NIER
„Bayonetta ist in Japan nicht gut angesehen“
Eurogamer: Ich hätte darin keine große Hürde gesehen. Deutsche Spieler mögen in der Regel auch ungewöhnliche Helden. Bayonetta hat zum Beispiel auch hierzulande vielen sehr gut gefallen. Also warum nicht?
Yosuke Saito: Witzig, dass du Bayonetta erwähnst. Gerade Bayonetta ist in Japan nicht besonders gut angesehen.
Eurogamer: Aus welchem Grund?
Yosuke Saito: Vielleicht sieht Bayonetta als Hauptcharakter einfach nicht feminin genug aus. Sie hat einen sehr kräftigen Körperbau. Es gibt in Japan sicher genug Spieler, die gerne weibliche Hauptcharaktere sehen, doch dann mit einer weiblicheren Physik, weiblicheren Attributen.
Eurogamer: Japanern sind die Brüste von Bayonetta zu klein? Das überrascht mich. Dann verhält sich das offenbar ähnlich wie bei den Monstern in Spielen: sie können nie zu groß sein. Doch wie kommt es, dass die guten Jungs in Spielen in der Regel schlechter aussehen als die bösen?
Yosuke Saito: Vermutlich macht es einfach mehr Spaß, Bösewichte und Monster zu entwerfen. Hinzu kommt, dass man als Spieler die meiste Zeit nur die Rücken des Helden und seiner Begleiter sieht und von den großen Monstern sieht man die ganze Zeit die Vorderseite. Deshalb gibt man sich bei den Monstern natürlich besonders viel Mühe, vielleicht übertreiben wir Spiel-Entwickler das manchmal.
Eurogamer: Das wäre ein guter Aufruf an alle Spiel-Entwickler: Verpasst euren Helden hübschere Hinterseiten!
Yosuke Saito: Bei NIER haben wir unser Bestes gegeben. Sein Rücken sah anfangs ein wenig zu glatt aus und wir haben ihm daraufhin ein Tattoo spendiert.
Eurogamer: Während Spieler bei 3D-Spielen mit der Kameraperspektive kämpfen, lassen sich zweidimensionale Spiele oft perfekt steuern. Auch in NIER gibt es einige 2D-Jump&Run-Abschnitte. Wann werden sich Spiele endlich in der dritten Dimension genauso gut steuern lassen wie in der Seitenansicht?
Yosuke Saito: Stimmt, in NIER gibt es einige 2D-Abschnitte. Ich denke, in naher Zukunft wird es möglich werden, Charaktere im dreidimensionalen Raum genauso akkurat zu steuern wie aktuell in 2D. Die Herangehensweise bei 2D- und 3D-Spielen ist einfach eine andere. Während man bei 2D-Spielen einen Hintergrund in das bestmögliche Licht rückt, muss man bei 3D-Spielen versuchen, den Raum so gut es geht zu füllen. Deshalb ist es im Grunde gar nicht nötig, die beiden Ansätze zu vergleichen und herauszufinden, was bei beiden gleichermaßen funktioniert. Beides bietet Vor- und Nachteile. Wir brauchen also gar nicht in der Lage zu sein, ein 3D-Spiel genauso zu steuern wie früher ein 2D-Spiel. Diese Unterschiede werden in Zukunft zu neuen Entwicklungen führen, technisch wird das bald möglich.
Eurogamer: Ich hoffe trotzdem auf weitere hochwertige 2D-Spiele aus Japan.
Yosuke Saito: Japan blickt auf eine lange Geschichte bei der Entwicklung von 2D-Spielen zurück, alleine wenn man an die Spielhallen-Titel denkt. Es gibt sehr talentierte Designer dafür in Japan. Wenn es dann aber um Projekte geht, die weltweit veröffentlicht werden sollen, sammeln sich die kritischen Stimmen, die 2D für altmodisch und überholt halten. Die Reaktionen, die wir bekommen ist: Es muss 3D sein! Siehst du das anders?
Eurogamer: Herausgeber fürchten sich offenbar in der Tat vor 2D-Spielen. Doch für gutgemachte Spiele ist meiner Meinung nach immer Platz. Verkaufserfolge wie New Super Mario Bros. beweisen, dass eine Nachfrage besteht. Es wäre allerdings an der Zeit, die modernen, technischen Möglichkeiten zu nutzen und dem Publikum mehr hochauflösende Grafiken zu gönnen.
Yosuke Saito: Technisch ist 2D natürlich nichts Neues. Doch solche Spiele heutzutage global als ein Produkt zu vermarkten, ist die neue Aufgabe für uns. Wir sind aber schon daran interessiert, frische Spiele über Xbox Live Arcade oder das Playstation Network anzubieten. Kennst du zum Beispiel Castle Crashers? Als ich das Spiel gesehen habe, war ich sehr enttäuscht. Ein solches Spiel hätte in Japan entwickelt werden sollen, aber das wurde es nicht! Ich würde gerne mehr solcher Spiele veröffentlicht sehen, dann aber entwickelt in Japan.