gestählt sein, um hier schmerzfrei durchzukommen. Die Figuren tun Dinge, es passieren Dinge, alles hängt irgendwie im Grunde recht schlicht zusammen, wenn man das große Ganze im Blick behält. Dann läuft es darauf hinaus, dass M. Bison eins auf die Nuss bekommt. Es hat nette Trash-Momente, aber die Warner-Konkurrenten sind da deutlich weiter und sehr viel unterhaltsamer.
Habt ihr auf die Story gewartet, um bei Street Fighter V einzusteigen? Ihr habt umsonst gewartet. Dieses Spiel ist für die Couch, zwei Arcade-Sticks und eine Kiste Bier gemacht, und da gibt es aktuell nichts Besseres. Im Solospiel wäre Capcom gut beraten gewesen, sich bei der Story auf die alten Arcade-Modi zu beschränken, die die Serie selbst oder auch Tekken so erfolgreich zelebrierte: Jeder Kämpfer bekommt zehn Runden, dazu Intro und Abspann, alle sind glücklich. Das hier ist sicher irgendwie ambitionierter, aber wenn das Grundlegende nicht funktioniert, dann helfen endlose Zwischensequenzen auch nicht weiter.
Also bitte, spielt Street Fighter V, auf jeden Fall. Aber tut es auf die richtige Weise. Nicht für die Story.