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Nioh: Wie das Samurai-Abenteuer nach jahrelanger Odyssee seinen Weg fand

Produzent Fumihiko Yasuda im Gespräch.

Bevor Nioh in diesem Jahr für die PlayStation 4 und jüngst für den PC erschien, hatte es einen langen und beschwerlichen Weg hinter sich. Die ersten Arbeiten an dem Projekt begannen im Jahr 2004. Es dauerte gut 13 Jahre, bis das Spiel das Licht der Welt erblickte. Aber das heißt nicht, dass man in all diesen Jahren an ein und derselben Version gewerkelt hat.

Im Gegenteil: Es gab mehrere. Ein erster Versuch lief von 2004 bis 2008, bevor diese Version eingestampft wurde. Nachdem Koei 2008 mit Tecmo fusionierte, kümmerte sich Dynasty-Warriors-Entwickler Omega Force um das Projekt, doch auch diese Bemühungen scheiterten. Erst als Team Ninja mit an Bord kam, nahmen die Arbeiten an einer neuen, dann finalen Version wieder Fahrt auf. 2012 übernahm Team Ninja vollständig die Kontrolle über die Entwicklung und es dauerte noch etwas mehr als vier weitere Jahre, bevor William Adams sein Abenteuer bestritt.

Diese Anfangszeiten des Projekts hat Niohs Produzent Fumihiko Yasuda nicht miterlebt. Dennoch weiß er zumindest im Ansatz, wie das Spiel damals aussehen sollte: "Nach dem, was ich gehört habe, war es ein JRPG im Stil von Final Fantasy 12, angesiedelt in der Sengoku-Zeit von Japan. Kou Shibusawa, der General Producer des Spiels, segnete diese ursprüngliche Version nicht ab, weil es dem Spiel an Originalität mangelte und es nicht diesen 'Wow'-Effekt versprühte", sagt er im Gespräch mit Eurogamer.de.

"Das Setting des Spiels existierte bereits und entstand mit viel Liebe zum Detail. Es gab stapelweise Dokumente, die wir für die finale Version verwendeten. Ich war nicht dabei, als die Entscheidung getroffen wurde. Aber ich kann mir vorstellen, dass es ein schwieriger Entschluss für alle an dem Projekt Beteiligten war."

Die Version, an der Omega Force zwischenzeitlich arbeitete, war ebenfalls nicht das, was sich Koei Tecmo von dem Projekt erhoffte: "Ich weiß leider nicht allzu viel darüber. Anscheinend war es am Ende schwierig, genügend Unterschiede zwischen der Version von Omega Force und ihren anderen Warriors-Titeln zu finden. Optimierungen beim Game-Design und der Engine gehen meistens in die Richtung, mit der sich das Entwicklerteam am besten auskennt", erklärt Yasuda.

Dass Nioh letzten Endes nach all den Jahren erschien, ist Koei-Gründer Yōichi Erikawa (auch als Kou Shibusawa bekannt) anzurechnen. Erikawa leitet das Unternehmen nach wie vor und gründete Koei im Jahr 1978 gemeinsam mit seiner Frau Keiko.

"Wir haben Kou Shibusawa für seine unvergängliche Leidenschaft zu danken. Er war mehr begeistert als alle anderen, als die aktuelle Version intern endlich Zustimmung fand. Spiele, die viele Jahre für die Entwicklung benötigen, überleben nicht ohne ihre leidenschaftlichen Schöpfer. Das Gleiche lässt sich über Sonys The Last Guardian sagen", merkt er an.

"Was Team Ninja und mich betrifft, sind wir nicht nur wegen Kou Shibusawa am Ball geblieben, sondern auch für uns selbst. Wir wollten sehen, wie dieses erfolgreiche Actionspiel veröffentlicht wird und haben seinen Erfolg herbeigesehnt."

Der größte Unterschied zur ursprünglichen Vision für das Spiel sind "Masocore" und "Yokai", erklärt er. Ursprünglich als JRPG während der Sengoku-Zeit gedacht, entschiedet man sich dafür, daraus ein Masocore-Spiel zu machen. Die Teammitglieder waren Fans dieses Genres und glaubten, dass dieser Stil gut zu Nioh passen würde. Auf Yokai stieß man bei der Suche nach Actionspiel-Elementen, die "nur japanische Entwickler" erschaffen können. Die Feinde sollten nicht nur Kreaturen sein, sondern zugleich furchteinflößend und liebenswürdig sein. Am Ende wurden sie zu einem Teil von Niohs Originalität, glaubt Yasuda.

Er hofft, dass vor allem die kleinen Kodama-Yokai, die Schüsseln auf ihren Köpfen tragen, noch mehr Bekanntheit erlangen. Ursprünglichen sollten sie weit weniger Animationen haben, als es in der finalen Version der Fall war. Die Animationen erweckten sie mit verschiedenen Schüsseln und Bewegungen zum Zeben, als Bezeichnung für sie hat sich "Japanese Cupheads" durchgesetzt.

Als Protagonist war im ursprünglichen Spiel ein einheimischer Samurai vorgesehen, erst später kam William Adams ins Gespräch: "Die schriftlichen Aufzeichnungen und die fehlende Geschichte gaben uns eine Menge Freiraum, um unsere eigene Story zu schreiben. Wir dachten, dass die Geschichte des Matrosen William Adams, der nach Japan kommt, unter Tokugawa Ieyasu dient und zu einem Samurai wird, mehr Sinn ergibt. Gleichzeitig möchten wir, dass die Sengoku-Zeit von Japan eine faszinierende, neue Welt für unsere Spieler ist... Williams Perspektive war daher perfekt", erklärt Yasuda.

Trotz des historischen Ursprungs gibt es mit den Yokai fantastische Elemente im Spiel. Aufgrund ihres Hintergrunds hielten die Entwickler das für passend und integrierten das Seeungeheuer Umibozu und das große Skelett Gashadokuro ins Spiel. Yokai entstehen durch starke menschliche Emotionen und die Ehrfurcht vor der Natur. Aufgrund des kriegsgebeutelten Landes mit all seinen extremen Umständen, Tod und Tragödie biete Nioh daher ein natürliches Umfeld für die Yokai.

Im Vorfeld der Veröffentlichung standen ausgiebige Tests für Nioh auf dem Programm. Nach all der Entwicklungszeit wollte man sichergehen, dass alles gut funktioniert. Hierbei zog man die Community hinzu und ließ diese insgesamt drei Demos spielen: "Die Demos halfen uns dabei, diese brandneue Marke zu formen und ich ihre Wichtigkeit nicht genug hervorheben. Wir konnten Aspekte verbessern, die die Spieler nicht mochten oder die wir nicht gut genug vermittelten, zum Beispiel die Haltbarkeit der Ausrüstung. In anderen Bereichen blieben wir standhaft, da die Spieler sie mochten, wie etwa beim Actionsystem", sagt er.

"Mit Ausnahme der letzten Demo hat die Erstellung dieser Versionen dem Team neben seiner eigentlichen Arbeit einiges abverlangt. Andererseits konnten wir, weil wir diese zehn und sechs Monate vor dem Release veröffentlichten, am Feinschliff des Spiels arbeiten. Daher bin ich froh, dass wir sie veröffentlichten."

Wie Yasuda betont, war der schmale Grat zwischen "herausfordernd" und "unvernünftig" beim Gameplay schwer zu identifizieren: "Ich liebe würziges Essen, aber bei gut gewürztem Essen geht es nicht nur darum, besonders viele Gewürze zu verwenden. Es gibt etwas, das einen nach mehr verlangen lässt und so habe ich das dem Team hinsichtlich des Balancings vermittelt."

Als spielerische Inspiration für Nioh dienten Dark Souls, Ninja Gaiden, und Diablo. Diese drei Titel schrieb Yasuda damals in das Planungsdokument, als man ihn zum Director des Spiels machte. Dark Souls und Ninja Gaiden dürften niemanden überraschen. Viele der Teammitglieder sind Fans von Dark Souls, viele arbeiteten zuvor an Ninja Gaiden.

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"Wir schauten uns Diablo für einige seiner RPG-Elemente an. Ich liebe das Spiel und egal wie oft ich es spiele, ich habe immer wieder Spaß damit. Darüber hinaus schätzen Menschen überall auf der Welt japanische Waffen und Rüstungen sehr für ihre ästhetischen Qualitäten. Um das mit einem Hack'n'Slash-Spiel zu vereinbaren, fügten wir sie als Sammelobjekte hinzu."

Im Hinblick auf den visuellen Stil gestaltete man die Umgebungen realistisch, besuchte dazu Strukturen von früher und orientierte sich beim Design des Spiels daran. Auch die Yokai seien "authentisch", denn Japaner würden ihre Designs einfach erkennen. Yasuda dazu: "Für die Yokai schauten wir uns Bilder von Toriyama Sekien und Utagawa Kuniyoshi an, die in der Edo-Zeit lebten. Ebenso diente Mizuki Shigerus Yokai-Manga als Inspiration."

Die Frage, wie es um die Zukunft des Spiels beziehungsweise der Reihe bestellt ist - ob zum Beispiel eine Xbox-One-Umsetzung des ersten oder etwaiger weiterer Teile im Bereich des Möglichen ist -, beantwortete er leider nicht. Bis im Hinblick auf diese Frage Klarheit herrscht, könnt ihr Nioh weiterhin auf der PlayStation 4 und seit kurzem auf dem PC spielen.

Den Test zu Nioh findet ihr hier

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