Ninety-Nine Nights 2
Tausend Treffer sind ein Schlag
Wer sich hier nicht mehr an Ninety-Nine Nights erinnert oder gar noch nie etwas von dem frühen Xbox 360-Titel hörte, braucht sich nicht schämen. Sagt euch der Name doch etwas, dann wohl, weil es einer der ersten Titel der neuen Konsole war, wahnsinnig tolle Zwischensequenzen trailerte, die Vorfreude aufbaute und sich dann enttäuschend schnell als das entpuppte, was es war: ein ziemlich halbherziger Vertreter der Dynasty-Warriors-Idee. Irrsinnige Gegnermassen, 1000-und-mehr-Hit-Kombos sowie ein Schuss RPG-Leveling zur Abrundung. In mäßiger Ausführung.
Hätten dann Story oder Spielaufbau noch einen tieferen Sinn ergeben, wäre vielleicht sogar die Optik mit ihrem gekonnten Grau-in-Niedertexturgrau verzeihbar gewesen. So aber hieß es belangloses Mittelmaß. Die Chancen standen denkbar ungünstig für einen Nachfolger und spätestens als Microsoft das Konzept wieder fallen ließ, hätte ich nie gedacht, dass ich mal einen Text zu einer Fortsetzung schreiben würde. Aber hier sind wir, Ninety-Nine Nights 2 – oder kurz NNN2, von mir aus auch NIII2, alternativ N3-2, sucht es euch aus – kommt. Nur warum sollte es jemanden interessieren...
Dass Konami Microsoft als Publisher der Serie ablöst, reißt weniger mit, aber dass das kleine feelgood-Studio das Ruder als Entwickler übernahm, lässt aufhorchen. Die Truppe aus Ex-Square- und Ex-Nautilus-Leuten (Shadow Hearts) unterstützte bereits Mistwalker bei Lost Odyssee, welches klassisches J-RPG mit ausgezeichnetem Charakterdesign, gutem Plotaufbau und dem einen oder anderen denkwürdigen Dialog verband. Eigenschaften, die das erste Ninety-Nine Nights nicht unbedingt auszeichneten, die angesichts der Prämisse, mit einem möglichst großen Schwert möglichst hohe Hitkombos zu erzielen, zu verschmerzen sind.
Und nein, NNN2 wird wohl trotz der feelplus-Truppe nicht mit solchen Feinheiten um sich werfen, selbst wenn der Grundton deutlich düsterer wurde. Die Welt hing zwar auch schon zuvor an der Schwelle zu immerwährender Dunkelheit, aber im Unterschied zum Erstling erkennt man dies auf einen Blick und wieder ziehen die Armeen der Welt auf die Felder des Pellennor vor die Tore der weißen Stadt, um in der letzten Schlacht das Schicksal von Mittelerd… Ok, das war billig, ich weiß, man kann so etwas praktisch jedem Fantasyspektakel mit mehr als 20 bewaffneten Teilnehmern vorwerfen, aber hier ist die Assoziation besonders stark.
Massen von dunkel gewandeten, orkartigen Wegelagerern stürmen auf den Helden ein, um sich dann von ihm mit aberwitzigen Zahlenwerten gleichzeitiger Treffer abfertigen zu lassen. Nicht mal Legolas konnte vierstellig in weniger als fünf Minuten vorweisen, eine Leistung, die in NNN2 abermals zum Standard gehört. Damit einher geht praktisch automatisch Buttonsmashing und die klassische Belegung von Sprung, leichtem und schwerem Schlag sowie Deckung. Mit dabei sind natürlich wieder diverse Kombos dieser Grundangriffe und auch der denkwürdige Luftkampf. Solange ihr nur wild um euch herumschlagt, verliert der in der Luft hängende Held nach einem Hüpfer kaum Höhenmeter, sondern kämpft einfach weiter. Die Schwerkraft wurde bereits besiegt, warum also aufhören.
Per Schultertaste werden dann die Spezialangriffe getriggert, nachdem ihr sie vorher auf die vier Slots der normalen Tasten verteilt und im Kampf aufgeladen habt. Teilt besonders effektive, magisch verstärkte Schwertkombos aus, verwandelt die eigene Figur in eine blaue Flamme, die alles aus dem Weg räumt, oder zündet einfach die Smartbomb. Anders lässt sich ein Effekt kaum beschreiben, der das ganze Gelände erbeben lässt und Massen von Gegnern wie Papier zerfetzt. Es wird wohl eine ganze Auswahl dieser Angriffe und Zauber geben und jeder einzelne von ihnen lässt sich getrennt durch Anwendung steigern und verbessern. So etwas macht den J-RPGler in uns glücklich und es findet sich bestimmt ein Achievement, das alle Angriffswerte auf voller Ausbaustufe sehen möchte.