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NIER

Was in Japan passiert, bleibt in Japan

Das viellicht Überraschendste an all dem – natürlich nach Doppelspiel und Doppelgeschlecht – dürfte sein, dass es sich bei NIER keineswegs um ein weiteres Japan-Rollenspiel handelt, selbst wenn das perfekt zu diesem Ende der Welt passen würde. So etwas findet sich nicht im Repertoire des Entwicklers, der dafür aber bereits Drakengards, Resident Evils und ein paar andere Action-Adventures hinter sich hat. Wie halt auch NIER eines werden wird. Der Weg durch das Weltende soll allerdings nicht ganz gradlinig vonstatten gehen. Auch wenn die Story prinzipiell linear verläuft, finden sich doch am Wegesrand ein paar Nebenquesten und Abzweigungen, denen man folgen kann, aber nicht muss. Es klingt wie ein Mittelding aus God Of War und Japan-GTA. Als Ausgangspunkt dient dabei eine Art mittelalterliches Dorf, aus dem ihr auszieht, um ein paar Schafe zu finden. Ich weiß auch nicht, ist wahrscheinlich irgendwie biblisch gemeint, Lukas 15 oder sowas, aber keine Sorge. Es wird im Laufe de Zeit besser als das.

Eine andere Sequenz, die passend zu weiten Teilen des generellen Spielablaufs aus der Third-Person-Ansicht startet, zeigt einen groß angelegten Bosskampf, in dem NIER und Kaine alles auspacken, was sie haben. Das war unter meiner Würde, ich konnte nicht widerstehen, ich bitte um Entschuldigung. Gemeint sind natürlich die mitgebrachten Waffen, die sich generell in drei Kategorien unterteilen. Zweihänder verursachen großen Schaden, aber sind langsam zu schwingen. Einhänder wirbeln schnell, hinterlassen aber keinen so bleibenden Eindruck. Der Speer schließlich vereint Reichweite und drastisch verringerte Effizienz im Nahkampf. Jedes zu seiner Zeit und gegen die zumeist in mehreren Stufen ablaufenden Bosskämpfe hat man am besten alle dabei.

Mit reiner Waffengewalt ist einer Dorfplatz-füllenden Krabbe aber kaum beizukommen und selbst gegen Kaines wahre Barrage aus F…-Wörtern scheint sie gewappnet. Gut, dass Grimoire Weiss – Japaner lieben deutsche Wörter, nicht wahr Square? Ehrgeiz? Einhänder? – an NIERs Gürtel baumelt. Das beseelte Buch versorgt euch mit magischen Eigenschaften, die teilweise verdächtig den Eindruck machen, dass diese Magie aus Doom entlehnt wurde. Ein gewaltiger Schwall Feuerbälle in konstanter Linie kam dort doch auch schon vor.

Nier - PS3 Trailer

Nicht nur solch direkte Magie, auch indirekte für eure regulären Waffen hat Grimoire Weiss anzubieten. Wörter sind die Zauberei der Welt von NIER und jede Waffe lässt sich mit zwei magischen Wörtern belegen, die ihr zuvor natürlich mühselig finden müsst. Im Ergebnis also: Wörter, Kristalle, Jacke, Hose. Dermaßen gerüstet hackt ihr auf die Gelenke des Riesen, um ihn zu Fall zu bringen und endlich richtig Schaden zu verursachen. Das ist ja ein ganz neues Konzept. Gab es noch nie. Es scheint einfach zur Formel solcher Fights zu gehören. Und NIER versucht hier auf den ersten Blick nichts großartig Anderes.

Ist dann der Gigant fürs Erste beeindruckt genug von euren Kampfkünsten, verzieht er sich auf höher gelegenes Terrain und ihr müsst zu Fuß die Klippen des Dorfes erklimmen. Hier schwenkt das Spiel in eine Art Seitenansicht um und das Gameplay verfällt in eine sympathische Reminiszenz alter Zeiten, als in 2D aus der Seitensicht gehüpft und geprügelt wurde. In solcher Nostalgie badet das Spiel nicht zu häufig, aber es sah aus, als würden diese Abschnitte wirklich eine nette Auflockerung sein.

Nehmen wir mal die regionalen Verwirrungen aus der Rechnung, dann scheint NIER im Terrain von Bayonetta, Kratos und Dante zu wildern, was das Gameplay angeht. Viel Schwertkampf, Specials und ein klein wenig Aufpowern des Arsenals am Rande. Und wir alle wissen, dass dieses Feld nicht gerade schlecht besetzt ist. Es lässt sich bisher leider nur denkbar wenig erkennen, was NIER genau vorhat, um sich hier abzusetzen. Das Design ist nicht wirklich schlecht, aber doch ein wenig blass. Die Action wirkt okay, nur halt nicht spektakulär. Das Spielsystem solide, aber es bringt für den Moment den Funken nicht zum Überspringen. Das heißt nicht, dass ich ein schlechtes Spiel erwarte, in keinster Weise. Nur kann ich nicht erkennen, warum ich aus Vorfreude auf NIER in Ekstase geraten sollte.

Aber es sei angemerkt, dass ich das gleiche Gefühl auch bei Bayonetta hatte. Bis es dann im Laufwerk landete. Mal gucken, ob der Blitz nicht doch zweimal einschlägt.

Das für uns interessante NIER auf der Xbox 360 und PS3 soll im zweiten Quartal 2010 erscheinen.

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