Ninja Gaiden Sigma 2
Der Weg des Schattenkriegers
Ryu Hayabusa ist flink, elegant und tödlich. Direkt aus der Deckung geht der Ninja zum Gegenangriff über und überrumpelt seinen Gegner mit einem schnellen Schnitt – der bezahlt seine Unachtsamkeit mit seinem rechten Arm. Schnell wechselt Ryu zu tödlichen Stahlklauen und tötet einen weiteren Gegner mit Hieben und Tritten. Doch der erste Feind gibt trotz seiner Verstümmelung nicht auf. Von hinten schleicht sich der tödlich verwundete Gegner an, um Ryu in einer Suizidattacke mit ins Jenseits zu nehmen. Daraus wird freilich nichts, mit einer schnellen Kombination bringt Ryu seinen Widersacher zu Fall und schlägt ihm von hinten den Kopf von den Schultern. Mit einem Drachen-Ninja ist eben nicht zu spaßen.
Szenen wie diese erlebt ihr in Ninja Gaiden Sigma 2 immer wieder in mannigfaltigen Variationen. Hier verliert ein Gegner einen Arm, da mal ein Bein und besonders grob geht es bei den Finishern zur Sache. Auf der Xbox360 führte das zum Release-Verzicht seitens Microsoft und schließlich zur Indizierung. Der weltweit auf die gleiche Art modifizierten PS3-Umsetzung bleibt dieses Schicksal erspart, die hat nämlich die USK-Schranke anstandslos passiert und steht nun mit einer 18er-Freigabe in den Läden. Ausschlaggebend war dabei nur eine kleinen Modifikation. Verstümmelt und gemetzelt wird hier genauso wie beim Vorbild. Wo der Gegner im indizierten Xbox-Spiel bei harten Treffern aber blutete wie ein Rasensprenger im Hochsommer, spritzt hier kaum rote Soße, dafür quillt bläulicher Rauch aus der Wunde.
Um mal bei der Gewalt und der Reduktion eben dieser zu bleiben: War das wirklich nötig? Als in der indizierten Xbox360-Fassung das Blut in großen, roten Fontänen spritzte, dann wusste der kulturell gebildete Spieler, hier geht es nicht ums tumbe Aufgeilen an der Gewalt, hier sehen wir das Erbe von Kabuki-Theater und Chambara-Filmen. Die stilisierten, stark symbolhaften Blutfontänen, die schon bei Quentin Tarantinos Kill Bill Vol. 1 so mancher Zuschauer als unfreiwillig komisch aufgefasst hat, entstammen dieser japanischen Theater- und Film-Tradition und fanden hier im Videospiel ihre jüngste Ausprägung. Und dieses wichtige Stilmittel fehlt hier eben, und dieser Mangel kostet Ninja Gaiden Sigma 2 leider auch einen Teil seines Charmes und seiner haptischen Wucht.
Denn die ist es, die Ninja Gaiden so auszeichnet. Ninja Gaiden ist schwer, anspruchsvoll, aber gleichzeitig so befriedigend wie kein anderes Spiel vergleichbarer Machart. Kriegsgott Kratos, Lederfreak Dante oder Samurai Samanosuke, sie alle schnetzeln sich durch toll anzusehende Action-Abenteuer. Aber in Sachen Spieltiefe, Herausforderung und Komplexität kann keiner von ihnen mit Ryu Hayabusas Eskapaden mithalten.
Während sich die genannten Konkurrenten durch hordenweise billiges Kanonenfutter schnetzeln, um sich schließlich mit den wehrhafteren Bossen zu duellieren, ist bei Ninja Gaiden jeder Scherge bereits auf der einfachsten Stufe eine echte Gefahr, mit der man rechnen muss. Unaufmerksamkeit wird bestraft. Nur wer blockt wie ein Weltmeister, im richtigen Moment zum Gegenangriff übergeht und weiß, welcher Gegner gegen welche Waffe besonders anfällig ist, kommt voran.
Ninja Gaiden ist knackig, steil und extrem dynamisch. Team Ninja macht es euch nie einfach, aber in dieser Version kommt euch zumindest entgegen. Wo der erste Teil Sonntagsspieler und Buttonmasher bereits beim ersten Boss gnadenlos gegen die Wand laufen ließ und dessen indizierte XBox-Fortsetzung mit ein paar ziemlich unfairen Stellen nervte, zeigt sich diese Episode überraschend spielerfreundlich. Die härtesten Gegner des Vorbilds wurden entschärft, frustige Stellen einfach entfernt und dank Ryus regenerierbarer Energieleiste wird dem Spieler das Ninja-Dasein doch ordentlich erleichtert. Ein Zuckerschlecken ist Ninja Gaiden deshalb aber noch lange nicht. Und das ist gut so, nichts anderes würden die Fans akzeptieren.